Aufstieg in die Königsklasse
Mit Motoren aus Neuburg: Audi macht Formel-1-Einstieg zur Saison 2026 offiziell

08.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:17 Uhr

So ähnlich könnte es aussehen: In Spa präsentierte Audi schon mal einen Prototypen. Formel-1-Boss Stefano Domenicali, der zwischen 2016 und 2020 Geschäftsführer der Audi-Tochter Lamborghini war, schwärmte von einem großartigen Tag, Fia-Chef Mohammed bin Sulayem sprach von „einem Meilenstein“. Foto: Thys, afp

Bewerbungen können ab sofort eingeschickt werden. „Fahrer gesucht“, twitterte Audi zu einem Foto eines Rennwagens. Die Stellenanzeige war wohl mit einem Augenzwinkern versehen, den Einstieg in die Formel 1 meinen die Ingolstädter dagegen komplett ernst.

Seit Freitag ist nun offiziell, was sich seit Monaten abgezeichnet hatte: Audi wird ab der Saison 2026 erstmals in seiner langen Motorsportgeschichte in der Königsklasse antreten.

„Das ist wirklich ein ganz besonderer Moment“, sagte Audi-Vorstandschef Markus Duesmann bei einer Pressekonferenz in Spa-Francorchamps, wo der Große Preis von Belgien ausgetragen wird. Mit welchem Team die Ingolstädter an den Start gehen werden, will Audi bis Jahresende bekanntgeben. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass es sich dabei um den Schweizer Rennstall Sauber handelt. Dazu passt, dass Alfa Romeo nach der nächsten Saison seine Sponsoring-Partnerschaft mit dem Sauber-Team beenden wird. Der italienische Autobauer macht damit den Weg frei für die Ingolstädter, die so die Mehrheit der Anteile von Sauber übernehmen und ab 2026 unter eigenem Namen in der Königsklasse des Motorsports antreten können. Medienberichten zufolge übernimmt Audi 75 Prozent am Sauber-Team, das von 2006 bis 2009 bereits mit BMW kooperierte – mit Duesmann als Entwicklungschef.

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„Audi wird in außerordentliche Schwierigkeiten geraten“

Fest steht dagegen bereits, dass die Antriebseinheit am Standort von Audi Sport in Neuburg entstehen wird. Dort gebe es bereits Prüfstände für Formel-1-Motoren, Hochleistungs-Elektromotoren und Batterien, verkündete Audi. Doch noch fehlt auch jede Menge. Bis Jahresende soll die nötige Infrastruktur in Neuburg vorhanden sein. Dann bleiben gerade mal noch drei Jahre, bis Audi seinen Boliden präsentieren muss. Das sei eine gewaltige Herausforderung, räumte Technik-Vorstand Oliver Hoffmann in Spa ein.

Ob die Zeit reicht, um auf Anhieb mit der starken und vor allem erfahrenen Konkurrenz um Mercedes oder Ferrari mithalten zu können? Zumindest im ersten Jahr seien Siege nicht realistisch, sagte Duesmann, allerdings: „Wir wollen innerhalb von drei Jahren konkurrenzfähig sein.“ Dass der Weg für Audi in die Formel 1 alles andere als leicht wird, hatte sich in den vergangenen Monaten bereits gezeigt. Die Ingolstädter hatten genau wie ihre VW-Schwester Porsche längst ihr Interesse an einem Einstieg in die Königsklasse bekundet, eine offizielle Verkündung hing aber stets von der Einigung über das Motorenreglement ab 2026 ab – und die zog sich. Denn Audis künftige Konkurrenten Mercedes, Ferrari und Renault kämpften um ihre Interessen und ihren Erfahrungsvorsprung im Vergleich mit möglichen Neulingen.

So kam es, dass der Zeitplan für Audi immer enger wurde und das Formel-1-Projekt der Ingolstädter inzwischen mit ziemlich heißer Nadel gestrickt ist. Erst am 16. August gab die Fia das neue Reglement bekannt. Das Warten lohnte sich allerdings auch, denn das Reglement entspricht ganz den Vorstellungen von Audi. Die Motoren sollen ab 2026 günstiger, relevanter für die Serienproduktion und nachhaltiger werden. Der Verbrenner wird nur noch 50 Prozent der Leistung beitragen, der Rest ist elektrisch. Die Hybridmotoren werden mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff betrieben.

„Mit dem neuen Reglement ist für uns genau jetzt der richtige Zeitpunkt für den Einstieg. Denn die Formel 1 und Audi verfolgen beide eindeutige Nachhaltigkeitsziele“, erklärte Duesmann. Die Regelrevolution gibt Neueinsteigern zudem eine zumindest kleine Chance im Duell mit den etablierten Teams. Und nicht zuletzt springt Audi auf den lukrativen Formel-1-Boom auf und präsentiert sich künftig auf den Rennstrecken rund um die Welt. „Die Formel 1 ist globale Bühne für unsere Marke“, sagte Duesmann.

Das aber funktioniert nur im Erfolgsfall. Nicht immer läuft es in der Königsklasse wie beispielsweise bei Mercedes, die innerhalb weniger Jahre nach ihrem Wiedereinstieg zum Serienweltmeister avancierten. So hatten 2009 mit BMW und Toyota gleich zwei Hersteller, die einst mit riesigen Ambitionen und gewaltigem Budget in die Formel 1 gekommen waren, nach einigen Jahren mit überschaubarem Erfolg aufgegeben.

GLOSSE ZUM EINSTIEG VON AUDI IN DIE FORMEL 1 AB 2026

„Jetzt bei Audi bewerben!“

Ein Schnäppchen wird Audis Engagement in der Formel 1 trotz des Budgetlimits auf jeden Fall nicht. Das Projekt sei wegen der Investitionen von mehreren Hundert Millionen Euro „sehr langfristig“ angelegt, beteuerte Duesmann. „Wir nennen für die gesamte Operation keine Zahlen. Aber es sind hohe Zahlen.“ VW geht das Risiko gleich doppelt ein, denn auch Porsche wird seinen Einstieg in die Formel 1 ab 2026 in nicht allzu langer Zeit verkünden. Die Stuttgarter wählen allerdings den etwas leichteren Weg als Kooperationspartner des Red-Bull-Teams von Weltmeister Max Verstappen.

Ernst gemeinte Stellenausschreibungen gab es bei Audi am Freitag übrigens auch noch: Der Autobauer sucht für sein Formel-1-Projekt unter anderem Motorenentwickler und Teamkoordinatoren. Wer sich bewirbt, kann „die Zukunft des Motorsports mitgestalten“. Es ist noch viel zu tun in Neuburg.

DK