Deutschland ist Basketball-Weltmeister
Was die Regionalliga-Verantwortlichen Gräber (Ingolstadt) und Urban (Wolnzach) zur WM-Sensation sagen

11.09.2023 | Stand 12.09.2023, 15:28 Uhr

Grenzenloser Jubel: Die deutschen Basketballer mit dem WM-Pokal. Foto: dpa

Während die Leistungen bei der Leichtathletik-WM aus deutscher Sicht eher überschaubar waren und die Fußball-Nationalmannschaft von einem Tiefpunkt zum nächsten taumelt, haben die deutschen Basketballer in den vergangenen Wochen Historisches geleistet. Bei der Weltmeisterschaft auf den Philippinen und in Japan gelang dem Team um Superstar Dennis Schröder mit dem erstmaligen WM-Triumph die große Sensation. Doch was bedeutet dieser Sieg für den Basketball in der Region?

Wir haben bei den Regionalligisten der Region nachgefragt. Anthony Gräber (kl. Foto, links), Abteilungsleiter der MTV Baskets Ingolstadt und Michael Urban (kl. Foto, rechts), Trainer beim TSV Wolnzach, bewerten den Titelgewinn der DBB-Auswahl aus ihrem Blickwinkel.

„Dieser WM-Titel ist der Lohn und der Dank für alle Ehrenamtlichen, Eltern, Schiedsrichter und noch so viele mehr, die den Basketball in Deutschland leben“, meint Anthony Gräber, der Abteilungsleiter der MTV Baskets Ingolstadt. „Und dieser Erfolg kann ein Feuer entfachen, wie es damals auch die Handballer getan haben.“

Gräber, der das WM-Finale gemeinsam mit Jugendlichen der U14-, U16- und U18-Mannschaften des MTV Ingolstadt gesehen hat, freut sich, dass mit dem Basketball jetzt eine vermeintliche Randsportart stärker im Fokus steht: „Die deutsche Mannschaft hat gemeinsam mit ihren Fans eine besondere Dynamik entwickelt. Und die war auch bei uns im Verein zu spüren.“ Die Nachwuchsspieler hätten die deutsche Nationalmannschaft vor der Leinwand lautstark unterstützt und zum Erfolg gebrüllt. „Für alle Anwesenden war es ein unglaubliches Erlebnis und für mich als Abteilungsleiter eine echte Freude, den Spaß der Kinder am Spiel zu sehen.“

Im Idealfall habe diese Begeisterung auch Auswirkungen auf weitere potenzielle Nachwuchsspieler: „Ich glaube schon, dass die Kinder jetzt gesehen haben, wie cool Basketball ist und wie viel Spaß dieser Teamsport machen kann. Deshalb hoffe ich, dass sich die Kinder in ihren Freundesgruppen austauschen und dann auch den Weg in die Hallen finden.“

Am meisten habe Gräber der Zusammenhalt des deutschen Teams beeindruckt, wie er erklärt: „Egal, ob es mal eine Diskussion gab oder man unterschiedlicher Meinung war: Die Mannschaft hat immer zueinander gehalten und deshalb den größten Erfolg in der Geschichte des deutschen Basketballs erreicht.“ Das sei gleichzeitig auch die wichtigste Botschaft an seine Nachwuchsspieler: „Es hat gezeigt, wie wichtig der Zusammenhalt ist. Wenn man füreinander spielt, ist alles möglich.“

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Mike Urban (TSV Wolnzach): „Zusammen mit der flexiblen Kaderbesetzung war das Teamgefühl, das der Mannschaft stets anzumerken war, einer der ausschlaggebenden Gründe für den Erfolg.“ Urban zufolge hat sich im deutschen Basketball schon seit einigen Jahren der Scouting-Ansatz zum Positiven geändert. „Spieler, die kreativ sind und dribbeln können, wie beispielsweise Dennis Schröder, sind früher oft nicht so berücksichtigt worden“, findet Urban. Dass durch den WM-Sieg ein Basketball-Boom entsteht, bezweifelt der Wolnzacher Trainer. „Früher war es ein absolutes Highlight, wenn es einen deutschen Spieler in der NBA gab. Heutzutage ist es fast selbstverständlich, dass deutsche Basketballer dort spielen. Warum sollte das einen Boom auslösen, wenn das vorher auch nicht passiert ist.“ Kritik übt Urban an der Berichterstattung in Deutschland, die erst intensiviert wurde, als die Basketballer das Finale erreichten. Einen kleinen regionalen Zuwachs haben die Wolnzacher auch ohne den WM-Erfolg verzeichnen, wie Urban erklärt. Die Hoffnung sei nun da, dass der Titelgewinn den Trend stabilisiert. Auf taktischer Ebene waren für den Trainer einige interessante Aspekte zu sehen. „Schröder entschied sich immer wieder für einen riskanten Distanzwurf anstatt für ein Zuspiel auf Center Daniel Theis, weil dieser oft eng gedeckt wurde. Theis hatte dadurch gute Chancen den Rebound zu bekommen, falls der Ball nicht direkt reingeht.“ Bestärkt fühlt sich Urban in seiner Philosophie, wie Spieler entwickelt werden sollen. „Und zwar nach Potenzial anstatt nach Größe oder derzeitigen Leistungsstand. Als Beispiele dafür nennt er die Nationalspieler Johannes Thiemann und Franz Wagner.

wde,Fotos: fso, privat