Strava-Stories, Teil 9
Der neue Heißhunger: Wieso für Andreas Stadler mit dem Radfahren ein neues Leben begann

30.04.2020 | Stand 17.09.2023, 22:03 Uhr

Radelt 10000 Kilometer im Jahr: Andreas Stadler heute, im Trikot des "Waidla Cycling Club", den er mitgegründet hat. −Fotos: Stadler

Sie fahren zehntausend Kilometer pro Jahr oder laufen Halbmarathons vor dem Frühstück: In loser Abfolge präsentiert die Sportredaktion die "Strava-Stories": In der Serie stellen wir Hobbysportler/innen aus der Region vor, die Beeindruckendes leisten und ihre Mitmenschen zu persönlichen Höchstleistungen inspirieren, heute Teil 9: Andreas Stadler (36), für den der Kauf eines Rennrades der Beginn eines neuen Lebens war.

DER SPORTLER
"Wenn wir ehrlich sind, bin ich süchtig nach Radfahren", sagt Andreas Stadler. Mit Blick auf seine Vergangenheit sind diese Worte besonders: Mit Beginn seines Bautechnik-Studiums hatte der Hüne (1,96m) aus Waldkirchen aufgehört, das Tor der Karoli Crocodiles zu hüten. In der Folge legte er 25 Kilo an Körpergewicht zu. Seine Unzufriedenheit wuchs im selben Übermaß. Mit dem 30. Geburtstag und 135 Kilo auf den Rippen war das Limit erreicht: Andreas Stadler schenkte sich selbst ein neues Leben, in Form seines ersten Rennrads. Ein Cube mit Alurahmen – solide Qualität zum erschwinglichen Preis, es ist ja nur ein Versuch, ein Ankerwurf von der Couch zurück ins Leben. Sein Versuch glückt: Stadler legt im ersten Jahr 8000 Kilometer zurück, die Pfunde purzeln, weitere Motivation tankt er via Strava-App. Seitdem waren es immer mindestens 10 000 Kilometer pro Jahr. Heute hält der 36-Jährige sein Wunschgewicht von 95 Kilo, hat die Leberkässemmel gegen den Apfel eingetauscht und zusammen mit drei Mitstreitern die Interessengemeinschaft "Waidla Cycling Club" gegründet.

SEIN ZIEL
"Mein Hauptziel ist, mein Gewicht zu halten", sagt Stadler. Rennen fährt er als Vereinsmitglied für den RSC Waldkirchen – und peilt stets einen Platz in der oberen Hälfte des Tableaus an.

SEINE MOTIVATION
Stadler suchte damals einen Ausweg. Warum aber sollte der ausgerechnet auf dem Rad gelingen? "Meine Freundin sagte damals, dass wir mal mehr zusammen machen sollten. Ich lag ja nur auf der Couch rum. Dann sind wir Mountainbike gefahren, aber auch nicht so richtig." Erst danach wird die Leidenschaft geweckt: 2013 wuchtet Stadler dann seine 135 Kilo beim Waldkirchner "Hausbergsturm"-Rennen den Anstieg hoch, auf dem MTB. Einer seiner besten Freunde meint danach: "Du bist nicht der Schnellste, aber du hast einen brutalen Ehrgeiz. Dir würde ich zutrauen, den Ötzi zu fahren." Gesagt, getan: 2017 fährt Stadler den Ötztaler Radmarathon in neun Stunden und sechs Minuten. Es ist eins der schwierigsten Rennen der Welt für ambitionierte Hobbyfahrer, mit über 240 Kilometern und 5500 Höhenmetern.

SEIN TRAINING
"Sagen wir so: Ich versuche, an einem Tag der Woche nicht zu fahren", sagt Stadler und lacht. Im Sommer nimmt er sich trotz aller guten Vorsätze täglich seine Stunde oder eineinhalb für eine Feierabendrunde mit plus minus 30 Kilometern. Am Wochenende sind es dann gern 150 bis 180 Kilometer. Im Winter hält er sich mit Skilanglauf oder Tourengehen fit.

SEINE ERNÄHRUNG
Stadler isst deutlich weniger Fleisch als früher, "auch aufgrund meiner Lebenseinstellung, nicht nur wegen der Ernährung", sagt Stadler. Den früheren Heißhunger hat er sich mit radikalsten Methoden abtrainiert: "Mittags McDonalds und abends Intervalle, das verträgt sich halt nicht. Mein Gedanke war also: Wenn ich viel von dem Guten esse, dann hungere ich nicht mehr. Ich habe einmal sogar ein Kilo Tiefkühlgemüse gegessen – danach kriegt man wirklich nichts mehr runter!"

SEINE LIEBLINGSROUTE
Seine liebste Runde ist eine lange, von Waldkirchen zum Moldaustausee und über Österreich zurück. Nach den Grenzschließungen im Zuge der Corona-Krise ist das im Moment allerdings nicht drin.

SEINE AUSRÜSTUNG
"Das mit der Ausrüstung ist über die Jahre ein bisschen eskaliert", sagt Andi Stadler mit einem Schmunzeln. Sein erstes Bike hat er zerlegt und in Einzelteilen verkauft, um sich ein Winter-Bike leisten zu können. Heute stehen drei Räder im Schuppen: Ein Canyon-MTB, ein Canyon Ultimate Rennrad mit elektrischer Di2-Schaltung und ein Cannondale Gravelbike für Schotter- und Waldwege – allesamt ausgerüstet mit deutlich leichteren Carbonrahmen.

Hier lesen Sie Teil 1 der Strava-Stories:André Reinlein – Naturfreund und Kilometerfresser

Hier lesen Sie Teil 2 der Strava-Stories: Martin Giermeier 2.0: Ex-Profi hat sich vom Fußball verabschiedet – und fährt jetzt Rennrad

Hier lesen Sie Teil 3 der Strava-Stories:Beruflich, sportlich und privat verändert die Corona-Krise den Alltag von Läuferin Tina Fischl

Hier lesen Sie Teil 4 der Strava-Stories:Martin Schätzl: 180.000 Höhenmeter im Jahr – und trotzdem immer ein Grinsen im Gesicht

Hier lesen Sie Teil 5 der Strava-Stories: Holger Kasberger: Tüfteln, fahren, fighten und feste Ruhetage gibt es nicht

Hier lesen Sie Teil 6 der Strava-Stories: Ex-Fußballer Johannes Vogl läuft jetzt schon mal 35 Kilometer zum Frühstück.

Hier lesen Sie Teil 7 der Stravia-Stories:Radsport-Liebe mal zwei: Karin Rauch (46) und Michael Stieglbauer (38)

Hier lesen Sie Teil 8 der Strava-Stories:"Gibt nichts Schöneres": Barbara Poxleitner liebt Trails – und Sonnenaufgänge nach dem Training