3. Liga
Kommentar zum Aus von Michael Köllner bei 1860 München: Mit Anlauf zum Rauswurf

31.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:10 Uhr

Konnte den Negativlauf seiner Mannschaft nicht stoppen: Michael Köllner musste am Dienstag nach gut drei Jahren als Löwen-Trainer gehen. −Foto: Hörmann/imago images

Seit Dienstagmorgen ist die gut dreijährige Ära von Michael Köllner als Trainer beim TSV 1860 München zu Ende. Der Verein hat sich nach einem Negativlauf, der die Aufstiegsambitionen der Giesinger stark ins Wanken bringt, vom Oberpfälzer getrennt. Köllners Beurlaubung sei nicht nur sportlich die logische Konsequenz, kommentiert unser Redakteur Alexander Augustin. Mit einem beispiellosen Harakiri hat er viele im Verein und in dessen Umfeld gegen sich aufgebracht – und seinen Rauswurf über kurz oder lang provoziert.

Klar, am Ende wird ein Trainer an sportlichen Ergebnissen gemessen. Bei Michael Köllner stimmten sie lange. Der Oberpfälzer verpasste mit dem TSV 1860 München zweimal in Folge nur knapp den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Vieles sprach im Sommer dafür, dass es im dritten Anlauf klappen würde: breiter Kader, Erfahrung im Aufstiegskampf. Nach 20 Spieltagen ist Köllner ebenso weg wie jegliche Euphorie in Giesing. Die Beurlaubung nach dem 1:2 gegen Dresden und nur einem Sieg aus sieben Partien ist das Ende eines beispiellosen Trainer-Harakiris, das weit über das sportliche Geschehen hinausreichte.

Schon im Sommer forderte Köllner – sportlich verständlich – eine große Zahl an Neuzugängen. Ansage: Gibt es keine Verstärkungen, bin ich weg. Seinen Vertrag bis zum Ende der Saison vergaß Köllner geflissentlich. Mit dem Messer auf der Brust gaben die Verantwortlichen nach, ermöglichten eine Transferoffensive, die den Löwen-Kader nominell zum besten der Liga machte – und Köllner zu Michael Allmächtig.

Köllner brachte Fans, Vereinsobere und Teile der Mannschaft gegen sich auf



In Gutsherrenmanier urteilte er in den letzten Monate über alles und jeden an der Grünwalder Straße – nicht nur intern. Mit dem Präsidium um Robert Reisinger überwarf sich Köllner krachend, weil er eine zu starke Einmischung ins Sportliche vermutete. Auch im Hintergrund schimpfte er aufs Übelste auf die e.V.-Spitze.

Große Teile des Fanlagers brachen spätestens in der Winterpause mit ihm, als er mit fragwürdigen Aussagen zur WM in Katar für Aufsehen sorgte. Zuvor schon hatte er sich immer wieder in vereinspolitische Themen eingemischt, die bei Sechzig seit jeher großes Sprengstoff-Potenzial haben.

Verantwortliche haben Köllner zu lange zugesehen



Und dann ist da auch noch das Verhältnis zur Mannschaft, das in den letzten Wochen sichtlich gelitten hat. Den größten Knacks dürfte es gegeben haben, als Köllner vor der Heimreise aus dem Wintertrainingslager seinem Team indirekt das Aufstiegspotenzial absprach, indem er das Erreichen des Saisonziels von der Verpflichtung von Raphael Holzhauser abhängig machte. Köllner hat sich immer weiter aus dem Fenster gelehnt – und braucht sich nun nicht wundern, aus selbigem gefallen zu sein.

Einer hielt bis zuletzt zu ihm: Hasan Ismaik. Der Geldgeber dürfte vor allem die Ruhe geschätzt haben, die Köllner mit dem sportlichen Erfolg in den Verein brachte. Sie schien eine neu gewonnene Qualität im so chronisch aufgeheizten Löwen-Umfeld. In der Causa Köllner ist das Bemühen um Kontinuität zum Nachteil geworden: Die Verantwortlichen müssen sich vorwerfen lassen, ihrem Trainer zu lange zugesehen zu haben. Die nächsten Tage dürften dafür umso hektischer werden. Der TSV braucht, um den Aufstieg nicht komplett aus den Augen zu verlieren, schleunigst einen Chefcoach. Am besten einen ohne Hang zum Harakiri.