Eins, zwei, vier! Hier hat sich keiner verzählt, das sind die Tagesplatzierungen der drei Audi-Crews vom Montag bei der Rallye Dakar. Und was für eine Reaktion – von Audi insgesamt, aber vor allem von seinem schwedischen Duo.
Die großen Pechvögel des Sonntags waren gestern die strahlenden Gewinner: Mattias Ekström und Emil Bergkvist sicherten Audi den Tagessieg auf der 8. Etappe. Stéphane Peterhansel und Edouard Boulanger machten daraus sogar einen Doppelerfolg in den elektrisch angetriebenen Hybrid-Rennwagen. Der Gesamtführende Carlos Sainz baute als Tagesvierter auf den 458 Wertungskilometern zwischen den Großstädten Al-Duwadimi und Ha’il zudem seinen Vorsprung auf Jäger Sébastien Loeb noch um sechs Minuten aus; bei noch vier ausstehenden Etappen liegt Loeb bei +24:47.
Rallye Dakar: Pendel schwingt Richtung Audi
Das Pendel schwang also an einem einzigen Tag wieder in Richtung der Ingolstädter, bei denen einige zuvor eine eher unruhige Nacht hinter sich hatten. Da war zwar Platz eins im Gesamtklassement für Sainz. Doch der Spanier hatte am Sonntag auf einem einzigen Abschnitt gleich zehn Minuten, also mehr als ein Drittel von davor 29 Minuten, gegenüber Loeb eingebüßt, weil der Rallye-WM-König aus dem Elsass auf einer Mission unterwegs zu sein scheint. Und dann war da der brutale Rückschlag für Ekström, dessen zweiter Platz im Gesamtklassement sich wegen eines kleinen Schadens mit dann gigantischer Wirkung an der Hinterachsenaufhängung in Luft aufgelöst hatte.
Die Reaktion auf diese Enttäuschungen fiel am Montag erstaunlich aus – und wird im Audi-Lager natürlich gern angenommen. Der souverän fahrende Sainz profitierte diesmal von einem kleinen Missgeschick Loebs, der einen Wegpunkt verpasste und umdrehen musste.
Die Geschichte des Tages lieferten aber freilich Ekström/Bergkvist, die von Startposition 23 aus nach eher langsamem Start dann regelrecht durchs Feld pflügten. „Nach gestern war das schon ein kleines Pflaster auf die Wunde“, sagte Ekström zum DONAUKURIER. Doch dann kam sofort der ambitionierte Vollprofi in ihm wieder durch: „Also ein Tagessieg in der Dakar ist eine von zwölf Prüfungen, das ist ja schon was, was man eigentlich schaffen muss, wenn man die Rallye gewinnen will“, ordnete der 45-Jährige in der Stunde des Erfolgs ein. Die Kunst sei es eben, „nicht von Platz 20 zu gewinnen, sondern wenn man ganz vorne startet…“ So wie die Schweden als amtierende Etappensieger nun die Dienstagsetappe eröffnen müssen.
Rallye Dakar: Ekström und Bergkvist kommen in Fahrt
Am Montag nutzten sie ihre späte Startposition perfekt; kamen aber in dem zunächst welligen Gelände nur zögerlich in Fahrt, wie Ekström zugibt („Da war ich ganz vorsichtig“). Doch dann schüttelte er den bitteren Sonntag komplett ab. „Da kam so eine Rallye-Straße, da habe ich richtig Spaß gehabt. Da war ich so in meiner eigenen Welt, wenn man einfach seinen Sport liebt.“ Die zurückgewonnene Lockerheit führte ihn und Co-Pilot Bergkvist, immerhin ein Junioren-Rallyeweltmeister, auf den Pfad zum Tageserfolg. Ekström: „Emil hat das super gemacht, wir haben null Zeit verloren mit Navigation. Und wenn du dann im Ziel über die Linie kommst und du siehst, dass du der Schnellste bist, das macht schon Spaß.“ So schnell geht’s.
Audi-Pilot Ekström erklärt Albtraum-Sonntag
Keine 24 Stunden zuvor war Ekström noch völlig niedergeschlagen in Audis Servicetruck neben der Piste gesessen. Nur 51 Kilometer nach dem Start der Sonntagsetappe. Draußen werkelten die Mechaniker am RS Q e-tron. Der Rückstand türmte sich auf. Ekström filmte sich und Bergkvist, dessen Gesichtsausdruck schon Bände sprach. Weil ihn eh jeder fragen würde, so sagte Ekström in seine Handykamera, wolle er es erklären: „Emil und ich haben gemerkt, dass was nicht stimmt.“
Klack, klack, klack – so habe es irgendwann geklungen. „Ne, das ist nichts Schlimmes“, habe er zuerst zu seinem Landmann gesagt, berichtete Ekström dem DK im Biwak, „und dann habe ich gesehen, dass hinten links der Reifendruck hochgegangen ist.“ Ein Plattfuß, dann der große Schaden an der Aufhängung. Fast vier Stunden waren futsch. Das Ende! „Der Traum vom Dakar-Sieg ist aus“, sagte Ekström in seinem Video – so gefasst, wie er konnte.
Das sonst an einem Renntag sofort in den Körper schießende Adrenalin sei am nächsten Morgen vor der 8. Etappe einfach nicht da gewesen, erzählte der zweifache DTM-Champion nun im Biwak. Der Hormonspiegel änderte sich am Steuer aber schlagartig – mit was für einem Sieg-Comeback als Folge.
Sein Chef weiß ohnehin, was er an dem Schweden hat. „Mattias und ich kennen uns seit vielen Jahren, ich durfte seine Entwicklung über viele Etappen bei Audi Sport mitverfolgen“, sagte Motorsport-Geschäftsführer Rolf Michl unserer Zeitung. „Wenn Mattias etwas angeht, dann immer mit 120 Prozent. Von daher ist die Entwicklung jedes Jahr wieder beachtlich, aber nicht nur seine, sondern auch die von Emil Bergkvist, der ein sehr junger Beifahrer ist.“ Er sei „sehr stolz auf die beiden“, sagte Michl, „weil sie als junge Schnell-Lerner sich hier unglaublich konsequent in einem sehr, sehr starken Wettbewerbsumfeld behaupten können.“
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