Auch Vater Mike geht als Trainer zu den Spiders
Dukes-Eigengewächs zieht weiter: Quarterback-Hoffnung Luis Wittmann wechselt zum Rivalen Straubing

25.10.2023 | Stand 25.10.2023, 12:41 Uhr

Musste sich in der abgelaufenen Bundesliga-Saison hinter US-Boy Matthew Weimer einreihen: Luis Wittmann. Foto: Lüger

Diese Nachricht dürfte viele überraschen: Dass sowohl Quarterback Luis Wittmann als auch sein Vater, Trainer Mike Wittmann, nach fast elfjähriger Vereinszugehörigkeit den Football-Erstligisten Ingolstadt Dukes verlassen werden und zu den Straubing Spiders wechseln, wirft die eine oder andere Frage auf.



Aber um es vorwegzunehmen: Da gibt es kein böses Blut, es geht in erster Linie um die Weiterentwicklung des 21-jährigen Luis, der beim bayerischen Rivalen momentan eine bessere Chance sieht, mehr Erfahrung in der GFL1 zu sammeln. Nachdem das Eigengewächs beim Durchmarsch der Dukes von der Regionalliga zurück ins deutsche Oberhauseinen maßgeblichen Anteil daran hatte, dass zweimal in Folge eine „Perfect Season“ gelang, musste der Youngster im ersten GFL1-Jahr erst einmal hintenanstehen.

Die Verantwortlichen hatten vor Saisonbeginn mit Matthew Weimer einen erfahrenen Spielmacher aus den USA geholt. Und kaum ein GFL1-Klub kann es sich erlauben, einen Importspieler auf einer so wichtigen Position auf die Bank zu setzen. Immerhin war geplant, dass Wittmann genügend Einsatzzeiten bekommen sollte, um sich auf höchster Ebene weiterzuentwickeln. Beim klaren 52:12-Sieg über Ravensburg durfte er eine Halbzeit durchspielen. Danach stand er meist nur an der Sideline – auch weil Weimer seine Sache ziemlich gut machte und mit Wide Receiver Gabe Boccella zu einem der stärksten Duos der gesamten Liga zusammenwuchs.

Chefcoach Eugen Haaf: „Ganz normal“



„Die GFL ist so unglaublich ausgeglichen, da gab es in der Folge nur sehr knappe Spiele. Dass man da den Quarterback ohne Grund nicht während des Spiels wechselt, ist völlig verständlich. Das hätte ich als Headcoach auch nicht gemacht“, schätzt Mike Wittmann die Situation völlig realistisch ein. Genauso sieht es auch der Headcoach der Dukes selbst – weshalb Eugen Haaf Verständnis für den nächsten Schritt seines Backup-Quarterbacks aufbringt: „Ich finde es ganz normal, dass er eine neue sportliche Herausforderung sucht.“

Und eine Erklärung, warum er Luis Wittmann nicht die Führungsrolle übertragen und stattdessen auf einen US-Amerikaner vertraute, liefert Haaf gleich nach: „Es wäre ein hohes Risiko gewesen, einem jungen Quarterback die Verantwortung auf die Schultern zu legen, der nie GFL1 gespielt hat. Noch dazu, wo wir keinen Ersatz hatten. Was wäre gewesen, wenn er sich verletzt hätte und länger ausgefallen wäre? Was rausgekommen wäre, haben wir im Play-off-Viertelfinale in Potsdam gesehen, wo wir ohne einsatzfähigen Quarterback antreten mussten.“

Luis Wittmann ist keineswegs sauer



Auch Luis Wittmann selbst ist keineswegs sauer darüber, dass er in dieser Saison nur eine Nebenrolle spielte: „Von der Bilanz her war die Saison sicher nicht so erfreulich für mich, aber insgesamt zählt nur die Mannschaft – und da habe ich mich gefügt. Deshalb habe ich auch nie gefordert, dass ich spielen will. Das war eine normale Trainerentscheidung, und die stelle ich nicht in Frage.“ Gebracht hat ihm das Jahr nach eigener Aussage dennoch einiges: „Ich habe sehr viel mit Matthew gesprochen. Und auch wenn ich nicht so oft spielen konnte, habe ich im Training weitere Schritte gemacht.“

Da Jugend-Quarterback Kevin Evert ab der nächsten Saison im Herren-Bereich eingesetzt werden kann, wäre es eine Option gewesen, Wittmann als Starter einzusetzen, mit Evert dahinter. Eine Option, die Haaf in Erwägung gezogen hat, die aber auf sehr wackligen Füßen gestanden hätte. „Kevin studiert nächstes Jahr, da wissen wir gar nicht, ob er dann noch zur Verfügung steht, weil nicht klar ist, wo er studieren wird.“

Deutsches Quarterback bei den Straubing Spiders



Da Wittmann nun das gleiche Schicksal wie in diesem Jahr gedroht hätte, nahm er das Angebot aus Straubing an. Zumal die Niederbayern im nächsten Jahr keinen Quarterback aus den Staaten holen wollen, sondern mit ihm auf ein deutsches Duo setzen. Neben ihrem Nachwuchstalent Alex Biebl haben sie Neuzugang Wittmann als zweiten Spielmacher vorgesehen. „Ich kenne Alex schon aus der bayerischen Auswahl, wir kommen sehr gut miteinander aus“, sagt Luis Wittmann. „Er hat Stärken, die ich nicht habe und umgekehrt. Wir werden uns beide reinhängen und sehen, wer am Ende die Nase vorne hat.“

Dafür hat der begehrte Nachwuchs-Quarterback auch zwei Angebote aus der semiprofessionellen European Football League (ELF) aus Frankfurt und München abgelehnt – auch auf Anraten seines Vaters. „Klar sollte es das Ziel jedes Spielers sein, sich sportlich weiterzuentwickeln, aber ich bin erst 21, da käme die ELF einfach noch zu früh. Ich lege den Fokus jetzt erst einmal auf Straubing.“ Und Vater Mike ergänzt: „Dort wäre er zunächst auch kaum zum Einsatz gekommen. Und Zuschauen bringt dich einfach nicht weiter.“

„Mein Herz hängt immer noch ein bisschen an Ingolstadt“



Für den Fall wäre Mike Wittmann selbst vielleicht in Ingolstadt geblieben, so aber sah er keine andere Möglichkeit, als den Weg mit seinem Sohn gemeinsam zu gehen: „Als die Straubinger angeboten haben, dass ich dort als Coach der Linebacker einsteigen kann, konnte ich nicht ablehnen. Ich kann ja nicht als Trainer in Ingolstadt gegen das Team meines Sohns coachen.“

Also wird auch das Urgestein die Dukes verlassen, selbst wenn er eingesteht: „Mein Herz hängt immer noch ein bisschen an Ingolstadt, ich habe hier ja schöne Zeiten mit einigen Höhen und Tiefen erlebt.“ Ähnlich geht es dem Filius: „Ingolstadt wird immer ein Platz in meinem Herzen haben. Ich bin bei den Dukes groß geworden und habe hier noch viele Freunde.“ Die Freundschaften ruhen aber kurz, wenn nächstes Jahr die Duelle Spiders gegen Dukes anstehen.

DK