Der Gejagte und die Weltrekord-Jäger
Beim Challenge Roth peilt das stärkste Starterfeld des gesamten Triathlon-Jahres historische Marken an

22.06.2023 | Stand 14.09.2023, 22:46 Uhr

Nur um neun Sekunden verpasste der dänische Überraschungssieger Magnus Ditlev im Vorjahr die Weltbestmarke von Jan Frodeno (7:35:39 Stunden) vom Roth-Erfolg 2016. Foto: Armer, dpa

Ein spektakuläres Großereignis steht dem Landkreis Roth ins Haus: Dass der diesjährige Challenge zu einem Wettkampf voller Superlativen werden kann, hat am Donnerstag die Pressekonferenz zum Auftakt der Rother Triathlon-Tage in der Kulturfabrik gezeigt.



Sam Laidlow verzog keine Miene bei seiner Antwort mit einem gezogenen „Nein, Nein“ – und blickte dann an sich herunter auf sein T-Shirt, das über und über mit den Logos seiner vielen Sponsoren bedeckt war. Die Lacher im Saal der Rother Kulturfabrik waren dem gebürtigen Briten mit französischem Pass sicher. Denn natürlich hat sich das Leben des 24-jährigen Senkrechtstarters auf den Kopf gestellt, seit er im vergangenen Oktober zu Platz zwei bei der Ironman-WM auf Hawaii eilte und bei der Mutter aller Triathlons die beste Radzeit jemals in Asphalt rund um Kona brannte.

Seitdem stehen die Sponsoren offenbar Schlange bei dem Vertreter der jungen Wilden der Langdistanz-Szene, der sich nun auch beim „europäischen Hawaii“ einen Namen machen will. Kaum war er im Ziel der Ironman-WM (und mit dem Podium die Qualifikation für das Jahr 2023 fix), so erzählte er am Donnerstag, sei ein Anruf nach Deutschland rausgegangen. Zu Felix Walchshöfer vom Challenge Roth. Die Botschaft: Der Vizeweltmeister aus Frankreich kommt nach Franken – um sich dort am kommenden Sonntag (ab 6.30 Uhr/BR überträgt live) im feinsten Männer- und Frauenfeld des Jahres zu messen. „Das Rennen stand schon lange auf meiner Liste“, sagte Laidlow, der durchaus auch mal mit seinen offen vorgetragenen Meinungen über Konkurrenten aneckt. Beim fränkischen Triathlon-Klassiker wartet aber nur erlesene Konkurrenz, die Bühne ist gewaltig, „und genau dann will ich performen“, sagte der Franzose.

Was ein einziges Rennen mit einem macht? Davon kann auch Magnus Ditlev berichten. „Verrückt!“, sagte der Däne, der vor einem Jahr in Roth quasi aus dem Nichts ins Rampenlicht der Triathlon-Weltspitze schoss. Nur um neun Sekunden schwamm, radelte und lief der damals 24-Jährige auf den 3,86 Kilometern im Kanal, 180 Kilometern im Sattel durch den südlichen Landkreis Roth und dem abschließenden Marathon langsamer als der dreifache Hawaii-Sieger Jan Frodeno bei seiner Weltbestzeit im Jahr 2016. Aufgestellt? In Roth. Dort ist nun Ditlev bei seiner Rückkehr und der Mission Titelverteidigung der Gejagte – und will „nicht so viel darüber nachdenken“. Die Lockerheit und Unbekümmertheit aus dem Vorjahr möchte sich der begnadete Radfahrer behalten und wieder schnell sein, schneller sogar.

Das würde dann natürlich Weltrekord bedeuten. Ziemlich oft fiel dieses Wörtchen in den Fragen auf der Pressekonferenz vor dem Rennen, in dem die „Young Guns“ Laidlow und Ditlev die deutschen Ironman-Weltmeister Sebastian Kienle (39) – bei dessen letztem relevanten Langdistanz-Rennen überhaupt – und Patrick Lange (36) alt aussehen lassen wollen; und dazu den Hawaii-Fünften Joe Skipper (35, Großbritannien) als guten Radler-Läufer, den wohl stärksten Schwimmer Ben Kanute (30, USA) sowie den nächsten jungen Dänen, Daniel Baekkegard (27), abhängen.

Letzterer, eher auf der Mitteldistanz sehr erfolgreich, ist aus einem bestimmten Grund heiß auf Roth und das Rennen in seinem Nachbarland, das schon vor Ditlev einen dänischen Sieger kannte – Rasmus Henning (2010). Bei seinem Trainer stieß Baekkegard auf eine historische „Siegertrophäe“, die ihn genauso fasziniert wie ratlos zurückließ: ein Drei-Liter-Weißbier-Stutzen. Der wird in Franken traditionell im Zielbereich für die Dusche gereicht, gefüllt natürlich. „Als Däne muss man einmal Roth gemacht haben“, fasste Baekkegard seine Erkenntnisse zusammen. Zum Favoritenkreis zählt er.

Das Gefühl als Sieger kennen dagegen Kienle und auch Lange, der wie so oft auf den Marathon setzen wird müssen, um seinen 2021er-Erfolg wiederholen zu können. „Das wird ein komplett anderes Rennen als letztes Jahr“, prophezeit der Hesse. Damals war ihm die Radkonkurrenz als Solist enteilt, der verlorene Boden trotz starker Marathonzeit nicht mehr gut zu machen. Lange will seinen eigenen Disziplin-Weltrekord und eine epische Marke brechen: Beim Ironman Israel im vergangenen November lief er die 42,195 Kilometer in unfassbaren 2:30:32 Stunden – und will in Roth sogar unter 2:30 bleiben. „Das ist das große Ziel“, sagte Lange. Eine vollständige Weltbestzeit würde er natürlich auch mitnehmen. Den Sieg sowieso.