Sainz & Co. im Hybridrenner
Audi bei der Rallye Dakar: Der letzte Tanz für den RS Q e-tron

02.01.2024 | Stand 02.01.2024, 18:53 Uhr

Zwei Wochen fliegen sie wieder: Ab Freitag müssen die elektrisch angetriebenen Audi RS Q e-tron mit ihrer Konkurrenz in zwölf Etappen die fast 8000 Kilometer lange Strecke durch die saudische Wüste meistern. Das Fahreraufgebot der Ingolstädter für die Rallye Dakar ist unverändert und besteht aus den Motorsport-Legenden Carlos Sainz, Mattias Ekström und Stéphane Peterhansel. Fotos: Audi

Audi Sport startet mit drei Teams bei seiner finalen Rallye Dakar – und gibt sich beim letzten großen Tanz für den elektrisch angetriebenen RS Q e-tron außen hin zurückhaltend.



Er wartete und wartete, warf aus Langeweile schon Steinchen, wollte schließlich in Ungeduld per Anhalter weiter, dann kreuzte der schnittige Audi RS Q e-tron doch noch auf, auf den Emil Bergkvist so lange am Straßenrand gewartet hatte. Mit quietschenden Reifen wendete der elektrisch angetriebene Wagen aus Ingolstädter Produktion auf der Asphaltpiste mitten in der Wüste, die Flügeltür öffnete sich – und Mattias Ekström bat seinen Beifahrer endlich hinein in ihr gemeinsames Dienstfahrzeug für die nächsten beiden intensiven Wochen bei der Rallye Dakar, die am kommenden Freitag mit dem Prolog startet.

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Natürlich wird das schwedische Duo um den zweifachen DTM-Champion Ekström das schwerste Offroad-Etappenrennen der Welt nicht beinahe verpassen, wie in dem kurzen stimmungsvollen Werbevideo von Audi Sport humorvoll angedeutet. Die dritte Teilnahme des Ingolstädter Autobauers ist generalstabsmäßig geplant, wohl so gut wie bisher noch nicht, steht doch der letzte Tanz für die drei Hybrid-Rennwagen bei der Dakar an. Mit dem vollen Fokus auf den Formel-1-Einstieg 2026 läuft das Programm mit der bisherigen Speerspitze des konzernseitigen Motorsportengagements in diesem Jahr aus. Die drei Prototypen werden auf den zwölf teils knüppelharten Etappen durch Saudi-Arabien auf ihre finale Dakar-Reise gehen – und sollen für die stets ambitionierten Ingolstädter natürlich Siege einfahren.

Wirbelbrüche bei Carlos Sainz und Edouard Boulanger



In den Presseaussendungen gibt sich das Audi-Team vorab aber vergleichsweise sehr defensiv. Nach mehreren Podiumsplätzen und Etappenerfolgen in den Tageswertungen 2022 und 2023 sollte beim finalen Anlauf eigentlich der Gesamtsieg im Fokus stehen. Das äußert aber keiner so deutlich. „Wir wissen, was wir bereits erreicht haben“, sagt Audi-Sport-Chef Rolf Michl vielmehr auch mit Blick auf die technische Herausforderung. Das innovative Antriebsystem mit Elektromotoren aus der Formel E und einem Energiewandler, in dem ein für die DTM entwickelter Turbomotor mit synthetischem Kraftstoff die Hochvoltbatterie lädt, funktionierte vom Start weg überraschend gut. „Zugleich blicken wir voller Respekt auf die nächste Rallye Dakar. Sie stellt einen große Herausforderung dar“, ergänzt Michl.

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Denn Rückschläge durch Rennunfälle oder sonstige Ausfälle haben sein Team auf den bisherigen Wüstentrips schon vielfach erschüttert. Im Vorjahr kam nach teils spektakulären Crashes nur das Team Ekström/Bergkvist ins Ziel. Der dreimalige Dakar-Sieger Carlos Sainz (mit Co-Pilot Lucas Cruz) musste nach Brustwirbelbrüchen infolge eines Überschlags mit dem Wagen aufgeben. Ebenso wie Dakar-Rekordchampion Stéphane Peterhansel (14 Siege!), dessen Navigator Edouard Boulanger nach einer heftigen Landung ebenfalls schwerer verletzt wurde. Alles ist gut verheilt, die Crews in unveränderter Besetzung wieder für Audi am Start – aber sicher auch mit den Bildern ihrer zerstörten Fahrzeuge vor Augen sagt Michl: „Wir wollen eine möglichst reibungslose Rallye Dakar erleben, um zu zeigen, was wir können.“

Fast 8000 Kilometer durch die Wüste Saudi-Arabiens



7891 Kilometer sind ab Freitag auf zwölf Etappen bis zum 19. Januar zu absolvieren, davon 4727 Wertungskilometer in höchstem Tempo. Das Highlight ist eine 48-stündige Marathon-Runde, bei der die Teams in der riesigen arabischen Sandwüste, dem sogenannten Empty Quarter, sogar übernachten müssen und dabei weitestgehend auf sich allein gestellt sind.

Unter den 343 teilnehmenden Teams in den unterschiedlichen Klassen (von Motorrad bis Lkw) sind 72 Autos der hochmotorisierten Autoklassen gemeldet. „Wir messen uns mit sehr starken und erfahrenen Kontrahenten“, weiß Audi-Sport-Boss Michl. Doch eine Verschiebung der scheinbar zementierten Machtverhältnisse aus den vergangenen beiden Jahren erscheint heuer durchaus möglich. Da dominierte der amtierende Titelverteidiger Nasser Al-Attiyah im ultrazuverlässigen Toyota Hilux die Konkurrenz. Dieses Mal wird der übermächtige Wüstenexperte und Sportschütze aus Katar allerdings nicht mehr im Japaner sitzen. Der 53-Jährige wechselte an die Seite des neunfachen Rallye-Weltmeisters Sébastien Loeb (49) aus dem Elsass und steuert erstmals einen Hunter der britischen Prodrive-Fahrzeugschmiede. Das verspricht durchaus Spannung.

Toyota als Titelverteidiger bietet den letztjährigen Überraschungsmann Lucas Moraes (Brasilien), der beim Debüt gleich Dritter wurde, und in dem Südafrikaner Giniel de Villiers immerhin auch den Dakar-Sieger von 2009 auf. Der Triumphator der 2014er-Ausgabe, der Katalane Nani Roma, pilotiert einen Ford Ranger Raptor, mit dem der US-Konzern in die Offroad-Szene einsteigt und bei der Dakar-Premiere gleich die Muskeln spielen lassen will.

Die Rallye Dakar muss einen gewinnen lassen



Doch eine alte Motorsport-Weisheit besagt auch, dass die Dakar einen gewinnen lassen muss. Entsprechenden Respekt bringen die Audianer inzwischen mit an den Start des zweiwöchigen Wüstenmarathons. Ekström sagt stellvertretend: „Ich habe gelernt, in dieser Sportart beischeiden zu bleiben. Es sind so unglaublich lange Tage und so viele von ihnen.“ Mit einem Beifahrer an Bord geht zudem vieles leichter von der Hand.

DK