Mit Wildcard bei den BMW Open
1000 Plätze in der Weltrangliste nach oben: Oberbayer Max Rehberg ist große deutsche Tennis-Hoffnung

17.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:28 Uhr

Max Rehberg in seinem Element. Für den 19-jährigen Tennisprofi aus Oberbayern geht es weiter nach oben. Mit einer Wildcard tritt er bei den BMW Open in München an. Foto: Imago Images

Anfang 2022 stieg Max Rehberg von der Junior-Tour ins Profi-Tennis um. Inzwischen ist der 19-Jährige aus Landsham im Landkreis Ebersberg in der ATP-Weltrangliste um fast 1000 Plätze nach oben geklettert. Nicht zuletzt deshalb sehen viele in dem bayerischen Youngster eine große deutsche Hoffnung.

Max Rehberg hat es sich auf der Couch in der Ecke der Spielerlounge bequem gemacht. Er hat gerade Mittagspause. Zuvor hat er seine ersten drei Trainingseinheiten für heute hier am Tennis-Bundesstützpunkt in Oberhaching bei München absolviert. Ausgesprochen entspannt und nahbar gibt sich der 19-Jährige. Nach dem morgendlichen Stretching und Aufwärmen ohne Ball und Schläger ging es raus auf die Außensandplätze. Zum zweiten Mal in diesem Jahr. Gerade befindet er sich in einer zweiwöchigen Trainingsphase ohne Turnierspiele. Und da geht es für den Tennisprofi vor allem darum, sich an den Belag und die neuen Bedingungen zu gewöhnen. Und diesen Wechsel von der Halle mit dem schnellen Hartplatz und Teppichboden der vergangenen Monate auf das langsamere Sandplatzspiel so gut und schnell wie möglich hinzubekommen. Sein Sparringspartner an diesem Vormittag war niemand Geringeres als der langjährige Top-30-Weltklassespieler Philipp Kohlschreiber.

Sein Trainer ist Ingolstädter

Die Zusammenarbeit mit dem 39-jährigen Kohlschreiber, der nach Wimbledon 2022 seine aktive Karriere beendet hatte, genießt Rehberg sichtlich. Sie bringe ihm, sagt er, ungemein weiter. Zurzeit treffen sich beide wöchentlich und arbeiten an Taktik und Spielverständnis. Also daran, „welchen Ball man am besten in welcher Situation spielt“. Und, wie es Rehberg ausdrückt: „Es geht hauptsächlich um effektivere Bewegung, Gewichtsverlagerung bei den Grundschlägen und das schnellere Vorrücken ans Netz.“ Immer mit dabei ist Rehbergs Haupttrainer, seit fünf Jahren der Ingolstädter Benjamin Benedikter.

Schon seit sechs Jahren ist Rehberg ohne Unterbrechung in der TennisBase in Oberhaching. Er fühle sich hier, sagt er, sehr wohl und glücklich: wegen den Leuten, den Trainingsmöglichkeiten mit den unterschiedlichen Belägen und der neuartigen Ausstattung wie Videoanalysetechnik, Athletikhalle oder den Fitness- und Physiobereichen. Und, weil dieser Standort nur gut 20 Minuten Fahrzeit von Landsham im Landkreis Ebersberg entfernt ist. Dort, wo er aufgewachsen und zur Schule gegangen ist.

Zuhause sei er ausgesprochen gerne, dort habe er sein gewohntes Umfeld mit seiner Familie und den Freunden. Das schätzt er, das genießt er. Weil er, und das sagt er von sich, ein Mensch sei, der diesen Ausgleich und den Abstand zum Tennis brauche. Und wenn er mit seinen Kumpels am Samstag ins Fußballstadion geht oder am Abend auch mal in die Kneipe, dann gehe es nicht um sein Tennisleben. Und das sei gut so. Auch dann nicht, wenn er zwischendurch mit dem Familienhund in der Natur spazieren geht. Dies alles käme bei ihm während der Turniere zu kurz.

Siege auf der Challenger-Tour

Schon seit er 16 ist, geht es bis zu 30 Wochen im Jahr unterwegs. Im Alter von 13 bis 17 Jahren und damit vor dem Wechsel ins Herrenprofitennis Anfang 2022 war er durchweg Deutschlands bester Nachwuchstennisspieler in der jeweiligen Altersklasse. Mit seiner Turnierbilanz im vergangenen Jahr ist er zufrieden, „gut gelaufen“ sei es, sagt er und strahlt dabei. Angefangen hatte alles auf der ITF-Tour, im Laufe des Jahres nahm er bei Challenger-Turnieren (die Ebene zwischen der ITF- und der ATP-Tour) teil. Dort gibt es im Vergleich zur ITF für den Sieg deutlich mehr Ranglistenpunkte, mehr Preisgeld, wenngleich man davon noch lange nicht reich wird. Aber auch das Hotel wird schon mal bezahlt. Ganz nebenbei muss man die Bälle nicht mehr selbst aufsammeln, es gibt Ballkinder.

Vorwiegend war Rehberg in Deutschland und Frankreich, aber auch in Südamerika, Kanada, der Türkei oder Tunesien unterwegs. Und konnte sich so mit stärkeren Gegnern messen. Mit dem Schlagtempo und der Intensität käme er aufgrund seiner schnellen, geradlinig-aggressiven Spielweise ganz gut zurecht, erzählt er. Insgesamt habe er das Gefühl, dass die harte Challenger-Tour gerade das Richtige für ihn sei. Seine Bilanz: Mit den erspielten Ergebnissen machte der Oberbayer fast 1000 Weltranglistenplätze innerhalb des Jahres gut, aktuell steht der 19-Jährige auf Rang 411 der Tennisweltrangliste.

Dank einiger Halbfinalteilnahmen oder dem Sieg beim Future-Turnier im französischen Forbach oder dem Finaleinzug im Herbst beim Challenger im benachbarten Ismaning. Dem breiteren Publikum ist Rehberg durch die Teilnahme am 500er-ATP-Turnier im vergangenen Sommer am Hamburger Rothenbaum bekannt geworden. In der ersten Runde des Hauptfeldes hielt der Teenager vor heimischer Kulisse gegen den erfahrenen Top-100-Spieler Jozef Kovalik gut mit, führte mit 6:3 und 4:2, musste sich am Ende aber doch in drei Sätzen geschlagen geben. Für ihn „zwar die bitterste Niederlage bisher, aber auch das coolste Erlebnis vor so vielen unterstützenden Zuschauern spielen zu dürfen“.

Leistungsdruck und steigende Erwartungen

Max Rehberg kommt als ganz normaler junger Mann rüber. Im positiven Sinne. Er wirkt besonnen, ausgeglichen, sympathisch. Und lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Erst recht nicht, wenn es um die an ihn gerichteten und bisweilen hohen Erwartungen geht. Mit Leistungsdruck, sagt er, käme er bislang ganz gut zurecht. Es sei für ihn sogar ein Ansporn, seine Leistung abzurufen und sich weiterzuentwickeln. Für die nächste Zeit möchte er sich bei Challenger-Turnieren etablieren und somit weitere Weltranglistenpunkte sammeln. Weil dann die Chance besteht, durch eine Wildcard oder auch direkt bei ATP-Turnieren in der Qualifikation antreten zu dürfen.

Die Mittagspause ist gleich vorbei. Schnell für den bevorstehenden Gang in den Kondi-Raum die Schläger sauber in die Tasche gerichtet und die beiden Glücksbringer ordentlich verstaut. Die geschenkten Stofftiere hat er heute auch beim Training dabei. Beim Match sowieso, ein festes Ritual. Und davon, verrät er, gebe es so einige: Zum Beispiel trippelt er im Match vor dem Aufschlag immer viermal den Ball. Oder vermeidet strikt, vor dem Seitenwechsel auf dem Weg zur Bank auf die Linien zu treten.

Wildcard für die BMW Open

In diesem Sommer steht für Rehberg obendrein die zweite Saison in der Tennis-Bundesliga an. Auch heuer spielt er für Grün-Weiß Mannheim. Weil „beim Mannschaftswettbewerb einfach mehr Feuer drin ist und der Teamspirit schon vor dem Einschlagen in der Umkleide zu spüren ist“. Für ihn „eine tolle Abwechslung“. Denn in der Regel ist er Einzelkämpfer. Wie jetzt bei den hochkarätig besetzten BMW Open am Aumeister in München, bei denen er mit einer Wildcard ins Hauptfeld gerutscht ist. An diesem Dienstag tritt Rehberg gegen den Ungarn Marton Fucsovics an, in der nächste Runde würde der an Nummer zwei gesetzte Taylor Fritz (USA) warten.

DK