Einen Tag vor WM-Start
Bizarre Aussagen von FIFA-Chef: „Heute fühle ich mich homosexuell und behindert“

19.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:02 Uhr

Einen Tag vor dem Start der Fußball-WM in Katar sorgt der Präsident des Weltfußballverbandes FIFA, Gianni Infantino, für Kopfschütteln. Kritik am Gastgeber bezeichnet er als „Heuchelei“, außerdem fühle er sich heute homosexuell und behindert. −Foto: Robert Michael/dpa

Von Luis Hanusch

Einen Tag vor dem Start der Fußball-WM in Katar sorgt der Präsident des Weltfußballverbandes FIFA, Gianni Infantino, für Kopfschütteln. Kritik am Gastgeber bezeichnet er als „Heuchelei“, außerdem fühle er sich heute homosexuell und behindert.





„Was im Moment passiert, ist zutiefst, zutiefst ungerecht“, sagte Infantino am Samstag auf der Eröffnungspressekonferenz zur WM in Doha. „Ich denke, was wir Europäer in den vergangenen 3000 Jahren weltweit gemacht haben, da sollten wir uns die nächsten 3000 Jahre entschuldigen, bevor wir anfangen, moralische Ratschläge an andere zu verteilen“, sagte der 52-Jährige während einer Pressekonferenz am Samstag in Al-Rajjan. Es sei „traurig“, diese „Doppelmoral“ erleben zu müssen.

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Infantino: „Fühle mich als Arbeitsmigrant“

Er verstehe nicht, wieso die Fortschritte in Katar nicht anerkannt würden, sagte der FIFA-Präsident, der in Doha einen Nebenwohnsitz hat. „Diese Art und Weise, einseitig Lektionen erteilen zu wollen, das ist heuchlerisch.“

Seine Pressekonferenz eröffnete der Schweizer mit: „Heute fühle ich sehr starke Gefühle, heute fühle ich mich als Katarer, heute fühle ich mich als Araber, heute fühle ich mich afrikanisch. Heute fühle ich mich homosexuell. Heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Arbeitsmigrant.“

Fifa beschwichtigt nach Skandal-Aussage

Darüber hinaus, das betonte Infantino erneut, seien alle Menschen in Katar willkommen. Er könne das bestätigen. „Es ist eine klare Anforderung der FIFA, dass alle, die herkommen, willkommen sein müssen. Egal, welche Religion, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung sie haben.“ Die katarische Regierung halte sich daran, so der FIFA-Chef.

Einer der lokalen WM-Botschafter hatte zuletzt in einer ZDF-Dokumentation Schwulsein als „geistigen Schaden“ bezeichnet. Das sei nicht „die Haltung des Landes“, sagte Infantino, ohne konkret auf die Äußerung einzugehen.

Alkoholverbot: Katar hat Entscheidungsgewalt

Während die FIFA also nach wie vor bemüht ist, zu beschwichtigen, wird kurz vor der WM immer klarer, dass der Verband gegenüber Katar am kürzeren Hebel sitzt. Denn nach einem zwischenzeitlichen Kompromiss zwischen Katar, Fifa und deren Biersponsor Budweiser hat der Gastgeber nun doch ein komplettes Alkoholverbot rund um die Stadien eingeführt. Die Entscheidung hatte Fragen aufgeworfen, inwiefern die Fifa ihre Regularien und Voraussetzungen für eine WM in Katar wirklich durchsetzen könne.

Wandel brauche jedoch Zeit, auch er selbst habe seine Haltung gegenüber diesen Themen im Laufe der Jahre verändert. „Natürlich bin ich überzeugt, dass es erlaubt sein sollte, aber auch ich habe einen Prozess durchlaufen“, sagte er in Bezug auf drohende Strafen für Homosexuelle in Katar. Laut Gesetz ist Homosexualität in dem Land verboten und wird mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft.

− dpa/afp