„Spanischer Kreisverkehrfußball“
Umfrage: Welche Lehren Köck, Autengruber, Süß und Damberger aus der WM in Katar ziehen

30.12.2022 | Stand 17.09.2023, 6:32 Uhr

Spanien und Deutschland – zwei Giganten, die bei der WM früh ausgeschieden sind. −Fotos: Tom Weller, dpa/Duschl/Lakota/Sigl (2)

Politisch war das Turnier umstritten, doch aus fußballerischer Sicht lieferte die Weltmeisterschaft in Katar einige interessante Spiele. Auch regionale Fußballtrainer haben das Geschehen aufmerksam verfolgt. Welche Lehren ziehen sie aus der Winter-WM? Die Heimatzeitung hat nachgefragt.

„Der Trend geht in Richtung Umschaltfußball“, sagt Matthias Süß (33), Trainer des Bezirksligisten SV Schöfweg. „Alle Teams, die weit gekommen sind, haben diese Taktik beherrscht.“ Etwas tiefer stehen und nach Ballverlust schnell umschalten, so der Plan. „Besonders die Geschwindigkeit einiger Spieler war bei dieser WM beeindruckend“, hebt Süß hervor, der sich als Fan des „Umschaltens“ outet. „Mit meiner Mannschaft habe ich das auch versucht, aber wir kommen eher über den Ballbesitz.“ In Katar sind Mannschaften, die auf Ballbesitz gesetzt haben, teilweise früh ausgeschieden – darunter Deutschland und Spanien. Süß sieht darin einen „möglichen Fingerzeig, wohin sich der Fußball entwickelt.“

Die spanische Auswahl spielte – außer gegen Deutschland – in jeder WM-Partie über 1000 Pässe. Die Torgefahr hielt sich in Grenzen, das 7:1 über Costa Rica ausgenommen. „Für mich ist das Kreisverkehrfußball“, sagt Anton Autengruber (54). „Die Spanier spielen Pass um Pass und drehen sich trotzdem quasi im Kreis. Da fehlt die entscheidende Idee, die letzte Entschlossenheit“, findet der Landesliga-Coach des TSV Waldkirchen und Vorsitzende der niederbayerischen Trainergemeinschaft (GFT).

Wie sein Kollege Süß hat auch Autengruber die Erfolgsrezepte der Spitzenteams erkannt: Dynamik, gezieltes Umschalten und – vor allem – eine stabile Defensive. „Titel gewinnt man in der Abwehr, diese Binsenweisheit hat sich auch in Katar bewahrheitet“, so Autengruber. Daneben ist ihm eine Sache besonders aufgefallen: „Mit Marokko und Argentinien waren die Teams besonders erfolgreich, die es am meisten wollten.“ Es gebe einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen „gewinnen wollen“ und „unbedingt gewinnen wollen“. Die Frage der Mentalität wird auch für seine Mannschaft wichtig werden, die in der Landesliga Mitte um den Klassenerhalt kämpft. „Ein Land wie Marokko hat bewiesen, was mit einem starken Kollektiv möglich ist.“ Auch die Waldkirchner wollen über den Zusammenhalt die Klasse halten, so Autengruber.

Köck: „Flexibilität im Spiel ist entscheidend“

Ein anderes Ziel verfolgt der SV Schalding-Heining. Unter der Regie von Trainer Stefan Köck (37) will der Passauer Vorstadtklub in die Regionalliga zurückkehren. Köck hat die WM in Katar unabhängig davon aufmerksam verfolgt: „Es gewinnt die Mannschaft, die sich am besten auf die jeweiligen Phasen einer Partie einstellt“, hat der 37-Jährige erkannt. Was Köck damit meint: Die ganze Mannschaft setzt den Plan um und „akzeptiert“, was gerade zu tun ist. In der Schlussphase zum Beispiel müsse jeder noch so verspielte Angreifer hinten aushelfen (außer er heißt Messi). „Diese Flexibilität ist entscheidend“, stellt Köck für den Alltag in der Bayernliga fest. „Mal spielen wir gegen tiefstehende Mannschaften, mal werden wir früh attackiert.“ Darauf muss der SVS auch im Frühjahr die passenden Antworten finden.

Vom Passauer Westen in den Osten: Bei der Kreisklassen-Truppe des VfB Passau-Grubweg hat Rudi Damberger (60) das Sagen. Der erfahrene A-Lizenz-Inhaber hat die Wüsten-WM in erster Linie als Fan verfolgt. „Ich fand die WM richtig klasse, ich habe viele tolle Spiele gesehen.“ Damberger hält wenig von der oftmals schnellen Kritik von Experten und Medien, er attestiert dem Turnier eine hohe Qualität. „Es gab kein großes Taktieren, außer vielleicht bei Frankreich. Ansonsten haben es viele Mannschaften spielerisch gelöst, das Ergebnis war schöner Fußball mit einer enormen Geschwindigkeit.“ Große Schlüsse für seine eigene Mannschaft will er daraus nicht ziehen: „Profi- und Amateurfußball sind mittlerweile zwei verschiedene Sportarten für mich.“