Feuerwehrmann und Eishockey-Optimist
Ein Profi-Leben zwischen Passau und Pisek: Verletzter Jakub Cizek würde „am liebsten auf das Eis springen“

03.01.2024 | Stand 08.01.2024, 9:08 Uhr
Max Nagel

Er weiß sein Passauer Engagement zu schätzen: Jakub Cizek vor dem Wappen der Black Hawks. Im Oberliga-Team der Habichte will er sich weiterentwickeln, sagt der junge Stürmer aus Tschechien. − Foto: Nagel

Im Eishockey steht man mit Anfang 20 für gewöhnlich noch am Anfang der Karriere. Die aktuelle Oberliga-Saison gehört für Jakub Cizek mit Sicherheit zu den schwierigeren Phasen. Nicht zuletzt, weil er aktuell an einer Schulterverletzung laboriert. „Mir tut es weh, aktuell nur zuzuschauen und den Jungs nicht helfen zu können“, bedauert der Angreifer der Passau Black Hawks. Gerade deswegen möchte er nach seiner Zwangspause umso stärker zurückkommen.

Der Blick geht bei ihm ohnehin schon wieder nach vorne: „Wenn ich den Jungs von der Tribüne aus zuschaue, würde ich am liebsten auf das Eis springen“, sagt Cizek. Er spielt auf die aktuelle sportliche Situation der Black Hawks an. Die Dreiflüssestädter arbeiten hartnäckig daran, sich aus dem Tabellenkeller der Oberliga Süd herauszuarbeiten. „Es liegt an Kleinigkeiten. Wir brauchen als Team einfach noch etwas Zeit, damit Automatismen und kleine Dinge ineinandergreifen“, meint der junge Angreifer. „Wir sind aber auf einem guten Weg. Wichtig ist, dass wir uns die Freude am Spiel bewahren. Dann sind die Erfolgserlebnisse nur eine Frage der Zeit“, ist er sich sicher. Spielfreude und Selbstvertrauen gehen für Cizek Hand in Hand. Nichts war in seinem Leben so allgegenwärtig und selbstverständlich wie das Spiel auf dem Eis.

Jakub Cizeks Augen fangen an zu leuchten, wenn er an alte Zeiten zurückdenkt. An die Zeit, in der für den heute 22-Jährigen alles begann. Mit drei Jahren stand er das erste Mal auf dem Eis. „In meiner Kindheit gab es für mich nichts Schöneres als auf dem Eis zu stehen und Hockey zu spielen“, stellt Cizek heute fest. Ausschlaggebend war auch, den eigenen Vater im Eishockey-Dress zu sehen: „Mein Vater spielte hobbymäßig Eishockey in Pisek. Zu ihm habe ich stets aufgeschaut. Er war so etwas wie der erste Star für mich.“

Pisek, eine Kreisstadt in Südböhmen, ist heute noch Heimat für Cizek. Nach den Spielen am Wochenende fährt er nach Hause. Die knapp zweistündige Fahrt nimmt er gerne in Kauf. Die Erholung in der Heimat tut ihm gut, um die körperlich anstrengende Woche zu verarbeiten. „Das gemeinsame Kaffeetrinken, die Zeit mit der Familie, das genieße ich sehr“, sagt Cizek. Dienstags freue er sich dann aber auch wieder, wenn es zurück nach Passau geht. Die Identifikation mit Stadt und Verein verwundert nicht, wenn man auf die Zahlen blickt. Im Sommer 2022 kam Cizek vom IHC Pisek nach Passau und lieferte ohne Anlaufschwierigkeiten ab. In seiner ersten Saison erzielte er in 48 Spielen 83 Punkte (davon 41 Tore). Gute Leistungen rufen zwangsläufig auch andere Klubs auf den Plan. Konfrontiert mit Gerüchten von einem Interesse des Zweitligisten EV Landshut muss er aber erst einmal lachen. „Davon höre ich das erste Mal“, sagt Cizek.

Den Vorschusslorbeeren eines abgeklärten Angreifers mit großem Potenzial konnte er jedenfalls direkt gerecht werden. Wohl auch deshalb, weil die Gedanken nicht um große Worte, sondern die rein sportliche Erwartungshaltung kreisten. „Mir ist bewusst, dass ich hier bin, um Tore zu erzielen. Das ist meine Aufgabe und daran arbeite ich täglich“, gibt der Stürmer zu verstehen. In dieser Saison hat er in 17 Einsätzen acht Tore und 19 Assists beigetragen, ehe die Auswirkungen der Schulterverletzung zunächst erschwerten und später unmöglich machten.

Die tägliche Arbeit definiert sich bei ihm vor allem durch individuelle Einheiten im Fitnessstudio am Morgen und in Extraschichten am Abend. Nach jeder Trainingseinheit bleibt Cizek auf dem Eis, um an seiner Abschlusstechnik weiter zu feilen: „Das sind dann jedes Mal zwischen 70 und 80 zusätzliche Torabschlüsse.“

Trainingseifer und Selbstoptimierung sind dabei keine Dinge, für die er sich aufopfern muss. Vielmehr sind sie Teil des Anspruchs, den er als Profi an sich selbst stellt. Um seinen Sport professionell ausüben zu können, musste er nach einem Jahr sein sportwissenschaftliches Studium als Fitnesstrainer unterbrechen. „Davor habe ich aber noch meine feuerwehrtechnische Ausbildung in Budweis abgeschlossen. Ich könnte also nach meiner Laufbahn im Eishockey als Feuerwehrmann arbeiten“, weiß er schon um einen Plan nach der Karriere. Grundsätzlich ist Cizek aber ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt. Deshalb liegt der Fokus aktuell nur auf dem Eishockey. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass er „step-by-step“ seine Karriere vorantreiben möchte: „Es ist nicht gut, wenn man in seinen ersten Jahren bereits alles hat und perfekte Bedingungen vorfindet. Trotzdem fehlt es mir hier in Passau an nichts. Aktuell passt alles und ich bin motiviert, alles für das Team zu geben.“

Gleichzeitig nimmt er viele Dinge mit Humor und kann über sich selbst lachen. Beispielsweise, wenn er von den Macken erzählt, die er sich im Laufe seiner Karriere angeeignet hat. Da wäre zum einen die Sache mit dem Tape und seinem Schläger, welchem er sich vor jedem Spiel ausgiebig widmet, manchmal sogar währenddessen. „Wenn ich den Puck während eines Spielabschnitts nicht berührt habe, tape ich den Schläger neu“, erklärt der 22-Jährige. „Das ist natürlich alles Kopfsache und ein wenig verrückt, aber für mich ist es gut. Man kann es nicht erklären“, kommentiert er lächelnd diese Marotte. Ein anderes Ritual liegt in der Nahrungsaufnahme am Tag eines Spiels. Dann kommt immer Gemüsereis mit Bohnen und Ei auf den Tisch, sein Lieblingsessen. Von dieser Eintönigkeit ist seine Freundin nicht immer angetan: „Sie ist schon ganz genervt, wenn es vor jedem Spiel das gleiche Essen gibt, aber ich brauche das einfach“, sagt der Angreifer. „Sie gibt die Hoffnung aber nicht auf. Vor jedem Spiel fragt sie mich, was wir heute essen. Ich entgegne dann nur: Du weißt, was es am Spieltag zu essen gibt“, fügt er grinsend hinzu.

Abseits von Familie, Freundin und Ritualen findet Cizek auch in Vorbildern Halt und Struktur. Auf dem Eis bewundert er seit jeher seinen Landsmann David Pastrňák: „Wenn man so möchte, ist er mein Held im Eishockey.“ Ein eher ungewöhnliches Vorbild hat er außerdem mit dem MMA-Kämpfer Attila Végh. Im Einfluss des slowakischen Mixed Martial Artist sieht er den Grund für seinen positiven Umgang mit Frust und Niederlagen: „Ich denke, in Sachen Motivation und Denkweise unterscheide ich mich von vielen anderen. Glücklich und gesund zu leben und auch nach einem verlorenen Spiel die positiven Dinge im Blick zu behalten. Das habe ich so in meinen Alltag übernommen.“ Sein Glücks-Rezept scheint zu wirken.

Im Alter von 16 Jahren debütiert er für das Junioren-Nationalteam seines Heimatlandes. Er schwärmt von den Spielen gegen Top-Nationen wie die USA, Kanada oder auch Schweden. Das Aufeinandertreffen mit einem Jack Hughes und anderen, mittlerweile etablierten NHL-Akteuren beschreibt er als „ein Wahnsinns-Erlebnis“. Mit dem HC Motor Ceske Budejovice gewinnt er die tschechische Junioren-Meisterschaft. „Der erste Titel ist immer etwas Besonderes. Wir hatten eine überragende Teamchemie und so bleibt mir diese Saison auch als eine sehr spaßige Zeit im Gedächtnis“, erinnert er sich gern zurück. In seine persönlichen Eishockey-Top-3 hat es auch das erste Spiel im Trikot der Black Hawks geschafft. „Die Menschen hier sind wirklich toll und ich habe sie schnell in mein Herz geschlossen. Ich denke, sie mögen mich auch und das weiß ich wirklich zu schätzen“, sagt Jakub Cizek, der Eishockey-Optimist aus Pisek.