Wieder mächtig Unruhe bei 1860 − Bierofka und Sportchef Gorenzel streiten um Verbleib von Sascha Marinkovic

29.06.2019 | Stand 19.09.2023, 1:07 Uhr

Darf er bleiben? Trainer Daniel Bierofka würde Sascha Marinkovic (r.) gerne verpflichten, Sportchef Günther Gorenzel nicht. −Foto: Bietau

Beim TSV 1860 München steht am Sonntag die Mitgliederversammlung an – und diese könnte nicht nur lang dauern, sondern auch ziemlich hitzig werden. Denn im Vorfeld gibt es wieder heftige Grabenkämpfe, an Ruhe ist beim Drittligisten nicht zu denken. Doch nicht nur was die Ausrichtung des Vereins angeht, gibt es Differenzen. Auch sportlich ist man sich bei den Löwen derzeit nicht einig. So möchte Trainer Daniel Bierofka den Ex-Wacker Stürmer Sascha Marinkovic (26) unbedingt verpflichten. Sportchef und Geschäftsführer Günther Gorenzel soll dagegen Bedenken haben.

"Mit seiner Leistung am Mittwoch hat sich Sascha nicht wirklich aufgedrängt", sagte Gorenzl der tz mit Blick auf die 1:5-Testspielpleite gegen den FC Basel. "Meine Einschätzung ist, dass es noch wochenlang dauern kann, bis er in eine Form kommt, die für Profifußball taugt."Es sei sinnvoller, so Gorenzl, einen Stürmer aus der 2. Liga auszuleihen. Ins Trainingslager Anfang Juli soll Marinkovic dennoch auf jeden Fall mitfahren, danach entscheidet sich, ob der ehamlige Wackeraner einen Platz im Löwen-Kader findet.

Hinter den Kulissen des Traditionsvereins brodelt es freilich heftiger. Die Wiederwahl von Robert Reisinger als Präsident des TSV 1860 München würde dem umstrittenen Löwen-Investor Hasan Ismaik gehörig missfallen. Der Jordanier hatte dem Verwaltungsrat des Fußball-Drittligisten mit seinem Sprecher Saki Stimoniaris schließlich einen eigenen Favoriten für das Amt angedient. Das Gremium, das auch die Kandidaten für das Präsidium vorschlägt, empfahl dagegen Reisinger sowie dessen Vizepräsidenten Hans Sitzberger und Heinz Schmidt. Auf der Mitgliederversammlung am Sonntag (10 Uhr) dürfte die aktuelle Vereinsführung für die kommenden drei Jahre bestätigt werden – zum Ärger von Ismaik.

"Wenn Robert Reisinger wiedergewählt werden sollte, ist das kein positives Signal für die Zukunft", schimpfte Ismaik pünktlich vor der Zusammenkunft in einem "Kicker"-Interview. Er würde den 55 Jahre alten Reisinger lieber heute als morgen loswerden. "Wenn dagegen die Vernunft einkehrt, fliege ich am nächsten Tag gleich nach München und bin bereit, sofort über alle wichtigen Dinge zu sprechen, damit der Profifußball von 1860 wieder aufsteht."

Davon ist der Traditionsverein Lichtjahre entfernt. Das liegt auch an dem Dauerstreit auf Funktionärsebene. "Ich stehe für ein Gespräch immer zur Verfügung", sagte Reisinger – seit Juli 2017 gewählter Präsident – trotzig über mögliche Treffen mit Ismaik. Der 42-jährige Jordanier war im Juni 2011 als Investor bei den "Löwen" eingestiegen und hatte den damaligen Zweitligisten vor der Pleite bewahrt.

Auf die finanziellen Zuwendungen des Investors sind die Löwen auch acht Jahre später angewiesen. Ismaik muss seine Forderungen stunden, um eine positive Fortführungsprognose des klammen Traditionsvereins zu gewährleisten. Bis Ende des Jahres muss er zudem Darlehen in Genussscheine umwandeln, sonst droht dem Drittligisten eine Strafe des Deutschen Fußball-Bundes.

Der Geschäftsmann erwarb bei seinem Einstieg 60 Prozent der 1860-Anteile, aber nur 49 Prozent der stimmberechtigten Anteile. Dadurch hat Ismaik, der an seinen Anteilen unverdrossen festhalten möchte, nicht das letzte Wort. In Deutschland muss die Stimmenmehrheit bei ausgegliederten Kapitalgesellschaften immer beim Club liegen (50+1-Regel).

Mit der Ausrichtung des Vereins und dessen Konsolidierungskurs ist Ismaik überhaupt nicht einverstanden. Erst vor Kurzem hatte er Geschäftsführer Michael Scharold scharf kritisiert und ihm bei der Etatplanung grobe handwerkliche Fehler vorgeworfen. Zudem missfiel Ismaik, dass die Namensrechte am Nachwuchsleistungszentrum an den Hauptsponsor Die Bayerische verkauft wurden. Der arabische Geldgeber erkennt beim bayerischen Geldgeber eine Nähe zum Präsidium um Reisinger, der die Abhängigkeit von Ismaik eindämmen will.

− red/dpa



Die Mitgliederversammlung könnte wieder hitzig werden – und lang. Die Entlastungen des Präsidiums und des Verwaltungsrates für das Geschäftsjahr 2017/2018 sind Tagesordnungspunkt zehn, erst danach stehen die Wahlen an. Drittletzter offizieller Punkt ist ein Antrag des Präsidiums, einer Kapitalerhöhung zuzustimmen. Eine Beteiligungsgesellschaft soll dann dritter Gesellschafter werden. Ismaik rät davon ab. "Für mich ist dieser Verein eine Geldvernichtungsmaschine", schimpfte er. "Es ist alles undurchsichtig."