Ex-Bayern-Star ledert gegen Nachwuchskonzept
Scholl schießt scharf gegen den DFB − und Rummenigge legt gegen Bierhoff nach

09.02.2021 | Stand 19.09.2023, 1:58 Uhr

Mehmet Scholl. −Foto: dpa

Der frühere Nationalspieler Mehmet Scholl hat das Nachwuchskonzept des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) scharf kritisiert.

Er habe "das große Vergnügen gehabt, das Papier zu lesen", sagte Scholl bei Bild live, "nach zehn Seiten habe ich es weggelegt. Es hat mich müde gemacht. Aber es wird erfolgreich sein, weil alle, die daran beteiligt sind, ihre Jobs behalten."

Er wisse nicht, "welche Sprache das war oder über was sie sich Gedanken machen", ätzte Scholl über das Bürokratendeutsch im Konzept. Er wolle zwar "nicht schwarz malen, aber das, was ich da gelesen habe – nein. Für die Kinder wird’s nichts sein."

Der Grund? Auch beim DFB stinke der Fisch vom Kopf her. "Solange alles, was im DFB-Bundestag sitzt, zehn echte Zähne besitzt, solange werden wir Probleme haben", sagte der 50-Jährige. Der Verband sortiere "die Effenbergs und die Riberys aus, weil sie unbequem sind".

Dass es im deutschen Fußball an Talenten mangelt, sei aber auch ein gesamtgesellschaftliches Problem. "Wir kriegen die Kinder nicht mehr von den Bildschirmen weg, alle miteinander. Wir sind wohlstandsverwahrlost", führte Scholl aus. Er erlebe das auch bei seinem eigenen Nachwuchs, meinte der frühere Bayern-Profi: "Man muss Kinder auch mal an die Wand laufen und Widerstände überwinden lassen."

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Wie Scholl hat auch Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den DFB im Visier − und legt nun gegenüber dessen Direktor Oliver Bierhoff nach. "Ich habe überhaupt kein Problem mit Oliver, aber ich finde es nicht gerade gut, dass er in diversen Interviews die aus seiner Sicht schlechte Nachwuchsarbeit auch den Bundesligaklubs in die Schuhe schiebt. Und auch bei unserem Trainer Zukunftspläne kundtut. Das gehört sich einfach nicht", sagte Rummenigge bei Bild live.

Der FC Bayern halte sich beim Deutschen Fußball-Bund "weitestgehend raus. Da gibt es genug kritische Ansätze im Moment, aber das tun wir nicht, wollen und werden wir nicht", betonte Rummenigge und ergänzte: "Entsprechend sollte er sich um seine Dinge kümmern. Der Job beim DFB verlangt anspruchsvolles Zupacken. Das würde ich auf jeden Fall empfehlen."

Rummenigge hatte den Streit vor einigen Tagen in einem Interview bei Sport1 losgetreten und Bierhoff dort vorgeworfen, er sei "illoyal" gegenüber Bundestrainer Joachim Löw und an vielem selbst schuld, was er jetzt anderen vorwerfe.

Bierhoff entgegnete ebenfalls bei Bild live, ihn habe "die Heftigkeit" des Angriffs überrascht: "Mir Illoyalität vorzuwerfen, verwundert mich schon." Er habe "volles Vertrauen in Jogi Löw und gehe auch davon aus, dass er seinen Vertrag bis 2022 erfüllen wird." Aber er halte Flick nunmal ebenfalls für fähig, eine Nationalelf zu betreuen.

Rummenigge berichtete weiter, der Münchner Ärger über die Probleme bei der Anreise zur Klub-WM in Katar sei "verraucht. Wir haben uns fürchterlich geärgert. Wegen 30 Sekunden so eine Entscheidung zu fällen – es ist ja nachvollziehbar, dass das von uns als lächerlich empfunden wurde. Aber es ist passiert, das ist abgehakt."

− sid