Ski alpin
Krafttraining, Teamrauswurf und Corona: Herzogsreuter Ski-Ass Jonas Stockinger schuftet für Comeback

03.12.2021 | Stand 18.09.2023, 20:40 Uhr
Jonas Kraus

In vollem Tempo zurück in den Europacup: Der am Coronavirus erkrankte Jonas Stockinger arbeitet an seinem Comeback. −Foto: Stockinger

Der alpine Skiwinter nimmt langsam so richtig Fahrt auf. Die Weltcupfahrer haben die ersten Rennen hinter sich und kämpfen nun in Übersee um Punkte. Und auch die Europacupfahrer legen bald wieder los. Die "zweite Liga" des Skisports startet diese Woche im schweizerischen Zinal in die Saison. Nicht mit dabei sein wird Jonas Stockinger. Der Riesenslalomspezialist hat zwar einen Startplatz, aber statt im französischen Teil der Schweiz um wichtige Punkte zu kämpfen, hütet er sein Zimmer in Herzogsreut (Landkreis Freyung-Grafenau).

"Mich hat es leider auch erwischt", sagt er. Das leidige Coronavirus macht auch vor dem Skizirkus nicht Halt. "Mittlerweile geht’s wieder ganz gut", erzählt Stockinger am Telefon und muss erstmal kräftig husten. Trotz zweifacher Impfung befindet er sich seit mehr als einer Woche in Quarantäne. "Ich weiß schon gar nicht mehr, welcher Wochentag ist", meint er. Mehr als über die Erkrankung ärgert er sich aber über den Zeitpunkt. "Ganz schlechtes Timing", stöhnt er. Stockinger hatte sich für diesen Winter viel vorgenommen – und ist nun zum Zusehen verdammt.

Dabei wären die anvisierten Punkte im Europacup für ihn gerade von unschätzbarem Wert. Stockinger ist nämlich aus dem DSV-Team geflogen. "Das war alles ein bisschen seltsam", sagt er. Man habe ihm recht unvermittelt mitgeteilt, dass er nicht länger dabei ist. Begründung? Eher schwammig, meint Stockinger. Er war kurzfristig aus der Top 100 der FIS-Rangliste gepurzelt, habe außerdem zu wenig Europacuppunkte geholt. "Aber wie hätte ich die letztes Jahr auch holen sollen?", fragt Stockinger. Bei nahezu jedem Europacup musste er verletzt passen.

Überraschendes Kader-Aus

Rückblick auf vergangene Saison: Am Anfang des wegen Corona ohnehin schwierigen Skiwinters plagte sich Stockinger immer wieder mit Rückenschmerzen, erreichte nur selten seine Topform. Der Sportsoldat änderte einiges, bekam die Probleme in den Griff. Im Training stellte er Bestzeiten auf, gewann endlich wieder ein FIS-Rennen – und stürzte dann im Februar beim Üben folgenschwer. Schienbeinverletzung, erneut keine Europacups. "Wieder schlechtes Timing", sagt Stockinger. Zum Ende der Saison zeigte Stockinger nochmal sein Können, raste bei der Deutschen Meisterschaft im Riesenslalom auf Platz zwei und ließ dabei Weltklasse-Fahrer wie Stefan Luitz hinter sich.

Dennoch kam das überraschende Kader-Aus für Stockinger, der im Sommer ordentlich geschuftet hatte. "So fit war ich noch nie", sagt er. Stockinger hat an Muskelmasse zugelegt und so auch seine Rückenprobleme komplett hinter sich gelassen. "Da spüre ich gar nichts mehr." Dafür habe er im Training schon gemerkt, dass sich das Krafttraining auszahlt. "Ich konnte viel fahren, ohne müde zu werden."

Im Moment muss er alles aus eigener Tasche finanzieren

Nun geht es für Stockinger darum, so schnell es geht Punkte zu sammeln. Weil er nicht mehr im DSV-Team ist, trainiert er derzeit mit der World Racing Academy (WRA). Die WRA ist ein Zusammenschluss aus Fahrern wie Stockinger, die aus dem Team gepurzelt sind, und Rennläufern aus Ländern, die selbst kein eigenes Team stellen. Aus Japan, Australien oder Lettland kämen seine neuen Teamkollegen, erzählt Stockinger. An prominenten Vorbildern mangelt es nicht. Unter anderem der Italiener Patrick Thaler, dreifacher Olympiateilnehmer, oder der kürzlich zurückgetretene deutsche Slalom-Spezialist Dominik Stehle waren bei der WRA. "Ich verstehe mich mit allen super, das ist alles sehr professionell." Aber eben auch teuer, Stockinger muss alles aus eigener Tasche finanzieren. "Das ist brutal, was da zusammenkommt." Reisekosten, Übernachtung, Liftpässe, Skiservice, Trainer.

Eine Rückkehr ins DSV-Team ist für Stockinger möglich, dazu muss er nur wieder regelmäßig punkten. "Ob ich das überhaupt will, weiß ich aber noch nicht", sagt er. Der Ärger ist noch nicht ganz verraucht. Erstmal sei es ohnehin am wichtigsten, wieder richtig fit zu werden. Kurz vor Weihnachten will Stockinger wieder im Europacup angreifen. Und beweisen, dass er einen Platz im Team auf jeden Fall verdient hat.