Halbfinale oder K.o.?
Kopfkino beim Gegner einschalten: FC Bayern träumt vom kleinen Wunder in Paris

13.04.2021 | Stand 19.09.2023, 2:02 Uhr
Klaus Bergmann
Christian Kunz

Voll überzeugt vom Weiterkommen: Thomas Müller am Montag bei der Pressekonferenz vor dem Viertelfinal-Rückspiel in Paris. −Foto: Imago Images

Endstation Paris oder ein außergewöhnlicher Fußballabend in der Stadt der Liebe? Schon der Blick auf die Ergebnisse für ein Weiterkommen des FC Bayern München in der Champions-League offenbart die Schwere der Aufgabe: 2:0, 3:1, 4:3, 5:4. Kann das ohne Lewandowski glücken? Gegen Mbappé und Neymar?

Die Bilder vom joggenden Robert Lewandowski im Münchner Schneetreiben schreckten Paris Saint-Germain vor dem Rückspiel im Viertelfinale der Königsklasse (Dienstag, 21 Uhr/Sky) gewaltig auf. Doch die Befürchtungen der PSG-Fans erfüllen sich ebenso wie die Sehnsüchte der Bayern-Anhänger nach einem Blitz-Comeback des Torjägers nicht, wie Hansi Flick auf die recht besorgte Nachfrage eines französischen Reporters verriet. Er könne die Abwesenheit des schon beim 2:3 im Hinspiel schmerzlich vermissten Weltfußballers auch für Dienstag (21.00 Uhr/Sky) "zu hundert Prozent bestätigen", sagte der Bayern-Coach. Die Kurzanalyse zum Spiel:

AUSGANGSLAGE: "Im Fußball kann alles passieren", bemerkte Müller. Für ihn kommt es bei der Aufholjagd auch auf eine vernünftige "Risiko-Abwägung" an. Wild nach vorne rennen ist keine Lösung. Die PSG-Offensive um Kylian Mbappé und Neymar muss wie beim 1:0-Finalsieg 2020 in Lissabon in Schach gehalten werden – möglichst mit einem unüberwindbaren Manuel Neuer im Tor. Entscheidend könnte sein, ob es den Bayern gelingt, das Kopfkino bei den Pariser Stars einzuschalten. Sie sollen sich an 2019 erinnern, als sie im Achtelfinale gegen Manchester United nach einem 2:0 in England zu Hause 1:3 verloren und rausflogen. "Wenn wir in Führung sein sollten, 1:0, 2:1, 3:2, ist es ganz menschlich, dass beim Gegner die Alarmglocken losgehen. Etwas zu verlieren, ist für den Menschen immer ganz schlimm. Das wollen wir erzwingen", schilderte Müller.

PERSONAL: Mit 19 Akteuren flog Trainer Hansi Flick nach Paris. Auf der Passagierliste fehlten neben Lewandowski und Gnabry auch Abwehrspieler Niklas Süle. "Es ist nicht so einfach bei so vielen Spielern, die verletzt sind", haderte Flick. Immerhin: Die im Hinspiel verletzten Lucas Hernández und Leon Goretzka waren beim noch in München durchgeführten Abschlusstraining dabei. Und auch bei den angeschlagenen Jérôme Boateng und Kingsley Coman sehe es gut aus. Es kann nicht die bestmögliche Bayern-Elf auflaufen, aber eine gute.

HOFFNUNGSTRÄGER: Paris hat die Millionenkicker Mbappé und Neymar. Aber auch die Bayern besitzen ohne Lewandowski immer noch einige Matchwinner-Kandidaten. Für Flick ist Leroy Sané ein sogenannter "Unterschiedsspieler". Im 100. K.o.-Spiel der Bayern in Europas Königsklasse kann der Nationalspieler genau das beweisen. "Leroy bringt in den letzten Wochen hervorragende Leistungen. Er ist auf dem Platz genau der Spieler, den wir uns vorgestellt haben, der Spieler, der Spiele entscheiden kann, der Spiele drehen kann", äußerte Flick.

PSG: Beim französischen Meister fällt Kapitän Marquinhos wegen einer im Hinspiel erlittenen Adduktorenverletzung aus. Neben Marquinhos fehlen auch Mauro Icardi, Layvin Kurzawa und der frühere Münchner Juan Bernat verletzt. Die zuletzt angeschlagenen Keylor Navas und Abdou Diallo stehen dagegen ebenso zur Verfügung wie die italienischen Nationalspieler Marco Verratti und Alessandro Florenzi nach ihrer Corona-Quarantäne. Trainer Mauricio Pochettino verblüffte ein wenig mit dieser Aussage: "Bayern ist immer noch Favorit." Der Argentinier erinnert sich immer noch schmerzhaft an einen für ihn heftigen Abend im Oktober 2019: Da verlor er in der Gruppenphase als Trainer von Tottenham Hotspur 2:7 gegen die Bayern.

Klar ist: Ein Viertelfinal-K.o. würde in München die Zukunftsfragen und die interne Zerreißprobe um Flick und Salihamidzic noch mehr in den Fokus rücken. Gerade auswärts sind die Bayern freilich eine Macht und inzwischen seit 17 Partien (13 Siege, vier Unentschieden) unbesiegt. Die letzte Niederlage gab es ausgerechnet im Prinzenpark: Das 0:3 gegen PSG am 27. September 2017 kostete Trainer Carlo Ancelotti den Job.

− dpa/red