"Ich bin ja nicht 500 Jahre lang Trainer"
Keine Fans, umstrittener Elfer, Pokal-Aus: Bei 1860-Coach Köllner entlädt sich der Frust

19.01.2022 | Stand 19.09.2023, 3:07 Uhr

1860 um Trainer Michael Köllner verlor unglücklich gegen den Karlsruher SC. −Foto: dpa

Nach dem bitteren Ende aller Pokalträume entlud sich bei Michael Köllner der aufgestaute Frust der Corona-Pandemie.

Nach den umjubelten Siegen gegen die Fußball-Zweitligisten Darmstadt 98 und Schalke 04 litt der TSV 1860 München beim 0:1 (0:0) gegen den Karlsruher SC auch unter der Geisterspiel-Atmosphäre im Grünwalder Stadion. Die lautstarke Unterstützung von den Rängen hatte gefehlt.

"Wenn du als Drittligist ins Achtelfinale kommst und ohne Zuschauer spielen musst, ist das ein erheblicher Nachteil. Mit unseren Fans wäre deutlich mehr möglich gewesen", sagte der Löwen-Coach.

Auch Torwart Marco Hiller erinnerte an die zwei erfolgreichen Runden zuvor vor den eigenen Fans: "Die puschen nicht nur uns, die können auch den Gegner einschüchtern." Das Grünwalder Stadion habe "ein eigenes Flair, eine eigene Dynamik und eine eigene Kraft", bemerkte Köllner und konstatierte: "Wenn die Zuschauer uns 90 Minuten anpeitschen und nach vorne bringen – das hat uns gefehlt."

Seit Jahrzehnten macht es den Reiz des DFB-Pokals aus, dass der Klassentiefere mit dem Heimvorteil über sich hinauswachsen kann. "Das Erlebnis DFB-Pokal lebt am Ende auch von Emotionen, vom Publikum, von Fans, die es tragen", sagte Köllner, der dem verpassten Einzug ins lukrative Viertelfinale nachtrauerte: "Ich bin ja nicht 500 Jahre lang Trainer, sondern nur ein paar Jahre. Ebenso die Spieler. Und dann erlebst du solche Spiele ohne Zuschauer. Das kann dir keiner im Leben zurückgeben. Das ist schade, dass die Pandemie uns solche Erlebnisse nimmt", stöhnte Köllner in der Pressekonferenz.

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Auch ohne lautstarke Hilfe von den Rängen hätten die Löwen aber auch den dritten Zweitligisten aus dem Cup werfen können. "Es hat der i-Punkt gefehlt, dass wir in der ersten Halbzeit in Führung gehen. Da haben wir sehr gute Chancen herausgespielt", meinte Köllner.

Bei der spielentscheidenden Szene in der dominanten Phase der Gäste in der 69. Minute kam dann Pech hinzu. Fabian Greilinger sprang im Strafraum bei einer Abwehraktion der Ball unglücklich vom Knie an den Arm. "Eine doofe Situation", urteilte Köllner. Der Video-Assistent schritt nach dem Elfmeterpfiff nicht ein. "Schade für uns, dass so eine Aktion am Ende die Entscheidung im Spiel war", sagte Köllner.

Karlsruhes Marvin Wanitzek verwandelte eiskalt gegen Hiller. Sogar KSC-Coach Christian Eichner sprach später in der Pressekonferenz von einem glücklichen Strafstoß: "Ich werde diese Regel wahrscheinlich nie so richtig verstehen, weil der Ball vom Knie an die Hand geht."

Erik Tallig und Philipp Steinhart hätten die sich aufbäumenden Löwen trotzdem bei zwei Großchancen zumindest noch in die Verlängerung schießen können. So blieb Köllner und seinem Team nur "der Stolz, dass wir in dem Wettbewerb drei richtig gute Spiele hinbekommen haben". Alle Konzentration muss nun dem Liga-Alltag und einer weiteren Annäherung an die Aufstiegsplätze gelten.

"Wir stehen am Samstag schon wieder im Olympiastadion auf dem Platz und hoffen, dass wir dann wieder punkten", sagte Köllner zum Derby gegen Türkgücü München. Noch auf dem Platz gab der 52 Jahre alte Coach am Dienstagabend im Spielerkreis die neue Marschroute aus: "Wir müssen uns schütteln. Wir haben einen tollen Kampf geliefert und werden daraus die Kraft ziehen für die nächsten Wochen."

− dpa