„Ich will zeigen, was ich drauf habe“
Einzige heimische Teilnehmerin Anna Ostlender voller Vorfreude auf die Eisschnelllauf-WM in Inzell

06.03.2024 | Stand 06.03.2024, 8:00 Uhr

Die 21-jährige Anna Ostlender vom DEC Inzell geht bei der anstehenden Heim-Weltmeisterschaft zweimal über die 500 und 1000 Meter aufs Eis. − Foto: Wukits

Anna Ostlender ist bei der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft ab Donnerstag, 7. März, in Inzell die einzige heimische Teilnehmerin. Die 21-Jährige wird den Sprint-Vierkampf bestreiten, das heißt, sie wird jeweils zweimal die 500 und 1000 Meter angehen. „Ich freue mich sehr auf die Weltmeisterschaft, bin sogar etwas nervös“, verrät die gebürtige Ulmerin. „Aber es werden mich viele Leute unterstützen. Die Familie ist da, die Eltern, die Schwester, Tanten und Onkel und die Oma. Dazu kommen die Freunde und die Nachbarn“ – Motivation genug also für die junge Kufenflitzerin. „Ich will zeigen, was ich drauf habe, nachdem ich die Qualifikation geschafft habe“, so Ostlender.

Dabei verletzte sie sich kurz vor Weihnachten bei einem Fahrradunfall und zog sich eine Rippenverletzung zu. „Zwei waren angeknackst, das war sehr schmerzhaft. Ich habe die WM schon vorbeilaufen sehen, habe die Zähne zusammengebissen und die Quali Ende des Jahres in Berlin geschafft“, erinnert sie sich erleichtert. Bei der WM in der heimischen Max-Aicher-Arena will sie ihre persönlichen Bestzeiten ins Visier nehmen. Zuletzt setzte sie auf heimischem Eis über die 500-Meter-Distanz eine 38,70-Sekunden-Marke. Ihre Bestzeit von Salt Lake City liegt bei 38,64. „Das ist auch in Inzell möglich, weil wir immer sehr gutes Eis haben“, lobt sie die Eismeister aus der Chiemgau-Gemeinde.

Ziemlich gut zurecht kommt sie mit der Trainingsgruppe von Peter Müller in Erfurt. Dort sind alle ihre Trainingspartner Jungs. „Mittlerweile ist das sehr gut eingespielt. Die Unterstützung ist gut, alles passt“, sagt sie zufrieden. Zuletzt holte sie beim Weltcup in Salt Lake City zusammen mit Hendrik Dombek im neuen Mixed-Bewerb Silber. Was den Austausch zwischen Müller und ihrem Heimtrainer Andreas Kraus betrifft, ist alles in bester Ordnung. Für die kommende Saison schmiedet Ostlender bereits Pläne: An vorderster Stelle steht die Qualifikation für den Weltcup, sie will außerdem in die A-Gruppe aufsteigen und sich dort festsetzen. „Na ja, und dann kommen ja bald die Olympischen Spiele“, meint die Sportlerin.

Auf ihren Sport angesprochen erklärt sie die Feinheiten mit leuchtenden Augen. Schließlich ist sie fast ihr ganzes Leben auf Rollen und Kufen unterwegs. „Gut starten und dann volle Pulle auf den messerscharfen Kufen der Schlittschuhe, so die Devise“, erklärt sie. Dazu gehört jedoch auch, technisch sauber zu laufen. Ein Sturz ist jederzeit möglich – und das bei bis zu 60 km/h. „Blaue Flecken gehören dazu.“ Begonnen hat sie als Vierjährige mit dem Inlineskaten – bei einem Ferienkurs in Ulm. „Da habe ich die Grundlagen wie bremsen, richtig hinfallen und aufstehen, Kurven- und Bergabfahren gelernt“, erinnert sich Ostlender. Später begann sie, zusammen mit ihrer Schwester an Wettkämpfen teilzunehmen. „Da bin ich bereits in jungen Jahren mit dem Papa durch halb Europa gereist.“ Doch Ostlender wollte später unbedingt bei Olympia dabei sein und wechselte deshalb zum Eisschnelllaufen. „Ich fand großen Gefallen, auf den Schlittschuhen zu laufen und bin deshalb aufs Sportgymnasium in Erfurt.“ Das bedeutete für die 21-Jährige, relativ früh ein selbstständiges Leben zu führen. Immerhin waren bis zur 5. Klasse ihre Mama und die Schwester mit in Thüringen dabei. Ab dem Wechsel ins Internat sind sie zurück nach Ulm. Den Kontakt nach Hause konnte sie zunächst gut aufrechterhalten. Das wurde im Lauf der Zeit weniger. „Das Einleben in Erfurt hat schließlich immer besser geklappt.“ Allerdings: „Am Anfang hatte ich schon ein wenig Angst, ohne die Familie zu sein. Durch Sport und Schule war man auch abgelenkt.“

Nach der 9. Klasse entschloss sie sich zum Wechsel nach Inzell. „Mir haben dort Schule und Umgebung besser gefallen. Und das System Sport/Schule hat einfach besser gepasst.“ Schulisch war’s für Ostlender zunächst nicht leicht. „Die Schule ist schwerer in Bayern, und die Schüler waren in vielen Fächern voraus, was ich nachholen musste.“ Es hat ein wenig gedauert, ehe sie sich im Chiemgau akklimatisiert hatte. Zunächst fand sie einen Unterschlupf im Eisstadion, den ihr Trainer Kraus besorgte. Später kamen die eigene Wohnung und ein neuer Freundeskreis hinzu. „Ich habe schnell Freunde gefunden, die mir alles erleichtert haben und viel für mich da waren“, erinnert sie sich dankbar. Gut sechs Jahre wohnt sie mittlerweile im Chiemgau. „Zu 100 Prozent bayerisch fühle ich mich noch nicht, doch es gefällt mir sehr hier.“ Der Beweis: Im Kleiderschrank hängt ein Dirndl.

− shu