Weltrekordler in einer besonderen Disziplin
Zuletzt bei der Europameisterschaft: Kilian Graef stürzt sich gerne ins Eiswasser

08.02.2024 | Stand 08.02.2024, 18:34 Uhr

Nach wie vor ist Kilian Graef (l.) mit der Staffel über 4 x 250 Meter Weltrekordinhaber. Foto: Graef (2)

Kalt duschen ist für viele Menschen ein Gräuel. Andere wiederum gehen freiwillig in kaltes, sogar sehr kaltes Nass – und das auch bei Wettkämpfen. Kilian Graef ist einer davon. Der 18-Jährige, der zum 1. Januar aus Erlangen zum Schwimm-Club nach Regensburg (SCR) gewechselt ist, betreibt Eisschwimmen.

Gerade ist er zurück von den Europameisterschaften im rumänischen Oradea, einer 180000-Einwohnerstadt an der ungarischen Grenze. Dort traten 322 Teilnehmer aus 27 Nationen im 3,9 Grad warme, respektive kalte Wasser an, denn: „Damit Bestmarken anerkannt werden, muss die Wassertemperatur zwischen null und fünf Grad liegen“, erklärt Graef.

Zwei Hundertstel fehlten

Bis zum Corona-Lockdown war der Youngster, der in der Ausbildung zum Redakteur steckt, durchaus auch ambitioniert im Beckenschwimmen unterwegs. „Mit einem Max Hagl, der jetzt in der Rücken-Disziplin der beste Schwimmer seiner Altersklasse ist, war ich auf Augenhöhe unterwegs. Mal hat er gewonnen, mal ich – und wir lagen immer nah beieinander“, berichtet Kilian Graef, der sich nicht als übergroßes Talent sieht. „Am Anfang habe ich ja nicht mal das Seepferdchen geschafft. Und ich habe nie große Sprünge gemacht. Es ging aber immer Wettkampf für Wettkampf vorwärts.“

Dann fehlten vor dem zweiten Lockdown 0,02 Sekunden zur Aufnahme in den Bayernkader – und somit zu Trainingsmöglichkeiten, die nur Auswahlschwimmern gestattet waren in diesen harten Zeiten. „Damit war ich raus“, erzählt Graef von seiner Zwangspause.

So verlagerte sich der Graefsche Schwerpunkt eben. „Vorher habe ich Eisschwimmen nebenbei gemacht. Jetzt hat es Priorität“, sagt Graef, der auch in der Donau trainiert und früher schon mal bis zu neun Wassereinheiten plus sechs Trainings von Kraft und vielem mehr pro Woche aktiv war. Schon aus beruflichen Gründen hat sich das reduziert: Vier bis sechsmal im Wasser plus Lauf- oder Krafttraining ist er aber immer noch.

Die Eisschwimm-Präferenz entdeckte Kilian Graef übrigens aus eigenem Antrieb – mit zwölf! Der Freund seines Vaters, der selbst Extremsport betreibt, viermal den Hawaii-Ironman absolvierte und zuletzt drei Tage „über 600 Kilometer mit vielen Höhenmetern“ durch die Sierra Nevada unterwegs war, lud Papa Graef zu einem bekannten, in kleinerer Form auch immer noch existierenden Eisschwimm-Wettkampf in Veitsbronn („Das war früher auch schon Weltcup und deutsche Meisterschaft“) ein. Der winkte ab, doch der Filius war neugierig geworden: „Ich habe gesagt, dass ich das machen will. Mit zwölf glaubst du ja, du kannst alles. In der Vorbereitung bin ich aber nach fünf Metern rausgesprungen aus dem Wasser.“ Die Mutter drang jedoch darauf, dass ihr Kilian nach A auch B sagte.

Seither gehört Veitsbronn zum Standard-Programm – und Eiswasser-Erfolge auch. In Samoens am Montblanc in Frankreich sprangen mit der Staffel über 4 x 250 Meter sogar WM-Titel und der (immer noch gültige) Weltrekord heraus. Auch in Rumänien gab es bei sieben Starts drei Medaillen, teils auch in der Altersklasse 18 bis 24.

Wobei die 50 Meter Rücken ärgerlich verliefen. „Da habe ich mit einem dämlichen Anschlag, weil ich wegen des Windes einen Zug zuviel gemacht habe, eine Medaille verspielt, die ich schon in der Hand hatte.“ So war ein Bulgare, der nach dem Vorlauf mit einer um eine Sekunde schnelleren Zeit noch unerreichbar schien, eben der Nutznießer und holte Bronze.

Mitglied im Team Regensburg

Nach seinem Vereinswechsel ist Kilian Graef obendrein überrascht von einer Wertschätzung, die er zuvor nicht gekannt hatte. „Ich war nicht mal einen Monat hier, da wurde der Antrag vom SCR schon gestellt“, sagt der Liebhaber des kühlen Nasses, der jetzt dem von der Stadt geförderten Team Regensburg angehört.