Bayer auf Abschiedstour
ESV plant fünften Streich – „Eigene Tabelle“ bringt Spektakuläres zu Tage

12.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:12 Uhr
Gerd Winkler

Heimspiel: Amelie Bayer und der ESV erwarten Mainz. Foto: Eibner

Von Gerd Winkler

Regensburg. Die Handballfrauen des ESV 1927 Regensburg (5., 35:19 Punkte) sind in der zweiten Bundesliga Spitzenreiter! Wie? Das Spitzenquintett hat drei Spieltage vor dem Saisonende den Rest des Feldes mit sieben und mehr Zählern abgehängt, ein genauerer Blick auf das Tableau bringt Spektakuläres zu Tage. Zu was die Bunkerladies in der Lage sind, zeigt die eigens erstellte Tabelle von den Spielen der Topteams untereinander. Dieses Ranking führt der ESV, der an diesem Samstag um 18 Uhr die SG Mainz-Bretzenheim (13., 20:34) erwartet, mit 9:5 Punkten an!

Vor Ostern ereilte den Bunkerladies unmittelbar nach der Übernahme der Tabellenspitze ein zweimonatiges Tief mit zwei Niederlagen, zwei Remis und sechs Pleiten. Bekanntlich rumorte es derweil hinter den Kulissen, bis die Verantwortlichen bekannt gaben, dass Trainer Csaba Szücs den Verein am Saisonende verlässt. Scheinbar ob der geklärten Verhältnisse legte die Mannschaft den Schalter um, fortan hat der ESV alle vier Partien gewonnen.

ESV ohne Druck

Freilich hypothetisch: Wie stünde Bayerns Aushängeschild jetzt da, wäre das Problem früher aus der Welt geschafft worden? Nur vier Punkte mehr aus besagten zehn Begegnungen und man ist im Aufstiegsrennen voll dabei – und wäre punktgleich mit dem Zweiten Füchse Berlin. Losgelöst davon können die Bunkerladies nun ohne Druck daran arbeiten, das Vorjahresergebnis zu toppen: Platz fünf und die 35 Punkte sind erreicht. Allerdings sind die Personalien im Rückraum auf Kante genäht: Für die Halblinken Marleen Kadenbach (Schulter) und Nicole Lederer (Muskelbündelriss) ist das zweite Jahr im Unterhaus bereits gelaufen. Dass der ESV dennoch wettbewerbsfähig ist, hat zuletzt der 30:29-Erfolg beim Tabellensiebten in Lintfort gezeigt.

Dort trug die nicht wegzudenkende Ballverteilerin Amelie Bayerl zum viertletzten Mal das Trikot der Blau-Schwarzen. Die angehende Realschullehrerin pendelt seit 2019 von Kirchheim in die Domstadt. „Für mich war vor der Saison klar, dass ich am Ende aufhöre“, kommentiert Amelie Bayerl. Die ganze Fahrerei und das Wochenende gehe drauf, das sei nicht mehr zu bewältigen. „Ich schreibe im Februar und März mein Staatsexamen, dann folgt das Referendariat, das wird alles sehr anstrengend“, begründet die 25-Jährige ihre Entscheidung. So richtig realisiert habe sie es noch nicht, dass sie sich auf Abschiedstour befindet. Lediglich, „dass du halt die nächste Vorbereitung nicht mehr mitmachst.“

Wie es künftig ohne Handball ist, wisse sie nicht: „Ich schaue, wie mir das nächstes Jahr abgeht. Der Pass bleibt in Regensburg.“ Ende Februar hatte Amelie Bayerl Abteilungsleiter Dieter Müller und dem sportlichen Leiter Robert Torunsky Bescheid gegeben. „Die Tür ist immer offen, auch wenn ich zwischendrin nur ein paar Spiele mitmache“, war die Botschaft.
Amelie Bayerl ist bereits im dritten Jahr in der zweiten Bundesliga unterwegs. 2017/18 spielte sie mit Aufsteiger HCD Gröbenzell im Unterhaus, nach einer desaströsen Vorrunde mit nur einem Zähler stiegen die Oberbayern postwendend ab. Trotz des hoffnungslosen Rückstandes sei kein Frust aufgekommen: „Du findest dich irgendwann damit ab, alle haben weiterhin ihr Bestes gegeben.“ Die Stimmung aufrecht zu erhalten sei der Verdienst von Coach Hendrik Pleines gewesen: „Unser Training war richtig cool.“ Übrigens ist Pleines aktuell vereinslos, der ESV auf der Suche nach einem adäquaten Nachfolger für Csaba Szücs.

Auch international im Einsatz

Um das Bild von Amelie Bayerl zu vervollständigen: In Ismaning spielte sie drei Jahre in der Jugendbundesliga, vor dem Wechsel nach Gröbenzell noch zwei Jahre Frauen-Bayernliga. Nach dem Abstieg erhielt die Rechtshänderin Angebote von den Bundesligisten Oldenburg und Göppingen. Die Rückraum-Mitte war auch international im Einsatz: Mit den U-Teams des DHB 2015 bei der Europameisterschaft in Nordmazedonien, 2016 bei der Weltmeisterschaft in der Slowakei sowie 2017 bei der Junioren-EM in Slowenien. 2019 wurde Amelie Bayerl Europameisterin im Beachhandball in Bulgarien.