Viele Abschiede nach DM-Titel
Ein Futsal-Bus nach Regensburg voller Tränen und Freude

30.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:12 Uhr

Feiernde Regensburger Spieler, feiernde Regensburger Futsal-Fans: Der SSV Jahn 1889 schrieb in Hohenstein-Ernstthal mit dem Finalsieg und der zweiten deutschen Meisterschaft das nächste Kapitel seiner beeindruckenden Historie. Fotos: Christian Herbst

Es sind Busfahrten wie diese, die der Traum einer jeden Sportmannschaft sind. Und die mit einer 20000-Euro-Meisterschale an Bord sogar gerne länger sein hätte dürfen als die rund 270 Kilometer mit dreieinhalb Stunden reiner Fahrzeit, die der SSV Jahn 1889 zurücklegte.

Mit einer extrem klugen Taktik erspielten sich die Regensburger Futsaler mit einem unerwartet klaren 4:0 (1:0) vor mit 537 Zuschauern ausverkaufter Halle beim favorisierten Dauerrivalen VfL Hohenstein-Ernstthal die zweite deutsche Meisterschaft nach 2017 – als Bundesliga-Neuling!

„Ganz klar, das war ein verdienter Sieg für Regensburg mit einer sicheren Defensivtaktik“, fasste der niederländische Bundestrainer Marcel Loosveld zusammen, wie er es gesehen hatte. „Hohenstein war leider nicht auf seinem Level. Das Balltempo war zu niedrig, sie hatten zu viele Ballkontakte. Man muss Regensburg, das das sehr, sehr gut gespielt hat, ein Kompliment machen. Das kann man nicht anders sagen.“ Sollte Dreifach-Torschütze Gustavo, der zweimal davon gekonnt ins leere Tor traf, noch einen deutschen Pass bekommen, hätte Loosveld in Regensburg zweifelsfrei einen Muss-Kandidaten für sein Team.

Buntes Sprachengemisch

Und auch im Bus auf der Heimfahrt wurde viel gesagt. Ein Spieler nach dem anderen schnappte sich das Mikrofon und fasste in einem Sprachgemisch von viel Portugiesisch, einem guten Stück Englisch und ein wenig Deutsch seine Abschiede in zum Teil sehr emotionale Worte: Die Brasilianer Halison und Andre Peres, der Spanier Alberto (zurück zur Familie in die Nähe von Malaga), der Portugiese Simao, der Slowake Filip Palutka und der Deutsche Alexander Günter werden in der neuen Saison nicht mehr im 1889-Trikot auflaufen und machten den Bus neben aller meisterlichen Dauerfreude zu einem Hort der Tränen.

Das aktualisierte Aufstiegs-T-Shirt brachte auf den Punkt, was passiert war: „We are not finished yet“ (Wir sind noch nicht fertig) stand da vor einem Jahr auf der Rückseite zu lesen. Das war jetzt in der Meisterversion in gelber Leuchtschrift durchgestrichen und ersetzt von: „Mission completed“, Mission vollendet. Wenigstens für diesen Kader, der zu einem guten Teil schon die erste deutsche Meisterschaft nach Regensburg geholt hatte.

Lesen Sie hier einen Kommentar: „Futsal in Regensburg hat mehr Unterstützung verdient“

Einer davon, Alexander Günter, hatte das perfekte Bild. „Für mich ist das wie eine Reise mit dem Zug. Ich wäre gerne weiter mitgefahren, muss jetzt aber leider aussteigen“, sagte der Ex-Nationalspieler. „Zuvor kannte ich zum Beispiel keinen Brasilianer. Jetzt bin ich dankbar, dass ich hier so viele tolle Menschen getroffen habe.“ Noch einmal rückte das so eng miteinander verwobene Team so eng zusammen, dass es zum unüberwindlichen Bollwerk wurde. Wieder mal erwies sich, dass die Defensive Meisterschaften gewinnt: In den fünf Playoffspielen blieb der SSV Jahn 1889 dreimal ohne Gegentor, darunter eben auch im Endspiel. „Es hat sich gelohnt, dass wir das nach dem 2:7 in Stuttgart so ausgiebig trainiert haben: Das war der Schlüssel“, bilanzierte Günter.

Mit unendlicher Leidenschaft zog Regensburg Hohenstein den Zahn und konnte sich in den letzten 22 Sekunden noch eine feine Geste erlauben: Die bis dahin nicht eingesetzten Pascal Weber im Tor sowie Simao und Kim Herterich im Feld, die bis dahin auf der Bank bei jeder Szene mit aufgesprungen waren, durften auch noch Live-Praxis genießen. Die weit über 100 mitgereisten Regensburger Fans, unter anderem drei Kleinbusse der „Sektion zwoa“, sorgten für ein paar Prozentpunkte Zusatzmotivation des 1889-Teams.

„Das war heute mein allerletztes Futsalspiel“, verkündete Andre Peres im Bus, der wieder mal für die letzten drei Saiosonmonate zum Team gestoßen war, mit massiven Knieproblemen auf die Zähne hatte beißen müssen und mit seiner unendlichen Ruhe in den entscheidenden Phasen einer der Garanten des Erfolges war. „Er ist ein unglaublicher Spieler“, lobte auch Spielertrainer und 1889-Motor Luca Kruel.

Champions League ruft

Jetzt ruft den Bundesligisten, der ab 1. August die Vorbereitung auf die neue Saison startet, nach den beiden Runden in Schweden und Finnland 2017 auch 2023 ab 21. August wieder die Champions League.