"Dichte ist groß": Wie die Biathleten Saison eins nach Laura Dahlmeier meistern wollen

11.09.2019 | Stand 17.09.2023, 21:58 Uhr

Soll das deutsche Biathlon in die Zukunft führen: Mark Kirchner (hier bei der Deutschen Meisterschaft am Arber am Wochenende). −Foto: Harald Deubert

Seit Sommer 2018 ist Mark Kirchner (49) Chef-Bundestrainer der Biathleten. Er muss einen Umbruch moderieren. Am Rande der Deutschen Meisterschaften am Arber haben wir mit ihm über Jahr eins nach Laura Dahlmeier, Hoffnungsträger und Doping gesprochen.

Es wird Saison eins nach dem Rücktritt von Laura Dahlmeier. Wer wird jetzt das neue Zugpferd im deutschen Biathlon-Kader, auch in der Öffentlichkeit?
Kirchner: Man hat das ja letzten Winter schon gesehen, als Denise Herrmann mit ihrem Weltmeistertitel die Lücke mehr als gefüllt hat. Sie hat gemeinsam mit Laura die Maßstäbe gesetzt. Wir haben auch letzte Saison gesagt, als Laura krankheitsbedingt nicht am Start war: Das sind Chancen für die jungen Mädels. Wir hatten ja eine ähnliche Situation schon einmal, als Magdalena Neuner aufgehört hat. Auch da hat man gefragt: Wie geht es jetzt weiter? Da war dann auch schnell Laura Dahlmeier da. Wir haben im Perspektivkader viele gute Mädels, die auch im Juniorenbereich schon ansprechende Leistungen gebracht haben. Da hat jetzt die ein oder andere sicher die Möglichkeit, ein bisschen Weltcup-Luft zu schnuppern.

Also wird es in gewisser Weise eine Übergangssaison?
Kirchner: Das würde ich so nicht sagen. Die Denise und die anderen Mädels sind ja auch noch da: Vanessa (Hinz, Anm. d. Red.), Franzi Preuß, die letztes Jahr auch einen Weltcup gewonnen hat, Franzi Hildebrand. Die sind der Stamm des Teams. Aber die Jüngeren sollen ruhig die Möglichkeit bekommen, da reinzuwachsen. Nirgendwo entwickelt man sich besser als im Wettkampf, wenn man die Besten vor sich hat.

Gibt es Kontakt zu Laura Dahlmeier?
Kirchner: Sie ist ja nicht von der Bildfläche verschwunden. Man trifft sich hier und dort mal, bei diversen Veranstaltungen. Man schaut natürlich, was sie jetzt so in Angriff nimmt.

Vielleicht ja eine Aufgabe im DSV?
Kirchner: Da geht es auch darum, was sie will. Man muss ihr erst einmal die Zeit geben, aus diesem Hamsterrad auszusteigen. Nicht jeden Tag von morgens bis abends über Biathlon nachzudenken. Das war ja auch ein Grund für sie aufzuhören. Sie geht jetzt viel in die Berge, ist ein Naturmensch. Da hat sie viele Träume, die sie sich jetzt erfüllen wird, bevor sie darüber nachdenkt, in welche berufliche Richtung sie tendiert. Wenn sie Ambitionen hat, wird der Skiverband der Letzte sein, der sagt: Wir können sie nicht gebrauchen.

Gerade bei den Herren sind die meisten Siegläufer jenseits der 30. Auf welche Nachwuchsathleten setzen Sie jetzt auch mit Blick auf Olympia 2022 in Peking?
Kirchner: Wir haben das in den letzten Jahren schon zum Thema gemacht, weil es uns nicht befriedigt hat, was da im Anschlussbereich zu den vier Besten so an Leistung gezeigt wurde. Aber wir sind auf einem guten Weg, vor allem, wenn ich den vergangenen Winter anschaue: Roman Rees hat in der Staffel schon eine gute Rolle gespielt. Philipp Nawrath war unter den Top 10, Johannes Kühn sogar auf dem Podium. Mit Lucas Fratzscher und Philipp Horn waren zwei Junge unter den Top 15. Die Dichte ist groß und in der Gruppe geht es sehr homogen zu. Das stimmt uns positiv.

Die Etablierten um Arnd Peiffer, Simon Schempp und Erik Lesser sollen aber schon noch ein bisschen weitermachen.
Kirchner: Sie haben die Ansage bekommen, dass sie bis zur WM in Oberhof 2023 weitermachen müssen (lacht). Im Ernst, man weiß das nie. Wir müssen sie weiter motivieren, damit sie bei aller Schinderei den Spaß nicht verlieren. Erik und Arnd sind jetzt Väter geworden, da werden andere Dinge auch wichtiger. Da muss man Kompromisse schaffen.

Ein Thema, das im Biathlon – leider – immer wieder aufkommt, ist Doping. Martin Fourcade hat im März gesagt, er wäre "nicht überrascht‘, wenn es im Biathlon bald neue Enthüllungen geben würde. Sehen Sie das auch so?
Kirchner: Mich überrascht mittlerweile gar nichts mehr. Wir wissen ja heute noch nicht mal, was aus der groß angekündigten Untersuchung von Sotschi 2014 geworden ist. Da gibt es weder Namen noch Erkenntnisse. Es werden immer Dinge angekündigt. Auch bei der Operation Aderlass im Winter hat es geheißen, es werden in zwei Wochen Namen genannt. Das ist jetzt drei Monate her. Ich bin gar nicht mehr bereit, darüber nachzudenken, solange es keine Fakten gibt. In den letzten sechs, sieben Jahren gab es so viele halbe Sachen und nicht bis zum Ende geführte Prozesse. Für mich ist es müßig, darüber zu philosophieren. Wir sind bereit, immer transparent zu sein. Arnd Peiffer zum Beispiel ist in den letzten vier Wochen sechsmal getestet worden. Wir stehen immer für den sauberen Sport.

Was Mark Kirchner über eine Weltcup-Zukunft des Hohenzollern-Skistadions und konkrete Pläne für die kommende Saison sagt, lesen Sie kostenlos am Online-Kiosk.