Greco-Spezialist sorgt für Staunen
Größter Erfolg in der Geschichte von Burghausens Ringer: Wackers Idris Ibaev überrascht als U23-Weltmeister

04.11.2021 | Stand 18.09.2023, 20:39 Uhr

Drei seiner vier Kämpfe bei der U23-WM gewann Idris Ibaev (21) vorzeitig. Hier erteilt er Erik Persson Flugunterricht. −Fotos: imago images

Vollkommen perplex und kopfschüttelnd stand er da und wusste nicht, wohin mit seinen Gefühlen: Idris Ibaev – der erst 21 Jahre alte Greco-Spezialist des SV Wacker Burghausen konnte sein Glück kaum fassen, nachdem er die letzten Sekunden eines beeindruckenden Finales in der Gewichtsklasse bis 72kg hinter sich gebracht und tatsächlich den Weltmeistertitel der U23 errungen hatte.

Und es wird wohl noch etwas dauern, bis er selbst seine herausragende Leistung begreifen wird. Denn Ibaev demonstrierte in Belgrad vom ersten bis zum letzten Kampf Ringsport der Extraklasse und ließ sich auch von nominell favorisierten Gegnern nicht aufhalten. Sein verdienter Lohn: Die Goldmedaille!

10:0-Sieg über Schweden Erik Persson zum Auftakt

Zum Turnierauftakt traf Ibaev auf einen wohlbekannten Gegner, hatte er den Schweden Erik Persson doch bereits im Finale der Thor-Masters souverän mit 5:0 nach Punkten bezwungen. Und auch dieses Mal ließ der Wackerianer, der in einem Elektrounternehmen in Burghausen arbeitet, keine Zweifel aufkommen. Mit aggressivem Standkampf zwang er seinen Gegner in die Defensive – und machte schließlich im Bodenkampf kurzen Prozess: Nach einem schwungvollen Durchdreher und einem imposanten Ausheber stellte Ibaev sein Punktekonto auf 10:0 – und der technische Überlegenheitssieg war perfekt.

Im Viertelfinale machte Ibaev genauso weiter. Seinem Vorwärtsdrang hatte auch der US-Amerikaner Nathan Spencer Moore nichts entgegenzusetzen und wurde mit einem wahren Feuerwerk an Griffen nach allen Regeln der Ringkunst demontiert. Ob aus Takedowns, Durchdrehern oder Aushebern: Ibaev sammelte in schlafwandlerischer Sicherheit Wertung um Wertung und setzte sich noch in der ersten Runde vorzeitig mit 12:2 durch.

Mit breiter Brust und einer schon fast angsteinflößenden Selbstverständlichkeit angesichts seiner bestechenden Form agierte der SVW-Youngster im Halbfinale gegen den Armenier Shant Khachatryan, der als Silber- und Bronzemedaillengewinner der Junioren-WM 2019 und 2021 als heißer Titelanwärter galt. Doch davon ließ sich Ibaev nicht beeindrucken. Quer über die ganze Mattenfläche hetzte er seinen phasenweise sichtlich überforderten Rivalen und sammelte dabei auch kräftig Zähler. Nach einem weiteren Takedown aus seiner bärenstarken Armklammer heraus gelangen ihm noch vor der Rundenpause zwei Einser-Wertungen zum 4:0-Vorsprung. Auch in der Folge schaltete Ibaev nicht zurück. Im Gegenteil: Nach einer angeordneten Bodenlage, gefolgt von einem weiteren Takedown und einem Ausheber zog er auf 9:0 davon und setzte sich im dritten Duell in Folge per technischer Überlegenheit durch.

Im Finale wartete Sergey Kutuzov. Der groß gewachsene Russe, immerhin amtierender Vizeweltmeister der Senioren, galt als heißer Anwärter auf Gold. Doch auf der Matte musste der Top-Favorit schnell erkennen, dass er dem Kampfgeist von Ibaev nicht gewachsen war. Denn der DRB-Athlet ließ – wie schon in den vorangegangenen Partien – seinem Gegenüber keine Gelegenheit zum Durchschnaufen. Mit großem Selbstbewusstsein und unbändigem Ehrgeiz marschierte Ibaev kontinuierlich nach vorne. Einmal mehr war seine Armklammer der Garant für den Erfolg. Nach einem Takedown und einer passivitätsbedingten Bodenlage von Kutuzov führte der EM-Dritte der U23 dieses Jahres zur Halbzeit mit 3:1 – und dieser Vorsprung hatte auch in der zweiten Runde Bestand. Stets mit aufgerichtetem Kopf, von unten aufziehend und aktiv nach vorne ringend raubte Ibaev seinem konsternierten Gegner in beeindruckender Weise den letzten Nerv. Zwar kam es zu keinen technischen Wertungen mehr, aber damit konnte der Burghauser gut leben. Schließlich setzte er sich wenige Tage vor seinem 22. Geburtstag die Krone des Ringsports bei der U23 auf. Damit sorgte der technische Systemplaner nicht nur für den einzigen Titel des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) bei dieser Veranstaltung in Serbien, sondern auch für den bislang größten Erfolg in der Vereinsgeschichte des SV Wacker bei Einzelmeisterschaften im Ringen.

Trainer Maasch: "Mir fehlen echt die Worte"

Sprachlos über die fantastische Leistung seines Schützlings war auch Matthias Maasch, Trainer und Betreuer von Idris Ibaev auf dem langen und harten Weg zur Weltmeisterschaft: "Mir fehlen echt die Worte. Es ist unglaublich, was für eine unfassbar starke Leistung Idris an den beiden Turniertagen abgerufen hat. Es ist schön zu sehen, wie wir alle zusammen in den letzten Jahren aus dem hoffnungsvollen Nachwuchstalent einen Weltmeister formen konnten."

− rh