Rückblick mit Beteiligten
Triumphe, Klatschen, Kirchenbesuche: Vor 20 Jahren begann für Wacker Burghausen das Abenteuer 2. Liga

12.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:56 Uhr

Bei der Burghauser Zweitliga-Premiere am 10. August 2002 vor 6200 Zuschauern im Moselstadion zieht hier Macchambes Younga-Mouhani (Mitte) gegen die Trierer Rudi Thömmes (von links), Daniel Winkler und Miodrag Latinovic ab. Im Hintergrund lauert Roland Bonimeier. −Fotos: Butzhammer

Von Karlheinz Kas

Vor 20 Jahren absolvierte der SV Wacker Burghausen sein erstes Spiel in der 2. Bundesliga. Beteiligte erinnern sich.

Die Hohe Domkirche St. Peter zu Trier hatte am 10. August vor 20 Jahren Besuch aus Burghausen: Eine kleine Gruppe um den damaligen Bürgermeister und „ersten Fan“ Hans Steindl betrat am frühen Nachmittag die älteste Bischofskirche Deutschlands, hielt inne und bestaunte die abendländische sakrale Baukunst. Ob auch Gebete gesprochen wurden, ist nicht überliefert, wohl aber, dass Steindl und Begleitung im Vorfeld von fast allen Auswärtsspielen des SV Wacker Burghausen in der 2. Fußball-Bundesliga die örtlichen Kirchenbauwerke aufsuchten.

„Oft hat es geholfen, natürlich nicht immer“, erinnert sich Steindl im Gespräch mit der Heimatzeitung. An jenem 10. August 2002 ging es aus dem Gotteshaus dann direkt ins Stadion von Eintracht Trier, wo der SV Wacker seine Premiere im Profi-Fußball bestritt. Eine 1:2-Niederlage stand am Ende vor 6200 Zuschauern, Steindl weiß aber heute noch: „Wir waren ebenbürtig, hätten beim Mitaufsteiger einen Punkt verdient gehabt.“

Drei von vier Partien in Aachen gewonnen

Oftmals klappte es mit der göttlichen Eingebung für die Burghauser Delegation, vor allem in Aachen. „Wir waren vier Mal dort, haben drei Mal gewonnen, den Aachener Dom haben wir richtig liebgewonnen“, erzählt Steindl voller Begeisterung, ergänzt aber gleich die schwärzeste Auswärtsstunde des SV Wacker: „Die habe ich in Köln erlebt. Wir haben eine 1:8-Klatsche gekriegt, es war mein einziges Auswärtsspiel, bei dem ich schon bei der Pause heimgefahren bin.“ Auch damals sei man im dortigen Dom gewesen, was anschließend im Stadion passierte, darüber will der 72-Jährige nicht weiter reden.

Steindl war in Burghausens Zweitliga-Geschichte bei 80 bis 90 Prozent der Auswärtsspiele live im Stadion. Während Mannschaft, Trainer, Manager und Betreuer zumeist schon tags zuvor abfuhren, reiste die Bürgermeister-Mannschaft immer erst privat am Spieltag an. Steindl berichtet auch, dass Burghausen als Aufsteiger und Nobody in der Liga auswärts oftmals benachteiligt worden sei. „Aber wir haben von Beginn an gemerkt, dass wir mithalten können, dass wir ebenbürtig sind, ja gleichwertig, unsere Mannschaft war gut“, bilanziert der Ex-Bürgermeister, der selbst begeisterter Fußballer war. Absoluter Höhepunkt der fünf Zweitliga-Jahre sei das Spiel beim TSV 1860 München im Grünwalder Stadion gewesen. „10000 Burghauser waren dabei, wir haben 4:2 gewonnen und dann bei der Rückkehr am letzten Tag der Landesgartenschau in Burghausen gefeiert, es war der 4. Oktober 2004“, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

Aber er habe nicht nur Glanzzeiten erlebt, als weiteren Negativpunkt nach dem Kölner 1:8 nennt Steindl das Spiel gegen 1860 München in der Allianz-Arena. Dort habe der Niedergang im Abstiegsjahr nicht gestoppt werden können: „Wir haben 1:5 verloren, hatten mit Fred Arbinger schon einen neuen Trainer, es war eine Regenschlacht, ein Tiefpunkt.“

Lob hat Steindl aber für Manager Kurt Gaugler parat. Mit viel Gefühl habe er damals ein zweitliga-taugliches Team zusammengestellt. Gaugler weiß von der Partie in Trier noch: „Wir sind ewig lang gefahren, haben in der Nähe von Pirmasens übernachtet, und unser Mittelfeld hatte ein Durchschnittsalter von 22, aber wir haben uns gut präsentiert. Leider haben wir einige hochkarätige Chancen vergeben.“ So titelte auch die Heimatzeitung ihren Bericht mit „Burghauser Sturmlauf bleibt der Lohn versagt“. Und im Artikel in der Montagausgabe vom 12. August 2002 wird Trainer Rudi Bommer zitiert: „Ich bin nicht traurig über die 1:2-Niederlage, weil wir nun wissen, woran wir noch arbeiten müssen. Aber solche Torchancen wie hier bekommt man auswärts nicht alle Tage.“

Gut in Erinnerung hat Roland Bonimeier noch das Duell in Trier, dem im übrigen die deutschen Fußballgrößen Jürgen Kohler und Stefan Kuntz auf der Tribüne beiwohnten. „Es war große Euphorie damals. Die Aufregung war gerade bei uns jungen Spielern da, aber die Stimmung war bestens. Ich stand leider nicht in der Anfangsformation“, erzählt der heute 40-Jährige, der damals Jüngster im Wacker-Aufgebot war.

„Wir waren eine wirklich gute Truppe“

Bonimeier wurde nach der Pause für Kapitän Manfred Burghartswieser eingewechselt. Später kam auch noch Thomas Broich, heute Fußball-Experte bei der ARD. Bonimeier werde heute immer wieder auf die Zeit in der 2. Liga angesprochen. „Ja, da war eine riesige Begeisterung in der gesamten Region bei den Zuschauern, aber auch bei uns jungen Spielern.“

Einer, der heute noch mit Wacker zu tun hat, ist Kay Wehner. Gaugler holte den Torwart im Winter 2000 von Union Berlin. Und er avancierte in der folgenden Saison gleich zum Aufstiegshelden. „Wir waren eine wirklich gute Truppe. Ich wurde bestens aufgenommen, hatte sofort Anschluss. Ja, die Begeisterung war groß, vor allem aber über den Aufstieg in die 2. Liga“, erzählt der 51-Jährige, dem es in Burghausen so gut gefiel, dass er hier geblieben ist. Er lebt mit seiner Familie in Altötting und arbeitet seit 15 Jahren bei der Wacker Chemie als Disponent. Wehner war auch Mitinitiator, als sich zum Heimspiel des SV Wacker gegen den FC Pipinsried in der letzten Saison die alte Burghauser Meistermannschaft traf. „Ein schöner Tag, immerhin war ein Großteil unserer damaligen Truppe da“, sagt er.