Vor WM-Rekord
„Der Doofe muss ins Tor“: Welt-Keeper Neuer – einst wollte er gar nicht in die Kiste

30.11.2022 | Stand 18.09.2023, 22:53 Uhr

Manuel Neuer. −Foto: dpa

Für sein geliebtes Padel-Tennis fand Manuel Neuer erst in den vergangenen Tagen mehr Zeit.

Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft war im Luxus-Quartier des DFB zuvor immer wieder als Krisenmanager gefragt: Den Binden-Ärger moderierte er teamintern dabei ebenso souverän wie den Fehlstart gegen Japan. Vor seinem WM-Rekordspiel gegen Costa Rica will Neuer nun alle Störgeräusche endgültig ausblenden - für den 36-Jährigen könnte das Turnier in der Wüste schließlich der letzte Auftritt auf der größten aller Fußball-Bühnen sein.

Er sage zwar nicht, „dass mit 40 Jahren Schluss ist“, betonte Neuer zuletzt, doch auch aufgrund seiner Verletzungshistorie ist eine fünfte WM 2026 alles andere als garantiert. Daher soll der Traum vom zweiten Titel in Katar in Erfüllung gehen, Voraussetzung ist ein Sieg im Gruppenfinale gegen Costa Rica am Donnerstag (20.00 Uhr MEZ/ARD und MagentaTV).

Neuer wird im Al-Bayt-Stadion zum 19. Mal in einem WM-Spiel zwischen den Pfosten stehen und damit Sepp Maier und den Brasilianer Claudio Taffarel überflügeln. Vom Aufstieg (2010) über die Krönung (2014) bis hin zum Absturz (2018) hat der gebürtige Gelsenkirchener dabei alles erlebt.

Manuel Neuer hat das Torwartspiel neu erfunden. Manu, der Libero hat einen Standard gesetzt, er verschob die Grenze zwischen Torwart und Abwehrspielern. Mit seinen Paraden trieb er selbst die Besten zur Verzweiflung.

„Manuel“, ist sich Bundestrainer Hansi Flick sicher, „ist nach wie vor die Nummer eins auf der Welt.“ Doch auch ein Top-Torhüter ist nicht unfehlbar. Bei der Niederlage gegen Japan verharrte er beim Siegtor des Bochumers Takuma Asano zu zögerlich auf der Linie, gegen Spanien zeigte der Münchner ungewohnte Schwächen in seinem sonst so sicheren Passspiel. „In meiner Position bin ich ein Risikospieler“, gesteht Neuer ein.

Meist zahlt es sich aus. Und seiner Hauptaufgabe kam er gegen Spanien schon in der Anfangsphase nach, als er den krachenden Schuss des Leipzigers Dani Olmo spektakulär an die Latte lenkte. „Überragend“, nannte Niclas Füllkrug diese Aktion.

Einen Neuer in Bestform wird die DFB-Auswahl für ihre hohen Ziele benötigen. Dabei blieb er bei einer WM zuletzt im Finale 2014 ohne Gegentor, bei einem Turnier gelang ihm das im EM-Achtelfinale 2016. Statistiken, die so gar nicht zum erfolgsverwöhnten Schlussmann passen.

Dabei hinterfragt sich der Träger der Landesverdienstkreuze von Bayern und Nordrhein-Westfalen in allen Bereichen, um sein Top-Niveau zu halten. Vor ein paar Jahren begann er, gesünder zu essen. Er backt sein eigenes glutenfreies Brot, verzichtet auf rotes Fleisch und auf Kuhmilchprodukte. Das habe ihn leistungsfähiger gemacht, sagt er.

Ein Lautsprecher war Neuer dagegen nie, doch sein Wort hat im Verein und in der Nationalmannschaft Gewicht. Mit seiner Ruhe und Gelassenheit gibt er seinen Nebenleuten ein gutes Gefühl.

Dabei wollte er als Kind gar nicht in die Kiste. „Der Doofe muss ins Tor“, lautete das Motto auf dem Bolzplatz, verriet Neuer im Spiegel-Interview: „Aber so doof war das gar nicht für mich.“ Als Jugendtorwart bei Schalke 04 kam ihm entgegen, dass der Rückpass verboten und sein Aufgabenbereich so revolutioniert wurde.

Das Rekordspiel am Donnerstag nimmt Neuer zur Kenntnis, doch damit gibt er sich nicht zufrieden: „Ich setze mir große, aber eben auch erreichbare Ziele.“

− sid