Burghausen-Coach im Interview
Veränderungen, Neuzugänge und Wackers weiterer Weg: Trainer Robert Berg spricht Klartext

29.12.2023 | Stand 29.12.2023, 9:48 Uhr

Seit September ist der Peterskirchner Robert Berg (48) Chefcoach beim Fußball-Regionalligisten SV Wacker Burghausen. − Foto: mb.presse

Was für eine turbulente Herbstrunde für den Fußball-Regionalligisten SV Wacker Burghausen. Ein Platz in der unteren Tabellenhälfte, Trainerwechsel, Verletzungsmisere – für die Salzachstädter stand schon früh fest, dass es in der Saison 2023/24 mehr gegen den Abstieg als um den Aufstiegskampf gehen wird.

Mit dem neuen Cheftrainer Robert Berg aus Peterskirchen stabilisierte sich der SVW in den vergangenen Monaten und ist aktuell mit 25 Punkten auf dem 12. Rang zu finden. Trotzdem gibt’s noch einiges zu tun. Im Gespräch mit der Heimatzeitung erklärt der 48-Jährige, was er seit seinem Amtsantritt verändert hat, wie wichtig Neuzugänge sind und was er für die Zukunft plant.

Herr Berg, der 19. September wird Ihnen vermutlich noch länger in Erinnerung bleiben. Es war Ihr erstes Spiel als Chefcoach beim SV Wacker Burghausen. Hand aufs Herz: Wie nervös waren Sie vor dem 1:0-Heimerfolg gegen die SpVgg Greuther Fürth II?
Robert Berg: Ich bin jedes Mal maximal nervös. Man ist zwar schon lange dabei, aber es war trotzdem eine besondere Situation. Es war schön zu sehen, wie alle bis zum Schluss Gas gegeben haben, da muss man der Mannschaft ein riesen Kompliment machen.

In den ersten neun Liga-Partien der laufenden Saison hat der SVW – noch unter Hannes Sigurdsson – gerade einmal sieben Punkte geholt. Mit Ihnen als Hauptverantwortlicher waren’s in 13 Begegnungen 18 Zähler. Wie ist es Ihnen gelungen, die Trendwende herbeizuführen, beziehungsweise was haben Sie verändert?
Berg: Wir haben davor nicht direkt schlecht gespielt. Manche Partien sind unglücklich verlaufen, aber wir haben auch viele Einladungen verteilt und vielleicht auch zu naiv agiert. Deshalb haben wir an ein paar Stellschrauben gedreht. Die Basis ist einfach eine stabile Defensive. In dieser Liga geht nicht viel über Ballbesitz, stattdessen sind Defensive, Umschaltspiel und Standards entscheidend. Uns war klar, dass darauf der Fokus liegen sollte. Das ist uns auch gelungen, wir haben viel weniger zugelassen. Wir wollen auf Sicht schon wieder aktiver spielen, aber letztendlich hilft dir das nichts, das Ergebnis ist am Ende das Wichtigste. Wenn die Ergebnisse passen, kehrt das Selbstvertrauen zurück.

Es hat sogar so gut funktioniert, dass Sie in den letzten vier Duellen vor der Winterpause acht Punkte geholt haben – unter anderem gab’s Siege gegen die in der Tabelle weiter oben angesiedelten Aubstadt und Illertissen. Hätten Sie am liebsten noch weitergespielt oder sind Sie froh über die Pause?
Berg: Wir sind zuletzt auf dem Zahnfleisch dahergekrochen – wie andere Mannschaften auch. Natürlich hätten wir nach den guten Ergebnissen gerne direkt noch einen draufgelegt, aber es ist kein Wunschkonzert. Es ist gut, dass jetzt Pause ist und wir uns neu aufstellen können.

Zurück zu Ihren ersten Monaten bei Wacker. Sie sind – zunächst – als Co-Trainer an der Seite von Hannes Sigurdsson verpflichtet worden. Wie war der erste Eindruck von Team und Verein?
Berg: Von Beginn an sehr positiv. Ich bin von allen – egal ob Spieler oder Verantwortliche – super aufgenommen worden. Der Mannschaftsgeist und Zusammenhalt haben mich sofort begeistert. Wir haben super Rahmenbedingungen, trainieren fünfmal die Woche. Die Fans, die Tradition, die Voraussetzungen – hier ist alles optimal, es ist so viel drin für den Verein. Was von Anfang an nicht gepasst hat, waren leider die Ergebnisse.

„Habe mich über das Vertrauen gefreut“

...die dann letztendlich dazu geführt haben, dass Sigurdsson gehen musste und Sie befördert wurden. Drastisch formuliert, ist es eigentlich für Ihre Karriere positiv gelaufen.
Berg: Es war natürlich nicht mein Ziel, dass es schlecht läuft und ich dann übernehmen kann. Ich kann über das Trainerteam von damals kein schlechtes Wort verlieren, wir haben gut zusammengearbeitet. Was die schlechten Ergebnisse betrifft, möchte ich mich auch nicht rausnehmen, auf keinen Fall. Es ist dann halt so gelaufen, wie es oft im Fußball ist. Natürlich hat es mich gefreut, dass ich das Vertrauen bekommen habe. Ich habe mit Hannes offen kommuniziert, er hat verstanden, dass ich die Chance nutzen muss. Vom Zeitpunkt her war es nicht einfach, als Cheftrainer zu übernehmen – wegen des Programms und der personellen Situation. Es hätte auch schief gehen können. Wenn du die ersten vier, fünf Spiele verlierst, bist du direkt verbrannt. Von dem her ist es dann ergebnistechnisch ganz ordentlich gelaufen. Wir haben uns gefestigt und konnten mit einem guten Gefühl in die Winterpause gehen. Auch mit meinem „Co“ Muhamed Mehmedovic und Torwart-Trainer Michael Endlmaier bin ich sehr zufrieden und hoffe, mit ihnen langfristig zusammenarbeiten zu können.

Apropos personelle Situation: 14 Spieler haben den Verein im Sommer verlassen. Sie sind mit einem überschaubaren Kader von 19 Mann in die Saison gestartet. Beim Blick auf eine lange, kräftezehrende Regionalliga-Runde, in der man mit Verletzungen und Sperren rechnen muss – hatten Sie selbst die Befürchtung, dass es schwierig werden könnte?
Berg: Ich bin relativ spät während der Vorbereitung dazugekommen, deshalb war es zunächst schwer für mich einzuschätzen. Es war ja auch so, dass vor Saisonbeginn potenzielle Transfers, Top-Spieler, abgesagt haben, weil dann doch noch finanzkräftigere Vereine dazwischengefunkt haben. Im ersten Spiel hat sich dann Sebastian Niedermayer direkt verletzt – und etwas später auch noch weitere Spieler. Während der Saison hat man mit dem ein oder anderen Neuzugang reagiert, was positiv ist. Wir haben uns, was die Tabelle betrifft, gut herausgearbeitet, trotzdem ist es immer noch eine knappe Situation. Die Tabelle lügt nach so vielen Spieltagen nicht. Wir wissen, dass wir da noch nachlegen müssen.

Neuzugänge? „Ja definitiv“



Das heißt, es wird auf jeden Fall Neuzugänge in der Winterpause geben? Wie ist da der aktuelle Stand?
Berg: Ja, definitiv, wir müssen zugreifen. Wir brauchen mehr Torgefahr und einen breiteren Kader. Mit Verletzungen muss man immer rechnen, außerdem sind ein paar Spieler gelb-gefährdet. Wir sind aktuell mit möglichen Neuzugängen in Gesprächen. Im Winter ist es natürlich nicht einfach, gute Spieler zu bekommen, die uns weiterhelfen können. Ich hoffe, dass da bald der erste Schritt gemacht werden kann. Ich kann definitiv sagen, dass alles Mögliche unternommen wird. Aber auch die Spieler, die bereits im Kader sind, müssen etwas zulegen.

Wie sieht es mit den verletzten Spielern aus, wird da der ein oder andere zeitnah zurückkommen?
Berg: Bei Thomas Winklbauer, der ja wegen seiner Verletzung am Syndesmoseband operiert werden musste, läuft die Reha nach Plan. Es ist alles wunderbar verheilt. Da sieht es gut aus, dass er zum Trainingsauftakt voll auf dem Platz sein kann. Sebastian Niedermayer (Knorpelverletzung, d. Red.) und Edin Hyseni (Kreuzbandriss, d. Red.) fallen ja bis Saisonende aus. Moritz Sommerauer hat die ein oder andere Baustelle, operiert werden musste er nicht. Bei ihm ist es aber unwahrscheinlicher als bei Thommy, dass er am 21. Januar voll einsatzbereit ist. Es wäre natürlich wichtig für uns, dass es beide schaffen.

Moritz Sommerauer und Thomas Winklbauer gehören genauso wie unter anderem Kapitän Christoph Schulz, Andrija Bosnjak oder Felix Bachschmid zu den Säulen der Mannschaft, die zum Teil schon einige Zeit beim SVW sind. Wie wichtig sind solche Spieler fürs Team?
Berg: Sie sind sportlich wie menschlich in allen Bereichen top. Auch wenn zum Beispiel Christoph in der ersten Hälfte der Saison nicht so gut war, wie er eigentlich könnte. Das gehört auch mal dazu. Insgesamt gehen diese Spieler voran, sie steuern die Mannschaft und haben dazu noch ein hohes sportliches Niveau.

NLZ-Spieler früher heranführen

Thema Nachwuchs: Mit Brajan Begotaraj, Artur Andreichyk, Tobias Duxner und Emin Salispahic sind im Sommer vier Spieler aus dem Wacker-Nachwuchsleistungszentrum ins Team gestoßen. Wie hat sich das Quartett bisher geschlagen?
Berg: Das sind super Typen, die hart an sich arbeiten. Artur hat ja schon viele Einsätze bekommen, fast schon zu viele. Er ist in allen Belangen vorbildlich. Auch Tobias und Emin machen es gut. Brajan hatte es mit dem Syndesmosebandriss etwas schwieriger, er muss aber auch körperlich zulegen. Talent alleine bringt in der Regionalliga nichts. Insgesamt muss bei uns in Zukunft das Ziel sein, dass die Spieler früher an die Regionalliga heranführt werden und nicht erst am Ende der Saison, wenn sie aus dem Jugendbereich herauskommen. Damit sie sich schon etwas an das Niveau gewöhnen und trotzdem noch genug Spielpraxis in der U19 haben. Nur ins Training zu gehen und keine Einsatzzeiten zu bekommen, ist schwierig. Wir wollen jetzt auch im Winter schauen, dass man den ein oder anderen dazunimmt. So kann man die jungen Spieler auch länger beobachten und sehen, ob es für sie reicht – oder eben nicht.

Am 21. Januar ist der offizielle Trainingsauftakt. Vor der Saison wurde noch vom Erreichen der DFB-Pokal-Qualifikation als mittelfristiges Ziel gesprochen, was derzeit in weite Ferne gerückt ist. Das aktuelle Hauptziel kann ja nur Klassenerhalt heißen?
Berg: Richtig, wir müssen jetzt erstmal schauen, dass wir die Klasse fixieren – was wir auch schaffen werden. Der DFB-Pokal spielt da derzeit keine Rolle. Trotzdem muss man parallel auch langfristig planen. Der Anspruch von Burghausen und auch von mir ist, in absehbarer Zeit wieder vorne in der Liga mitzuspielen. Aber Zielsetzung und Kaderqualität müssen zusammenpassen. Wir brauchen in der Breite und Spitze Verstärkung, dann ist es auch leichter, dass man den eigenen jungen Spielern mehr Spielzeit geben kann. Wir sind auf einem guten Weg. Andreas Huber (Geschäftsführer, d. Red.) und Karl Heinz Fenk (Sportlicher Leiter, d. Red.) geben alles, da wäre Kritik fehl am Platz. Ich glaube, dass wir langfristig wieder Erfolge haben werden, kurzfristig müssen wir den Klassenerhalt sichern.

Das erste Liga-Spiel der Frühjahrsrunde ist ausgerechnet zuhause gegen den TSV Buchbach, der aktuell die rote Laterne trägt. Was sagen Sie zur Situation bei den Rot-Weißen?
Berg: Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen. Ich denke aber, dass es unglücklich gelaufen ist. Der Kader ist bei weitem nicht so schlecht, wie man aufgrund der Tabellensituation meinen könnte. Ich glaube, dass sie den Klassenerhalt schaffen. Es wäre schön, wenn beide Mannschaften auch in der nächsten Saison noch in der Regionalliga spielen. Man muss abwarten, Buchbach wird im Winter sicher personell noch was machen. Da können wir uns auf was einstellen. Aber wir spielen daheim und wollen natürlich gewinnen und gut in die Frühjahrsrunde starten – egal, wie der Gegner heißt.

Sie haben mit dem Engagement beim SV Wacker ein großes Ziel erreicht, was erhoffen Sie sich persönlich für die Zukunft?
Berg: Ja, es war ein großes Ziel, aber ich kann nicht sagen, dass ich jetzt alles erreicht habe. Es ist erst dann wertvoll, wenn es langfristig gut läuft, wenn man sportliche Erfolge feiert und die Mannschaft weiterbringt. Ich möchte auf jeden Fall so lange wie möglich in Burghausen bleiben.

Wacker Winterfahrplan



Nach der Weihnachtspause starten die Fußballer des SV Wacker Burghausen mit individuellen Trainingsplänen. Dazu kommen zweimal die Woche Videotrainings. Offizieller Auftakt ist am 21. Januar. Vor dem ersten Liga-Spiel gegen den TSV Buchbach am 2. März um 14 Uhr in der Wacker-Arena stehen folgende Testduelle an, die voraussichtlich alle in Burghausen stattfinden werden: 27. Januar TSV 1860 Rosenheim (Landesliga), 3. Februar SV Erlbach (Bayernliga), 9. Februar SV Ried (2. Liga Österreich), 17. Februar SV Heimstetten (Bayernliga), 24. Februar SV Schalding-Heining (Regionalliga). Letztere Partie könnte eventuell abgesagt werden, falls der SVS die aufgrund des Wintereinbruchs verschobene Begegnung des 22. Spieltags vor dem offiziellen Start der Frühjahrsrunde austrägt.