Abgang im Oktober 2021
Ohne Keller in den Keller: Mit dem Geschäftsführer hat Jahn Regensburg auch der Erfolg verlassen

21.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:33 Uhr

Umjubelter Abschied vom Jahn: Christian Keller im Oktober 2021. −Foto: Puchner, dpa

Im Oktober 2021 hat Christian Keller den SSV Jahn Regensburg verlassen. Seit dem Abgang des langjährigen und erfolgreichen Geschäftsführers weist der derzeit Tabellenvorletzte der 2. Bundesliga eine erschreckende Bilanz vor. Zufall?

Es war fast schon ein wenig kitschig, das Happy End für Christian Keller beim SSV Jahn Regensburg. Nach dem 3:0 beim FC Ingolstadt lotste ihn Kapitän Benedikt Gimber in die Kurve zu den Jahnfans, die den scheidenden Geschäftsführer hochleben ließen. Gimber und Kollege bildeten einen Kreis und warfen ihren Boss in die Luft. Der frühere Regensburger Erfolgsgarant war mehr als ein Geschäftsführer. Hat mit Keller den Jahn auch der Erfolg verlassen? Die nackten Zahlen bejahen das deutlich.

Die Bilanz nach seinem Weggang, nach dem 31. Oktober 2021, liest sich erschreckend. Alles reiner Zufall? Viel spricht dagegen. Die Ausbeute des Jahn, seitdem sich der nun beim Bundesligisten in Köln aktive Geschäftsführer nach achteinhalb Jahren in der Oberpfalz verabschiedete, ist katastrophal. In den 43 Zweitliga-Spielen der Nach-Keller-Ära holten die Regensburger schwache 35 Punkte. Das macht einen Schnitt von 0,81 Zählern pro Partie. Das ist die Ausbeute eines Absteigers. In der Vorsaison zehrte der Jahn von dem üppigen Speck, den er sich in der Vorrunde angefuttert hatte. Ansonsten wäre es in die 3. Liga gegangen. Das Torverhältnis in den Spielen ohne Keller ist unterirdisch. 44:75.

Keller war beim Jahn Mann für alles



Beim Jahn war Keller der Mann für alles. Ob Finanzen oder Sportliches: Alles lief über ihn. Für Trainer Mersad Selimbegovic, der mit ihm einst die Philosophie des Klubs mitentwickelt hatte, war er wichtiger Sparringspartner. Er diktierte ihm zwar nicht die Aufstellung, fungierte aber als wichtiger Ideengeber. Er sah schließlich, wer sich aufdrängte und eine Chance verdient hatte. Weil er es trotz eines engen Terminkalenders regelmäßig schaffte, im Training zuzuschauen. Interessant war es dabei immer zu beobachten, wie die Spieler in Reih und Glied anstanden, um ihren Boss zu begrüßen, zu dem nicht wenige Spieler eine ganz besondere Beziehung hatten.

Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Roger Stilz brauchte Keller nicht auf der Bank zu sitzen während der Spiele. Er war auch so näher dran als der Schweizer, der eine unglückliche Figur abgab in Regensburg. Die Spieler schauten zu Keller auf, dem Mann, der die Gabe hat, mitreißende Reden halten zu können. Nachdem er nach dem Abstieg in die Regionalliga eine zweite Chance erhalten hatte, führte er den Jahn in neue Höhen. Sportlich wie finanziell. Im Oktober 2021 sah er seine Mission als erfüllt an. Er hinterließ einen Zweitligisten, der finanziell trotz Coronakrise Gewinn machte, drauf und dran war, sich in der Liga zu etablieren und ein Trainingsgelände, das endlich nach Profifußball aussieht.

Der Plan mit Nachfolger-Duo ging gnadenlos in die Hose



Nach Keller sollte es ein Duo richten. Philipp Hausner stieg zum Finanz-Geschäftsführer auf, Stilz sollte im sportlichen Bereich in Kellers Fußstapfen treten. Der Plan mit dem Schweizer ging gnadenlos in die Hose. Auf der kaufmännischen Ebene ist der Jahn weiter in der Erfolgsspur, sportlich sieht das anders aus seit Kellers Abschied.

Irgendwie passt es ins Bild, dass bei Kellers Rückkehr ins Jahnstadion auch das Glück zurückkehrte zum Jahn, der die Kölner am 30. Juli 2022 aus dem DFB-Pokal fegte und damit sein Hoch zum Saisonbeginn krönte. Es war aber von kurzer Dauer. Während Stilz zur neuen Saison die Rolle rückwärts gemacht hatte und von der Bank auf die Tribüne wechselte, gab es nun wieder Zuwachs auf der Jahn-Bank. Tobias Werner will ganz nah dran sein. Das ist er. Bei Spielen und in den Einheiten am Kaulbachweg, wo er Dauergast ist. Der Ex-Profi hat aber wenig Erfahrung vorzuweisen, was wiederum mit 37 nicht verwunderlich ist.

Offiziell seit Dezember im Amt, ist er nun gleich enorm als Krisenmanager gefordert. Einen neuen Keeper hat er geholt, den gewünschten Stürmer dagegen nicht gefunden. Diese Position zu besetzen, das war in der Vergangenheit auch oft für Keller eine große Herausforderung. Ihm erging es zu seinem Start einst ähnlich wie Werner jetzt. Viele Baustellen waren vorhanden. Keller kann den Jahn nicht mehr unterstützen, nur noch Daumen drücken.

− DK