Ein Land im Freudentaumel
Irre Szenen: Eine Million Argentinier machen die Nacht zum Tag in Buenos Aires +++ Die besten Bilder und Video

19.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:06 Uhr

In Buenos Aires kam am Abend der Autoverkehr im Zentrum wegen der Menschenmengen zum Erliegen, auch die U-Bahn stellte wegen Überfüllung den Betrieb ein. −Foto: afp

Argentinien ist zum dritten Mal Fußball-Weltmeister und Millionen Menschen jubeln in Cafés, Restaurants und auf öffentlichen Plätzen.

Am Obelisken erhellten Feuerwerkskörper noch lange den Nachthimmel von Buenos Aires, am 68 Meter hohen Steinpfeiler war das Antlitz von Lionel Messi projiziert, auf der zu beiden Seiten wegführenden Prachtstraße 9 de Julio drängte sich eine endlose Menschenmenge in Weiß und Blau gehüllt nach dem Triumph bei der Fußball-WM in Katar. Rund eine Million Fans strömten laut offiziellen Angaben auf die Straßen der Hauptstadt.

In Buenos Aires kam am Abend der Autoverkehr im Zentrum wegen der Menschenmengen zum Erliegen, auch die U-Bahn stellte wegen Überfüllung den Betrieb ein. Viele Menschen waren nach dem argentinischen Sieg in einem extrem dramatischen Finale gegen Frankreich von ihren Emotionen überwältigt, überall flossen Tränen. „Ich kann fast nicht sprechen, es ist so bewegend, es ist eine Freude, die lange anhalten wird“, sagte die 22-jährige Cecila Corato nach dem Triumph des Teams um Superstar Lionel Messi im Elfmeterschießen.


Hier sehen die besten Feierbilder: Ein Land flippt aus: So wild feiert Argentinien den Titel




Eine der Anlaufstellen war auch das ehemalige Haus des im November 2020 verstorbenen Idols Diego Maradona im Stadtteil Villa Devoto. Die neuen Besitzer hatten seit Turnierbeginn die Tore zum Anwesen geöffnet und damit das Heim des 1986er-Weltmeisters zur Feier-Kultstätte gemacht. Rund 300 Personen schauten auf der im Garten neben dem Pool aufgebauten Leinwand dem 4:2-Erfolg im Elfmeterschießen (3:3 n.V.) gegen Frankreich bei Grillfleisch und Bier zu.



Der Jubel nach dem Gewinn des dritten WM-Titels kannte landesweit keine Grenzen. In Lionel Messis Heimatstadt Rosario hatten sie schon seit Tagen am Monument der Nationalflagge ein 18x12 Meter großes Trikot des neuen Fußballgottes gehisst. Und auch dort sangen sie den neuen Weihnachtsschlager der nach Katar gereisten Fans: „Heiligabend naht, Weihnachten naht, wir sind alle nach Doha gekommen, um Weltmeister zu werden.“

In die Freude mischte sich auch Erleichterung darüber, dass es der argentinischen Nationalmannschaft nach 36 Jahren Wartezeit endlich wieder gelang, den Weltmeister-Titel zu erringen. „Ich bin 35, ich habe 35 Jahre auf diesen Moment in meinem Leben gewartet, ich kann es nicht glauben,“ sagte die fuballbegeisterte Soledad Palacios.

Für viele Argentinierinnen und Argentinier war die WM in Katar auch eine höchst willkommene Abwechslung von ihren alltäglichen Nöten. Das südamerikanische Land leidet unter einer massiven Wirtschaftskrise und der starken Abwertung seiner Währung. Rund 40 Prozent der 45 Millionen Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze.

„Immer gibt es ein wirtschaftliches Auf und Ab, immer ist es anstrengend, es bis ans Ende des Monats zu schaffen, aber mit dem Fußball vergisst du alles“, sagte der 25-jährige Maurer Agustín Acevedo in Buenos Aires.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gratulierte Argentinien zum Sieg und lobte die französische Mannschaft „für ihre Leistung und ihren Kampfgeist“. „Sie haben die Nation und die Fans auf der ganzen Welt begeistert“, erklärte er auf Twitter.

Sein argentinischer Kollege Alberto Fernández antwortete auf Twitter: „Sie haben uns das Spiel schwer gemacht, aber der Bessere hat gewonnen.“

− sid/dpa