Viel Arbeit für das DFB-Team
Ankunft in der Wüstenoase: Großzügiger Flick gibt nach dem Rumpel-Auftritt erstmal frei

17.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:09 Uhr

Am Donnerstag landete der DFB-Tross um Bundestrainer Hansi Flick am Flughafen in Doha. −Foto: dpa

Hansi Flick und seine „Wüstensöhne“ gingen beim herzlichen Empfang in ihrer Oase im äußersten Norden Katars mit großen Augen durch das Spalier der Hotelangestellten mit Deutschland-Fähnchen. Einige Spieler filmten begeistert die im traditionellen einheimischen Gewand gekleideten Sänger und Trommler. Nach Bezug der 70 luxuriösen Zimmer im hermetisch abgeriegelten Zulal Wellness Resort stand bei bestem Badewetter erst einmal Ausspannen auf dem Programm.

Für Oman-Held Niclas Füllkrug und Co. galt umgeben von Strand und karger Landschaft: Füße hochlegen, Akkus aufladen – der Bundestrainer gab nahe des Hafenstädtchens Al Ruwais zwei Tage frei. „Wir freuen uns, dass wir endlich in Katar und bei der Weltmeisterschaft angekommen sind. Unser Basecamp wird den Spielern gefallen“, sagte Flick nach der Ankunft um 14.12 Uhr Ortszeit, die mit zehn Begleitfahrzeugen und Blaulicht-Eskorte für den Teambus einem Staatsempfang glich. Über allem steht die Titel-Mission. „Wir wollen dort einen Spirit entwickeln, der uns durch das Turnier tragen soll - so lange wie möglich“, sagte „Quartiermeister“ Oliver Bierhoff.

Zunächst sollten „alle noch mal runter von den Füßen und auch mental runterfahren können“, meinte Flick großzügig. Am Freitag tritt zunächst DFB-Präsident Bernd Neuendorf auf und beackert das unbequeme Menschenrechtsthema, die heiße Phase der Vorbereitung auf den kniffligen WM-Start gegen Japan am 23. November beginnt am Samstag.

Die schwache Generalprobe im Oman (1:0) entfachte keine Euphorie. Flick war „nicht happy, wie wir verteidigt haben“ und mahnte: „So dürfen wir bei der WM nicht spielen! Wir müssen von der ersten Sekunde an da sein!“

Gegen den viermaligen Asienmeister „werden wir eine andere Mannschaft sehen“, versprach er - personell und was die Einstellung angeht. Das sei zwingend notwendig, betonte Kapitän Manuel Neuer: „Die größte Hürde wird das erste Spiel sein.“ 2018 wurde sie gegen Mexiko gerissen (0:1), es folgte das historische Vorrunden-Desaster.

„Wir haben etwas gutzumachen“, weiß Neuer. Das Startsignal will Flick vier Tage vor dem Auftakt geben - dann mit den zuletzt angeschlagenen Thomas Müller und Antonio Rüdiger. Die Details seines Japan-Plans kann der Chef im Trainerzimmer mit Blick auf eine riesige Lagune ausarbeiten.

Welche Rolle der Neuner Füllkrug darin spielt? „Er hat gezeigt, dass er für die WM bereit ist“, lobte Flick den Bremer Torschützen, „man hat seinen Zug gespürt“. Darf sich der „Straßenfußballer“ (Lothar Matthäus) Hoffnungen auf die Startelf machen? „Es ist immer vorstellbar“, sagte Flick. Sein starkes Debüt sei für ihn der Beweis, dass sich „harte Arbeit auszahlt“, meinte Füllkrug: „Aber das heißt nur: noch mehr arbeiten!“

Nach dem rund 70-minütigen Flug aus Maskat und eineinhalb Stunden im Bus fand die DFB-Auswahl dafür laut Flick „beste Bedingungen“ vor. Das Quartier ist wie das legendäre „Campo Bahia“ 2014 ein wahres Refugium der Ruhe - ein krasser Kontrast zum Lärm der 80 Minuten entfernten Großstadt Doha, wo die meisten anderen Teams logieren. Trainieren wird die Nationalelf im Stadion des Erstligisten Al Shamal SC, das von einer roten Burgmauer umgeben ist und zwölf Minuten entfernt liegt.

Woran Flick dort arbeiten will? „Wir brauchen mehr Körperlichkeit“, sagte er, gegen die zähen Japaner erwarte er „eine andere Zweikampfhärte. Eins-gegen-eins-Situationen so einfach herzuschenken, darf nicht passieren.“

In seiner Startelf sind wohl noch drei Plätze offen: Hinten links muss Flick zwischen David Raum und Christian Günter entscheiden, im Mittelfeld kämpfen Ilkay Gündogan und Leon Goretzka um den Platz neben Wortführer Joshua Kimmich, ganz vorne „Fülle“ und Kai Havertz.

„Der Trainer hat die Qual der Wahl“, sagte Neuer, „nicht nur die Bayern-Spieler sind in guter Verfassung.“ Youssoufa Moukoko erwies sich bei seinem Debüt noch nicht als Verstärkung. „Alles wunderbar“, beschwichtigte Flick und erbat für den 17-Jährigen „die Zeit, die er braucht“.

Aus Maskat wurde die DFB-Delegation mit Applaus und „Champion“-Rufen verabschiedet. Reicht es zum großen Wurf? „Wenn wir jedes Spiel 1:0 gewinnen“, sagte Jonas Hofmann, „sind wir Weltmeister. Und da wird es Fußball-Deutschland nicht jucken, ob wir Scheiße spielen.“

− sid