Selbst schuld?
Wie der FC Ingolstadt seine solide Ausgangslage aus der Hand gab

18.04.2024 | Stand 18.04.2024, 19:29 Uhr

Ganz bittere Niederlage: Gegen das abgeschlagene Schlusslicht SC Freiburg II verlor der FC Ingolstadt um Torjäger Jannik Mause im eigenen Stadion mit 2:3 – und das trotz zwischenzeitlicher Führung. Foto: Bösl

Der FC Ingolstadt im Jahr 2024? Ein Spiegelbild des April-Wetters. Da ist mal ein Ausschlag nach oben, dann wiederum ein Ausschlag nach unten, aber vor allem eines: Unbeständigkeit.



Das nervt Fans, Spieler und Offizielle der Schanzer zusehends. Vor allem mit Blick in den Rückspiegel: Platz fünf zum Jahreswechsel (ein Zähler Rückstand auf Rang drei) und Bilder wie von Trainer Michael Köllner, der seinen gesperrten Verteidiger Ryan Malone nach dem 2:1-Heimsieg gegen Dynamo Dresden vor Freude beinahe kaputt rüttelte, nährten rund um den 20. Geburtstag des Klubs den Traum von der Rückkehr in die 2. Bundesliga.

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Die Schanzer brachen aber ein, holten seither nur noch sieben Punkte in neun Spielen und verpassen den Aufstieg damit erneut deutlich. Wurde die sehr solide Ausgangslage leichtfertig verschenkt, wurde der FCI (46 Punkte) benachteiligt oder ist diese Mannschaft einfach nicht besser? Eine Analyse anhand vier ausgewählter Spiele der vergangenen Wochen.

• 1:3 bei 1860 München (25. Spieltag): Vom Sieg gegen Dynamo beflügelt und aufgrund der Ergebnisse der Konkurrenz unter Druck wollen die Schanzer zu schnell zu viel. Köllners taktischer Kniff, Kapitän Lukas Fröde als alleinigen Sechser zu stellen und Felix Keidel offensiv hinter den Spitzen agieren zu lassen, geht nicht auf und erweist sich überdies als zu risikoreich. Grobe individuelle Schnitzer (Moritz Seiffert vor dem 0:1 und Marius Funks Eigentor zum 0:2) tun ihr Übriges zur Schanzer Niederlage im oberbayerischen Duell dazu.
Fazit: Eine Niederlage der Kategorie „Absolut vermeidbar“.

• 2:3 gegen den SC Freiburg II (26.): Ein Heimspiel gegen das schon Mitte Februar abgeschlagene Schlusslicht – eine Pflichtaufgabe für einen vermeintlichen Aufstiegskandidaten. Die Schanzer hören den Warnschuss durch das frühe 0:1 und drehen die Partie noch vor der Pause durch Sebastian Grönning und Jannik Mause auf 2:1. Dann erweist Bryang Kayo seiner Mannschaft einen Bärendienst: Der bereits für einen Wechsel vorgesehene Offensivmann lässt sich zu einem dämlichen taktischen Foul hinreißen und sieht Gelb-Rot. Auch in Unterzahl hat der FCI gegen völlig ideenlose Freiburger alles im Griff – bis zum Ausgleich in der 89. Minute. Danach überdrehen die Gastgeber, rennen in der Nachspielzeit kopflos nach vorne und kassieren sogar noch den dritten Treffer.

Fazit: Eine Niederlage der Kategorie „Darf in dieser Form niemals passieren“.

• 1:3 gegen Viktoria Köln (28.): Der FCI scheint sich nach einem soliden 0:0 beim SSV Ulm vielleicht gerade noch rechtzeitig zu berappeln. Gegen Köln reichen aber selbst gute erste 60 Minuten und die Führung durch Maximilian Dittgens Elfmeter nicht. Leonidas Exuzidis nimmt an einem schwarzen Schanzer Sonntag entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Partie: In der ersten Halbzeit stellt der Schiedsrichter Fröde mit einer sehr diskutablen Roten Karte vom Platz. Selbst in Unterzahl sind die Schanzer den Rheinländern zunächst überlegen, ehe Exuzidis ein klares Foul an Mause übersieht, in dessen Nachgang Köln zum 1:1 ausgleicht. Der FCI verliert daraufhin die Linie und am Ende das Spiel.

Fazit: Eine Niederlage der Kategorie „Ärgerlich und ungerecht“.



• 1:1 beim SSV Jahn Regensburg (29.): Im Duell beim kriselnden Spitzenreiter zeigen die Schanzer vor 1100 mitgereisten Fans einen ihrer besseren Auftritte in der bisherigen Rückrunde. Mit ein wenig mehr Kaltschnäuzigkeit wäre gegen sichtlich nervöse Oberpfälzer mehr drin gewesen als die Führung durch Kayos Premierentreffer. So bleibt das Donauderby aber offen, und weil der FCI bei einer Ecke im Tiefschlaf ist, gelingt Regensburgs Benedikt Saller per Traumtor der Ausgleich – und selbst die kühnsten FCI-Optimisten müssen bereits Anfang März ihre Aufstiegsfantasien ad acta legen.

Fazit: Ein Remis der Kategorie „Gefühlte Niederlage“.

GESAMTFAZIT

So unterschiedlich die Niederlagen und Punktverluste entstanden und so bitter die Pleite gegen Köln war: Dass der FCI in seiner Verfolgerrolle versagte, liegt zuvorderst an den Schanzern selbst. Die Fehlerliste (individuelle Aussetzer, mangelnde taktische Disziplin und ausbleibender Killerinstinkt) ist eigentlich viel zu umfangreich, um ein Spitzenteam zu sein. Umso bitterer: Mit nur sechs bis sieben Punkten mehr, die trotz aller Fehler durchaus möglich gewesen wären, lägen die Schanzer noch aussichtsreich im Rennen um den Relegationsrang (derzeit Dresden, 55).