Triste Aussichten beim Traditionsclub
Fans geraten aneinander, Investor Ismaik wird beschimpft: 1860 München versinkt im Chaos

27.11.2023 | Stand 27.11.2023, 10:14 Uhr

Dass Hasan Ismaik bei vielen Fans von 1860 alles andere als beliebt ist, ist kein Geheimnis. Doch die Beleidigung des Investors als Schwein stellt eine neue Eskalationsstufe dar. − Foto: Imago Images

Beleidigende Transparente, Zoff unter den eigenen Fans: Es passt zur aktuellen Situation des TSV 1860 München, dass es auf den Rängen des Grünwalder Stadions fast spektakulärer zuging als auf dem Platz. Die 0:1-Derbyniederlage gegen die SpVgg Unterhaching vervollständigte dann auch noch sportlich das trübe Gesamtbild, das der Verein derzeit abgibt.




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Irgendwann im Laufe der zweiten Halbzeit hatte der Schneefall im Münchner Süden eingesetzt. Und zumindest ein bisschen wirkte es so, als könnten die weißen Flocken für kurze Zeit alles überdecken: das immer unansehnlicher werdende Treiben der beiden Teams beim sogenannten S-Bahn-Derby auf dem Rasen, die beleidigenden Plakate der Löwen-Ultras in der Westkurve, die Reaktionen anderer Fans darauf und damit auch die Eskalation, die sich von der Führungsebene immer mehr auf das gesamte Umfeld des Klubs zu übertragen scheint.

„Wir Fans sind der Verein!“

„Kein Manager, kein Trainer, kein Kreditgeber, keine Sponsoren sind größer als unser Verein!“, stand – im höflicheren Teil – auf dem Transparent, das zu Beginn der zweiten Halbzeit zum Vorschein kam. Dann wurde es unappetitlicher: „Hasan Ismaik, du Schwein, eure Erpressungen und Klagen kriegen uns nicht klein! Denn wir Fans sind der Verein!“ Andere Löwen-Anhänger positionierten sich dagegen. Es soll daraufhin an mehreren Stellen zu Auseinandersetzungen innerhalb der eigenen Blöcke gekommen sein.

Auslöser für die nächste Eskalationsstufe auf Führungsebene war die Entscheidung, den Vertrag mit Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer nicht über das Saisonende hinaus zu verlängern – was ein feiner Unterschied zur „Kündigung“ sei, wie Präsident Robert Reisinger in der „SZ“ erklärte. So oder so wird Pfeifer den Klub spätestens im Sommer verlassen. Zum einen habe es Bereiche gegeben, in denen die KGaA laut Reisinger „in den vergangenen Jahren nicht zu den Ergebnissen gekommen ist, die wir uns als Verein wünschen“. Am meisten zum Verhängnis wurde dem scheidenden Geschäftsführer aber offenbar seine vermeintliche Nähe zur Investoren-Seite. In der Halbzeit des Derbys wehrte sich Pfeifer: „Hier ist es immer so, dass du einer Seite zugeordnet wirst. Das ist bei mir aber nicht der Fall“, sagte er im Interview mit dem „BR“. Sein großes Ziel sei stets gewesen, „die Arbeitsebene und die politischen Themen, die 1860 nicht guttun, außen vor zu lassen“.

Machtkampf im Löwen-Tor noch nicht entschieden

Zumindest vorerst ist dieser Machtkampf (der weitere nach sich ziehen dürfte) entschieden, was für einen anderen noch nicht gilt: nämlich den im Löwen-Tor. Gegen Unterhaching stand, entgegen Trainer Maurizio Jacobaccis Ankündigung von vor ein paar Wochen, David Richter zwischen den Pfosten. Er habe der siegreichen Mannschaft aus Saarbrücken das Vertrauen schenken wollen, meinte Jacobacci. Hinzu kam wohl auch, dass Marco Hiller beim Gegentreffer in Pipinsried nicht glücklich aussah.

Das Ärgerliche aus Löwen-Sicht: Der Rest der Mannschaft, die (bis auf Leroy Kwadwo, der für Niklas Lang spielte) genau so in Saarbrücken gewonnen hatte, konnte kaum an den guten Auswärtsauftritt anknüpfen. Zwar hatte Manfred Starke schon nach 30 Sekunden einen ersten Warnschuss abgegeben, plötzlich lagen aber die Gäste nach Vorarbeit des Ex-Löwen Sebastian Maier und Kopfball des Ex-Löwen Mathias Fetsch in Führung (21.).

Resultat enttäuschend

„Wir haben viel Gutes gemacht, umso enttäuschender ist das Resultat“, bilanzierte Jacobacci. Denn an diesem änderte sich nichts mehr, obwohl die Sechziger noch die wohl beste Möglichkeit in Form eines zweifelhaften Elfmeters serviert bekamen. Morris Schröter war im Strafraum leicht gestoßen worden, scheiterte dann selbst an Haching-Keeper René Vollath (62.). Als 1860-Verteidiger Michael Glück noch Gelb-Rot sah (65.), ging bei den Münchnern erst recht nicht mehr viel zusammen. „Es war ein bitterer Tag für uns, weil es eine unnötige Niederlage war“, meinte Jacobacci. Eine Analyse, die man genauso wohl auf alle anderen Geschehnisse rund um den TSV 1860 anlegen konnte.

− mgb