Duelle gegen Real und Co.
Ein Ex-Jahnler bei den Saudis: Robert Kilin und seine Future Falcons

05.03.2024 | Stand 05.03.2024, 13:58 Uhr

Überraschung: Coach Robert Kilin (l.) und sein Team gewannen im Februar gegen Real Madrid. Foto: Kilin

Wenn Robert Kilin die Arbeitsbedingungen, die er einst beim Fußball-Drittligisten SSV Jahn Regensburg vorfand, mit denen vergleicht, die er nun unter seinem aktuellen Arbeitgeber hat, dann muss er schmunzeln. In Salou, südlich von Barcelona gelegen, herrschen vergleichsweise paradiesische Bedingungen vor.



„Mit der U17, die damals in der Bundesliga spielte, mussten wir im Winter um den Westbadweiher herumlaufen, weil wir keinen Platz hatten“, erinnert sich der 49-Jährige, der 2012/13 als Nachwuchskoordinator beim Jahn wirkte, an schwierige Rahmenbedingungen. An Natur- oder Kunstrasen mangelt es Kilin nun nicht mehr. Im Dezember 2023 hat er sich einen Traumjob beim saudischen Fußballverband geangelt. Die Future Falcons tanzen nun nach seiner Pfeife. „Das sind die Jungs aus der zweiten und dritten Reihe, nicht die Nationalmannschaft“, betont Kilin.

Duelle gegen Real, Juve und Co.



Seine U19 misst sich aber mit den Großen. Die Saudis haben ein eigenes Turnierformat auf die Beine gestellt. Benfica, Real, Fenerbahe, Monaco, Juventus: Auch mit Blick auf die Gegner wird geklotzt und nicht gekleckert. In jeder der vier Gruppen mischt Kilins Truppe mit. Damit sie jede Woche eine Partie haben. Heimspiele werden in Spanien ausgetragen. „Die Intention dabei ist, gegen mehrere Fußballkulturen zu spielen“, erklärt Kilin, dessen Team schon für die eine oder andere Überraschung gesorgt hat − und zum Beispiel Real Madrid mit 2:1 geschlagen hat. „Ich habe am Sonntag unterschrieben und am Dienstag dann gleich gegen Benfica gespielt“, blickt Kilin auf ereignisreiche Tage zurück. Über Kontakte sei er letztlich bei den Saudis gelandet. „Ihr Trainer ist spontan in die erste bosnische Liga gewechselt. Dann haben sie schnell einen Nachfolger gebraucht. Einen Coach mit Pro-Lizenz. Einen, der Erfahrung mit Auswahlmannschaften hat. Und die hat Kilin. „Ich habe in mehreren Verbänden gearbeitet, Nationalteams trainiert. Von daher hat es perfekt gepasst“, sagt der Deutsch-Rumäne. Kilin war zuvor schon als Coach der ungarischen U21 aktiv, zudem im griechischen Piräus. Und vor seinem Engagement bei den Saudis wirkte er in Litauen – als Coach der U17 und Co-Trainer der A-Nationalmannschaft.

Darum ging es beim Jahn zu Ende



Glücklich war er dort aber zuletzt nicht mehr. „Wenn ich merke, dass es immer weniger um Inhalte geht und stattdessen Intrigen und Diskussionen gibt, dann ist das nichts für mich. Egal auf welchem Niveau und egal, wie viel Geld ich dabei verdiene“, sagt Kilin, der ein Freund offener Worte ist. Das war auch in Regensburg schon so, wo er unter erschwerten Bedingungen aktiv war und dennoch bereits die Zusage als NLZ erhalten hatte. „Das war damals eine harte Zeit für mich. Als Christian Keller kam und von einem neuen Konzept redete, ohne zuvor jemals mit mir gesprochen zu haben, habe ich den Präsidenten um eine Vertragsauflösung gebeten.“

Dass das Fußballgeschäft zehn Jahre später nicht weniger schnelllebig ist, das weiß Kilin. „Wir müssen hellwach sein in Europa“, warnt er. „Ob das Saudis, Asiaten oder Amerikaner sind: Die holen alle mächtig auf“, unterstreicht Kilin, der kein Fan davon ist, Nachwuchsspieler in ein taktisches Korsett zu zwängen, indem man fordert, dass dasselbe System wie bei den Profis gespielt werden müsse.

Während des Ramadans in Dubai



Das Engagement bei den Saudis dürfte auch für ihn persönlich finanziell nicht uninteressant sein. Er betont aber: „Über Jahre hinweg habe ich mein Leben so organisiert, dass ich nicht unbedingt jeden Job machen muss“, sagt Kilin, der vor 20 Jahren die Deutsch-Tschechische-Fußballschule gegründet hat. Und so genießt er seine neue Herausforderung. Egal, wie lange die gehen mag.

Vom sonnigen Spanien geht es für Kilin und Anhang nun ins sonnige Dubai. Sein Team verbringt den Fastenmonat Ramadan dort. Trainiert wird dort erst um 21 Uhr, wenn dann auch wieder gegessen und getrunken werden darf. Der Durst der aufstrebenden Saudis, die beim Asien-Cup im Achtelfinale erst im Elfmeterschießen gegen Südkorea das Nachsehen hatten, ist ńnoch lange nicht gestillt. 2034 steigt die WM dahoam. Vielleicht mischt dort ja dann auch einer von Kilins einstigen Schützlingen mit.