„Persönlich sehr weiterentwickelt“
Der Rottaler Simon Dorfner (18) lernt in Unterhaching Licht und Schatten des Profi-Fußballs kennen

28.08.2023 | Stand 25.10.2023, 10:57 Uhr

Im Dezember unterschrieb der Pfarrkirchner Simon Dorfner einen Vertrag bei der Spvgg Unterhaching. Das Arbeits- und Ausbildungspapier gilt bis Sommer 2024. −Foto: Imago Images

Er lebt seinen Traum vom Profi-Fußball und sein Präsident hält große Stücke auf ihn: Simon Dorfner (18) aus Pfarrkirchen ist beim Drittligisten Spvgg Unterhaching angekommen, gehört mittlerweile zum Profi-Kader. Doch seine ersten Monate bei den Münchner Vorstädtern haben ihm gezeigt: In der Welt eines jungen Profi-Kickers scheint nicht immer die Sonne, sondern es gibt auch die dunklen Momente.

„Ich merke, dass ich mich in diesem halben Jahr in Haching persönlich sehr weiterentwickelt habe“, sagt der 18-Jährige. Und mit dem Tore schießen soll‘s bei Dorfner auch noch klappen, jedenfalls hat Kult-Präsident Manni Schwabl dafür ein Geheimrezept.

Zu Beginn des Jahres wechselte der Rottaler zur Spielvereinigung. Ein Grund dafür: Bei seinen Teams der TuS Pfarrkirchen traf er die Kiste fast nach Belieben, in der U19-Bezirksoberliga traf er in zehn Spielen 30 mal die Bude, spätestens diese Quote machte die Hachinger auf das Stürmer-Talent aus dem Rottal aufmerksam. Dorfner unterschrieb im Dezember einen Vertrag bis Sommer 2024, alles eitel Sonnenschein.

Eine ganz neue Situation für den Familienmenschen



Doch seine ersten Tage in der Fremde hatten mit der scheinbar schillernden Glitzerwelt eines Profi-Fußballers nun rein gar nichts gemein. „Ich bin ein Familienmensch und dann sitze ich da einsam in einem Zimmer“, erinnert sich der Pfarrkirchner. Hinzu kommt: Die ersten Trainings-Einheiten sind anstrengend, Dorfners Körper kennt diese Belastungen nicht. Am Knie macht eine Sehnenreizung Probleme, der Oberschenkel zwickt – es läuft nicht beim mit großen Ambitionen gestarteten jungen Goalgetter. Der Boden der Profi-Realität ist hart, sehr hart.

Hinzu kommt: Bei der TuS hatte der Stürmer einen anderen Status, „in Unterhaching bin ich einer von vielen“. Damit muss der 18-Jährige ebenso umgehen wie mit dem Kühlschrank, den jetzt nicht mehr die Mutter füllt, sondern der junge Herr selbst. Dorfner lebt in einer Wohnung der Spvgg, anfangs zusammen mit zwei anderen, derzeit nur mit einem Fußballer, der auch von Großem träumt. „Das ist jetzt keine richtige WG wie bei Studenten, jeder hat sein eigenes Zimmer – und jeder ist da mehr oder weniger für sich.“ Gemeinsam kochen oder abends stundenlang in der Küche quatschen – is’ nicht.

Zu sehr ist Dorfners Tag auch getaktet, denn der Gymnasiast bereitet sich mit externen Lehrern auf das Abi vor, im nächsten Jahr wird er an seiner Pfarrkirchner Schule zu den Prüfungen „auflaufen“. Und das heißt: Morgens Training, mittags lernen, nachmittags vielleicht noch mal Training, dann Regeneration, abends einkaufen, lernen und dann schlafen. „Da bleibt nicht viel Zeit“, resümiert Simon Dorfner, der seit Dezember vergangenen Jahres mit Marlene liiert ist, die wie seine Eltern im Rottal wohnt. Die Fernbeziehung funktioniert, „wir waren auch schon mal eine Woche gemeinsam unterwegs, das war sehr schön“.

Doch in seinem Leben steht der Fußball momentan auf Platz 1 – und da lernte Dorfner einen tollen Typen kennen: Hachings Ex-Coach Sandro Wagner. „Das war für mich absolut krass, dieser Mensch hat vor ein paar Jahren noch mit meinem Idol Arjen Robben in einer Mannschaft zusammengespielt – und dann ist das mein Trainer, surreal.“ Der junge Rottaler schwärmt geradezu von Sandro Wagner und dessen Aura. „Das ist eine Persönlichkeit und das ist ein Riese, da schaust du hoch, da hast du Respekt.“

Aura von Sandro Wagner fasziniert den Rottaler



Andererseits begeisterte den 18-Jährigen, wie der Ex-Bayern-Stürmer mit seinen Eleven umgeht. So begrüßt Wagner den verletzten Angreifer einst mit den Worten: „Simon, du bist eine brutale Maschine, das wird wieder.“ Da musste sich der Rottaler kurz schütteln: „Solche Worte machen etwas mit dir, das hat mich den ganzen Tag bewegt.“ Vom Fußball-Fachmann, der jetzt beim DFB arbeitet, lernte er auch eins: „Begrüße nie den Co-Trainer zuerst, sondern immer erst den Trainer.“ Klingt wenig aufregend, doch die Wagnersche Lebensschule hat beim jungen Rottaler Spuren hinterlassen. „Das sind vielleicht nur kleine Dinge, aber die merke ich mir – alle.“

Nun, Wagner ist weg, sein Nachfolger heißt Marc Unterberger, der Dorfner von den Transfer-Gesprächen kennt. Der 18-Jährige gehört zum Profi-Kader, 34 Hachinger Fußballer trainieren da zusammen, 20 gehören dem Kader für ein Spiel in der 3. Liga an, die anderen gehen in der Landesliga Südwest auf Punkte- und Torejagd. Noch hat es nicht für einen Kaderplatz für ein Match gegen 1860 München, Jahn Regensburg oder Arminia Bielefeld gereicht – „es wäre brutal, wenn ich diese Saison ein Spiel machen könnte“.

Fünf Spiele in der Landesliga stehen derweil für Dorfner zu Buche, bislang noch ohne Tor. „Mir fehlt Selbstvertrauen“, sagt der Vollblut-Angreifer – echte Stürmer wissen, was das bedeutet und wie sehr dies an einer Offensiv-Seele nagen kann, wenn das Runde einfach nichts ins Eckige will.

Doch Hachings Präsident Manni Schwabl ist da nicht angst und bange: „Simon weiß, wo das Tor steht, aber er macht sich noch zu viele Gedanken.“ Und: „Aber er bekommt von uns alle Zeit der Welt.“ Das sind doch beste Aussichten für einen jungen Mann, dem bewusst war, dass der Schritt aus einer familiären Wohlfühloase eine teils einsame Fremde „schwierig wird. Dennoch bin ich der Spvgg Unterhaching extrem dankbar für diese große Chance“.

Manni Schwabl: Der ist noch zu brav



Simon Dorfner will seinen Vertrag erfüllen, sich beim Drittligisten durchsetzen. „Der Junge hat absolut Entwicklungspotenzial, ist aber noch zu brav“, sagt Präsident Schwabl, der aber sicher ist: „Den kriegen wir hin, ich geh’ mit ihm mal ein Weißbier trinken so wie es der Augenthaler mit mir bei Bayern gemacht hat.“

Der Rottaler freut sich schon auf die Einladung, „ich trink dann aber einen Spezi oder Wasser“, sagt der Sportler, der seinen Traum vom Profi-Fußballer ohne Alkohol lebt. Und der gelernt hat, auf seinen Körper zu achten. „Nach jedem Training geh' ich in die Sauna und die Eistonne, ausreichend Regeneration ist einfach wichtig.“ Dazu gehören für Simon Dorfner auch acht Stunden Schlaf pro Tag, verschlafen will er seinen Einsatz beim Drittligisten indes nicht – er ist voll da.