Die Stimmung schwankt
1860 München: Löwen gewinnen dank Verler Eigentor erneut – doch im Umfeld des Klubs bleibt es unruhig

01.10.2023 | Stand 01.10.2023, 16:47 Uhr

Die Flanke von Tim Rieder leitete das 1860-Siegtor gegen den SC Verl ein. Foto: Imago Images

Mit dem 1:0 (1:0) gegen den SC Verl siegen die Münchner Löwen ihre internen Zwistigkeiten vorerst beiseite. Sogar Platz drei ist plötzlich wieder nur zwei Punkte entfernt. In der allgemeinen Wiesn-Jubelstimmung bleiben aber auch weiterhin kritische Botschaften.

Der Adressat war recht eindeutig. „Sechzig ist Tradition, das hast du nie begriffen, mach dei Arbeit, sonst hat sich’s ausgepfiffen“, stand auf dem Banner, das Sechzig-Fans in der Westkurve etwa um die 60. Minute des Heimspiels gegen Verl präsentierten. Die offene Kritik an Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer bezog sich wohl vor allem auf dessen Schilderung vom Vortag, inzwischen rechtliche Schritte gegen ein Fanportal wegen eines kritischen (und nach Ansicht des Vereins unwahren) Textes eingeleitet zu haben.

Vereinfacht gesagt geht es darum, ob 1860-Funktionäre den Kader im Sommer mit unprofessionellen und womöglich auch nicht ganz sauberen Mitteln zusammengestellt haben. Nicht alle Fans sind bei dieser Frage derselben Überzeugung wie Pfeifer und Trainer Maurizio Jacobacci, die die Vorwürfe am Freitag noch einmal deutlich („unrecht und gelogen“) dementiert hatten.
Vielleicht auch deshalb fiel Pfeifers und Jacobaccis Jubel nach dem 1:0 gegen Verl, so der Eindruck, noch ein bisschen intensiver aus als nach anderen Siegen. Klar, zum einen war da der Erfolg an sich, der nach dem 2:0 in Halle ein wichtiger nächster Schritt war. Hinzu kam aber wohl auch Genugtuung, frei nach dem Motto: Kritische Fragen rund um den Kader (ob berechtigt oder nicht) erübrigen sich schneller, wenn dieser überzeugt.

„Nach zuvor vier Niederlagen so herauszukommen, das braucht Qualität“, frohlockte Jacobacci, der anfügte: „Wir sind zuletzt enorm gewachsen, was Mentalität anbelangt.“ Womöglich war der Jubel aber auch deshalb so intensiv: Weil die Löwen Verl in dieser (vereinspolitisch) schwierigen Saisonphase beim einzigen Wiesn-Heimspiel nicht mit großer Leichtigkeit aus dem Stadion schossen, sondern weil sie sich den Sieg mit viel Einsatz und großem Willen, wie Jacobacci sagte, vor allem „erarbeiteten“.

Nicht einmal das einzige Tor schossen die offensiv eher zurückhaltenden Gastgeber selbst. Doch dass der Verler Torge Paetow den Ball zum 1:0 ablenkte (40.), nachdem Sechzigs Tim Rieder ihn voller Überzeugung nach innen gebracht hatte, sprach ja auch irgendwie für diese Einstellung. Kilian Ludewig – einer von drei Neuen im Team, nachdem unter anderem die Halle-Matchwinner Morris Schröter und Julian Guttau kurzfristig passen mussten –, hatte dann noch die Top-Chance auf das 2:0 (61.).
Defensiv hatte Jacobacci seiner Mannschaft mit auf den Weg gegeben, das Tor zu verteidigen, „wie wenn es die eigene Familie wäre“. Das klappte dann auch weitgehend. Und als es einmal doch noch schiefzugehen schien, wurde der Verler Ausgleich (zurecht) wegen Abseits aberkannt (76.). Am Ende hatte es im ausverkauften Grünwalder Stadion fast wieder den Schein einer heilen Löwen-Welt – in der es allerdings nach wie vor sehr viele Unstimmigkeiten gibt.

DK