Ist der BVB reif für den Meistertitel?
Glosse zu Söders „Doof“-Vergleich: Wenn Fußball-Millionäre nicht Gras fressen

22.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:15 Uhr

Kratzen, beißen, Gras fressen: Das sind die Tugenden jedes Fußballers. Foto: Imago Images

Im Sport gibt es zwei wiederkehrende Fragen – einmal die an den Sieger, und dann die an alle Unterlegenen: Wie fühlt es sich an? Und: Woran hat es gelegen. dass es nicht geklappt hat?

In Deckung gehen müssen Sportler, wenn eine ganz spezielle Gattung an Fragen auftaucht: die Charakterfrage! Wenn die von den Oberschlauen Loddars, Didis, Marios und Effes dieser Fußballwelt gestellt wird, ist das natürlich halb so wild. Aber wenn der eigene Trainer mit der Charakterfrage ums Eck kommt, heißt es die Ohrwascheln anzulegen – dann rollen vielleicht bald (sprichwörtlich natürlich) Spielerköpfe. Wie bei Manchester United, das hochkant aus der Europa League geflogen ist (0:3 beim FC Sevilla). „Es geht nicht um spielerische Fähigkeiten, sondern um den Charakter, um Gelassenheit, Lust und Leidenschaft“, leitete United-Trainer Erik ten Hag die Charakterfrage ein. „Sie hatten mehr Siegeswillen, und das kann nicht sein. Ich denke, das ist inakzeptabel.“ Kratzen, beißen, Gras fressen: Das muss sogar jeder Millionär leisten.

Streng zu unterscheiden von der Charakterfrage ist übrigens die Intelligenzfrage. Die Taktik mit einer abkippenden Sechs muss jetzt nicht jeder Fußballprofi auf dem Niveau einer Doktorarbeit in allen Variationen unfallfrei erklären können – wenn er es mit dem ganzen Gras im Mund überhaupt verständlich machen könnte. Kritisch wird die Intelligenzfrage aber, wenn es um den Titelgewinn geht. „Die Dortmunder sind eigentlich fast zu doof, um deutscher Meister zu werden“, ließ nun ein Mann verlauten, dessen gesamter Heimatklub sich als „Depp“ eine unerreichte Sachkenntnis in der Materie des intelligenten Handelns erworben hat.

Wieder sind wir bei Markus Söder aus Nürnberg gelandet, der den FC Bayern auch in dieser Bundesliga-Saison wieder ganz oben sieht; trotz der großen Turbulenzen im Umfeld. Söder drückt den Münchnern als Franko-Bajuware die Daumen – wenn er denn eine Hand frei hat und nicht Selfies aufnimmt, wie am Mittwoch beim Champions-League-Aus der Landeshauptstädter tatsächlich auch wieder auf der Tribüne. Das wäre übrigens die Opportunistenfrage, die aber ein anderes Thema ist.

Zurück zur Charakterfrage, die auch Söder behandelte: „Weniger Frisuren, weniger Fashion, weniger Drumherum“, riet er den Bayern-Millionären mit landesväterlicher Weisheit. Seinen „Doof“-Spruch hängen sich die Dortmunder bestimmt als Motivationshilfe in den Kabinentrakt. Und am Ende fragen wir dann: Woran hat’s gelegen?