Heimstärke nutzen
„Vielleicht fahren wir mit dem Rad nach Surheim“: Reichenhall-Coach Wegscheider zieht „Halbzeit“-Bilanz

12.10.2023 | Stand 12.10.2023, 9:00 Uhr
Hans-Joachim Bittner

TSV-Coach Michael Wegscheider kann mit dem bisherigen Verlauf in der Kreisliga 2 seiner Reichenhaller nicht zur Gänze zufrieden sein. „Wir kriegen das hin“, verspricht er jedoch zum Thema Auswärtsschwäche.  − Foto: bit

Die abgedroschene Weisheit, dass das zweite Jahr für einen Aufsteiger stets das schwierigere ist, bewahrheitet sich beim TSV Bad Reichenhall aktuell auf durchaus bittere Art und Weise in der Fußball-Kreisliga 2: Nach dem Aufstieg 2022 und dem starken 4. Platz in der Vorsaison rangiert die Kurstadt-Truppe aktuell nur auf Rang 11. Nach überzeugenden Heimauftritten mit drei Siegen und zwei Unentschieden läuft die Saison beileibe nicht rund. Der Knackpunkt: Eine eklatante Auswärtsschwäche. Die Heimatzeitung hat kurz vor dem Hinrunden-Finale mit TSV-Coach Michael Wegscheider gesprochen. Der 41-Jährige übernahm am 5. Spieltag das Ruder von Andi Strasser. Die Bilanz des Wahl-Pidingers bislang: Drei Siege, ein Remis, drei Niederlagen. Der rote Faden: Einem Dreier folgte jüngst stets ein Nuller, ein regelrechtes Auf und Ab also.

Herr Wegscheider, in der Heimtabelle Vierter, in der Auswärtsreihung Letzter – das Problem Ihrer Mannschaft scheint offensichtlich…
Michael Wegscheider: So blöd es vielleicht klingt, doch wir brauchen auswärts einfach mal das nötige Glück. Wir sind meist nicht die schlechtere Mannschaft – Ausnahme das 0:3 in der Schönau –, verlieren jedoch trotzdem. Nehmen wir unsere katastrophale 2:3-Niederlage in Buchbach: Dort hatten wir mehrfach die Chance zum Siegtreffer, stattdessen bekommen wir in der Nachspielzeit das Gegentor. Der Knoten muss platzen, damit der Kopf von diesem Dilemma der fehlenden Abgebrühtheit vor dem Tor frei wird. Dann wird es auch auswärts funktionieren. Daheim klappt‘s ja sehr gut, mit zuletzt einmal drei und einmal vier Treffern.

Zweimal kassierte Ihr Team auswärts das entscheidende Gegentor in der Nachspielzeit. Es scheint schwer zu sein, der Mannschaft zu vermitteln, die Bälle ab der 90. Minute einfach nur noch hinten rauszuhauen.
Wegscheider: Das Problem ist, dass man erst mal in Ballbesitz kommen muss. Zuletzt in Tüßling – übrigens die beste Mannschaft, gegen die wir, seit ich hier bin, gespielt haben – waren wir zu langsam am Mann und haben nicht energisch genug reagiert. Und dann fällt dir halt so ein blödes Ding hinten rein. Wir haben allerdings auch schon zweimal, gegen Inzell/Weißbach und Anger, in der absoluten Schlussphase jeweils ein Tor erzielt und noch die entsprechenden Punkte geholt.

Erst in knapp zwei Wochen steht das nächste Auswärtsspiel auf dem Programm: Sie sind zu Gast in Surheim, an das Sie gute Erinnerungen haben, mit zwei Toren im entscheidenden Spiel um den Kreisliga-Aufstieg 2011.
Wegscheider: Vielleicht fahren wir mit dem Rad dorthin, damit wir nicht ins Auto steigen müssen und sich das aktuell ungute Auswärtsgefühl erst gar nicht aufbauen kann (er lacht). Nein, im Ernst: Diese Auswärtsschwäche ist reine Kopfsache. Wir werden das hinkriegen.

In der Spielzeit 2022/23 herrschte durch den Aufstieg zuvor eine spürbare Euphorie. Wie viel ist davon aktuell noch übrig?
Wegscheider: Vor der vergangenen Saison kamen einige starke Fußballer dazu, als zusätzlicher Aufschwung. Die Trainingsbeteiligung ist nach wie vor top, mit immer rund 30 Leuten. Die Zweite zieht ebenfalls voll mit, das hatte ich andernorts nicht immer. Die Euphorie ist schon noch da, aber gerade die jungen Spieler lassen nach Niederlagen zu stark den Kopf hängen...

... und der Coach ist als Psychologe gefragt?
Wegscheider: Ja, so ist es heute mehr denn je. Wir dürfen einfach nicht in ein Loch fallen, wenn wir verlieren.

Ein Problem ist möglicherweise der ständige personelle Wechsel in Ihrer Startelf – durch Urlaube, Verletzungen, Krankheiten, private Termine?
Wegscheider: Nein. Gegen Mehring musste ich das Team extrem stark umbauen – und wir gewinnen gegen einen starken Gegner 4:0. Weil alles perfekt funktioniert hat. Wir haben 15 bis 16 Fußballer mit einem sehr guten Niveau, also kommen auch von der Bank stets Spieler mit Qualität.

Der FC Hammerau kommt nun am Samstag, 14. Oktober, 14 Uhr, zum Derby ins Nonner Stadion. Der „Club“ steht lediglich drei Punkte besser da.
Wegscheider: Es ist ein Derby, es kommen viele Zuschauer, die Emotionen steigen dabei von ganz allein. Letztlich ist es für uns am Ende allerdings ein ganz normales Spiel, das wir natürlich gewinnen wollen – gerade daheim.