Eingleisig, zweigleisig?
„Müssen diskutieren“: DSC-Prokurist Stefan Liebergesell bringt Oberliga-Reform ins Spiel

29.02.2024 | Stand 29.02.2024, 10:36 Uhr
Roland Rappel

Rund 1800 Zuschauer hat der Deggendorfer in dieser Saison im Schnitt bei Heimspielen, der zweitbeste Wert der Oberliga Süd. − Foto: Helmut Müller

Einen Lagebericht zum Deggendorfer SC und der Eishockey-Oberliga hat DSC-Prokurist Stefan Liebergesell (30) im Podcast des Vereins „Pass, Schuss, Tor!“ abgegeben. Wir haben drängende Themen zusammengefasst.

Wie fällt das Fazit des DSC zur Hauptrunde aus?


Nach 48 Spieltagen steht der DSC auf Platz 3, hat sich das Heimrecht in der ersten Playoff-Runde souverän gesichert. Das Ziel wurde somit frühzeitig erreicht. Dennoch merkt Stefan Liebergesell an, dass es ihn „immens wurmt, dass wir den zweiten Platz hergeben mussten“. Nach bärenstarken Leistungen in Oktober, November und Dezember stolperte das Team von Trainer Jiri Ehrenberger im Januar und Februar in ein Formtief. „Aber man kann keinem einen Vorwurf machen“, betont der Prokurist, der als Grund dafür die ellenlange Verletztenliste anführt: „Wenn man über Wochen permanent Leistungsträger und Führungsspieler“ ersetzen müsse, sei es logisch, dass ein Leistungseinbruch folge. Mit einem halbwegs vollen Kader wäre der DSC am Ende auf Platz 2 gelandet, davon ist Liebergesell überzeugt.

Wieso hat der DSC nicht mehr Spieler nachverpflichtet?


Mit Marco Baßler, Martin Heinisch und Matthew Pistilli tätigten die Deggendorfer im Laufe der Hauptrunde noch drei Transfers. Nachdem etliche Spieler des ursprünglich geplanten Kaders teils monatelang verletzt ausfielen, sahen sich die Verantwortlichen immer wieder der Forderung von Fans nach mehr Transfers ausgesetzt. In diesem Zusammenhang wirbt der Prokurist um Verständnis. Es sei ein Irrglaube, dass bei einer Verletzung sofort die Krankenkasse einspringt: „Wir zahlen sechs Wochen voll, Nebenkosten wie Autos und Wohnungen laufen weiter. Jede Nachverpflichtung ist eine zusätzliche Belastung und da muss man genau abwägen, gibt der 30-Jährige Einblick in die Planungen. Zudem betont Liebergesell, dass viele Verletzungen schlichtweg Pech seien: „Lukas Miculka fällt in die Bande, Stloukals Verletzung hat Fußballern schon die Karriere gekostet. Benedikt Schopper holt sich einen Cut, der sich entzündet und zu einer Herzmuskelverletzung führt. Niklas Pill knallt in die Bande, Curtis Leinweber hat einen unverschuldeten Unfall im privaten Bereich.“

Steckt die Oberliga in einer Sackgasse?


Mindestens so spannend wie eine Playoff-Serie ist für Deggendorfer Eishockey-Fans die Zukunft der Liga. Liebergesell, einer von zwei Sprechern der Oberliga Süd, sieht dunkle Wolken am Horizont, die mit Beginn der Corona-Pandemie (2020) aufzogen. Mehrere Klubs mussten sich inzwischen aus der zweigleisigen 3. Liga zurückziehen. Andere fürchten aufgrund stark gestiegener Spielergehälter und Betriebskosten eine finanzielle Schieflage. Die Kosten zu decken ist laut Liebergesell „eine Riesennummer“, erfordere Jahr für Jahr eine Kraftanstrengung. Daher müsse man offen diskutieren, wie die Oberliga attraktiver werden kann. Der DSC-Funktionär verrät: „Die Klubs haben andere Vorstellungen als der Verband, gerade was Ligenstärke- und zusammensetzung und den Modus betrifft.“ Gegenüber Kapitalgesellschaften (z.B. DEL2) sei der DEB als Verband träge, weil es für Neuerungen eine Satzungsänderung braucht. „Die Anpassung der Wechselfrist auf 15. Februar hat beispielsweise zwei Jahre Vorlauf benötigt, weil das Thema erst auf der Mitgliederversammlung besprochen werden musste“, berichtet Liebergesell. Als Gesellschaft könnte man Anpassungen viel schneller umsetzen. „Daher gibt es unter den Klubs Überlegungen, eine Kapitalgesellschaft für die Oberliga zu gründen.“

Was spricht für, was gegen eine eingleisige 3. Liga?


Immer wieder wird darüber diskutiert, ob aus den zwei Oberligen eine 3. Liga werden soll. Liebergesell zeigt sich dem nicht abgeneigt. „Aktuell haben wir einen Etat von 1,7 bis 1,8 Millionen Euro. Davon machen die Reisekosten zwischen 30000 und 40000 Euro aus. Sind Reisekosten von rund 60000 Euro, wenn man in den Norden fahren müsste, entscheidend?“ fragt der Prokurist: „Das ist immer ein Totschlagargument. Das Interesse an Gegnern, die auf einem Level spielen, ist einfach höher als Gegner mit kleinen Budgets, die man seit Jahren kennt.“ Den DSC-Verantwortlichen störe die Verschlossenheit an dem Thema: „Man sollte sich ergebnisoffen an den Tisch setzen und diskutieren, und mal kalkulieren, was möglich wäre. Ich versuche aktuell eine Zwischenlösung ins Gespräch zu bringen: Vielleicht verzahnt man schon früher mit dem Norden, sodass man eine Lösung für die Topclubs, aber auch die kleineren Vereine findet.“ Denn für Aufsteiger sei die Liga weiterhin unattraktiv: „Vor allem die Berufsgenossenschaft schreckt die Vereine ab“, ist sich Liebergesell sicher, denn mehr Berufsspieler führen automatisch zu höheren Abgaben.

Was muss ein Klub wie der DSC machen, um konkurrenzfähig zu bleiben?


Grundsätzlich ist man beim Deggendorfer SC, der den viertbesten Zuschauerschnitt aller 25 Oberligisten in der laufenden Saison hat (1801), „sehr glücklich“ mit dem Status quo. Im „Süden“ hat lediglich Memmingenmehr Zuschauer regelmäßig im Stadion (im Schnitt 2027). Dennoch müsse man immer neue Ideen entwickeln, „damit dein Produkt attraktiv produziert wird“, betont Liebergesell. In Sachen Sponsoring, Fans und Außendarstellungen könnten die Drittligisten „viel mehr machen“, meint der 30-Jährige. Nichtsdestotrotz, ruft Liebergesell den Ursprungsgedanken der Oberliga in Erinnerung: „Wir müssen die Liga sein, die den Nachwuchs produziert. Das geht ein wenig verloren, und da gibt es Standorte, die sich vehement gegen mehr U-Stellen (Mindestzahl an Spieler, die ein gewisses Alter nicht überschreiten dürfen; Anm. d. Red.) wehren.“

− mid