Jubiläum im „Wohnzimmer“
Deggendorfer Ben Lender (37) hat mehr als 1000 Eishockey-Spiele geleitet

01.11.2022 | Stand 02.11.2022, 7:56 Uhr

Offiziell im Klub der Tausender: Ben Lender mit DSC-Prokurist Stefan Liebergesell (l.) und Manuela Gröger-Schneider, Leiterin Schiedsrichterwesen beim Deutschen Eishockey-Bund.

Von Alexander Augustin

1000 Spiele als Eishockey-Schiedsrichter: Der Deggendorfer Ben Lender (37) hat Jubiläum gefeiert – ausgerechnet im Eisstadion an der Trat. Schluss soll noch lange nicht sein.

Im Hauptberuf ist Ben Lender (37) Prüfstellenleiter beim TÜV in Deggendorf, in der Freizeit Eishockey-Schiedsrichter – der Mann aus dem Deggendorfer Stadtteil Mietraching ist praktisch, frei nach Kabarettist Willy Astor, immer der Bestimmer. Kein Raum für Entscheidungsschwierigkeiten. „Irgendwie sind die beiden Tätigkeiten schon sinnverwandt“, gibt er zu. „Ich muss Entscheidungen treffen, die meinem Gegenüber auch mal nicht so gefallen. Da braucht es Fingerspitzengefühl im Umgang miteinander. So profitiere ich im Job von der Schiedsrichterei und umgekehrt.“ Seit 1000 Partien besteht diese Wechselwirkung nun bereits. Am vorvergangenen Sonntag hat Lender, der für den ESC Vilshofen pfeift, sein Jubiläum gefeiert – ausgerechnet dort, wo ihn vor mehr als 30 Jahren die Faszination für den Sport gepackt hat: im Deggendorfer Eisstadion bei der DSC-Partie gegen Memmingen.

„Es war emotional“, sagt Lender. „Teile meiner Familie waren da, einige Spezln, das war schon etwas Besonderes.“ In den Tagen vor dem Jubiläum hat er sein bisheriges Leben fürs Eishockey reflektiert und dabei auch an seine Anfänge gedacht.

Schon mit drei Jahren kommt er zum Eishockey

„Als ich drei Jahre alt war, haben meine Eltern sich gesagt: Mei, der Bua könnte doch was machen“, erzählt Lender. Der Fußball sollte es werden, die Sportart, in der auch sein Vater jahrzehntelang als Spieler und Trainer aktiv war. „Ich habe aber das Nachmittagstraining verschlafen und dann stand ich am Abend plötzlich in der Laufschule auf dem Eis.“ Aus den ersten Schritten im Eisstadion wird schnell eine vielversprechende Jugend-Karriere beim Deggendorfer SC. Lender spielt 2005 mit 20 in der Junioren-Bundesliga und steht dann vor einer dieser Entscheidungen, die er nur vor sich selbst rechtfertigen muss. Nicht vor Spielern, Trainern, Zuschauern oder Fahrzeughaltern. Probiere ich es, als Profi irgendwo unterzukommen oder schlage ich einen anderen beruflichen Weg ein?

Ben Lender entscheidet sich für ein Studium – Mechatronik in seiner Heimatstadt – aber trotzdem nicht gegen das Eishockey. In der damaligen 1b des DSC spielt er weiter und leckt bei einem Lehrgang Blut für die Arbeit als Unparteiischer. Aus der Leidenschaft entwickelt sich über die nächsten Jahre ein ungewöhnlicher Nebenjob: „Mit den Honoraren für die Spiele habe ich mir das Studium mitfinanziert.“ Doch das ist nur ein angenehmer Nebeneffekt. Der Mietrachinger hat Spaß am Umgang mit den Spielern, am Erklären seiner Entscheidungen, die meist nicht von allen auf und neben dem Eis verstanden werden. Eines kommt ihm dabei zugute: sein Spielverständnis aus der aktiven Zeit. „Ich bin dankbar, dass die Verantwortlichen bei den Verbänden das erkannt und mich gefördert haben.“ Lender fängt als Linienrichter bei Jugendspielen an und arbeitet sich vom Landesverband hoch unter das Dach des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).

Morbus Crohn wirft ihn lange aus der Bahn

In der Saison 2015/16 darf er mit einer Förderlizenz erstmals als Linienrichter in den nationalen Ligen unterhalb der DEL2 ran. In der Folgesaison die ersten Einsätze als Hauptschiedsrichter. Und dann: Krankheit, Pause und Gedanken ans Aufhören.

Lender erkrankt an Morbus Crohn, eine chronisch-entzündliche Darmkrankheit, die den Alltag der Patienten stark einschränkt. Er muss mehrmals operiert werden, über zwei Jahre dauert es, bis er wieder auf dem Eis stehen kann. „Die Überlegungen waren da, komplett aufzuhören“, erinnert er sich. „Heute weiß ich: Es hat sich gelohnt weiterzumachen.“ Seit 2018 steht der Niederbayer wieder auf dem Eis, manchmal viermal pro Woche. Lender pfeift Jugend-, Damen und Herrenspiele.


Der Artikel ist am Samstag, 29. Oktober, im Heimatsport erschienen. Hier können Sie den gesamten Text als registrierter Abonnent nachlesen.