Karriereweg mit Hindernissen
Petra Pavuk präsentiert sich beim ERC Ingolstadt als torgefährliche Arbeiterin – Topspiel in Memmingen steht an

12.01.2024 | Stand 12.01.2024, 19:00 Uhr
Martin Wimösterer

Hat bereits 14-mal für den ERC Ingolstadt getroffen: Stürmerin Petra Pavuk. Foto: Traub

„Ich habe definitiv den härteren Weg gewählt“, sagt Petra Pavuk mit Blick auf ihre bisherige Karriere. In der Stimme der Torjägerin des ERC Ingolstadt schwingt aber keinerlei Gram mit, sondern Klarheit, Selbstbewusstsein und ein wenig Stolz.

„I did it my way“, liegt in der Luft. Doch während Sänger Frank Sinatra in dem Oldie am Ende seines Weges angekommen ist, hat die Karriere der 25-jährigen Pavuk nach zehn Jahren auf höchstem Niveau gerade erst richtig angefangen. In diesem Jahr strebt sie mit dem Meistertitel in der Frauen-Bundesliga DFEL einen weiteren Höhepunkt an.

Keine Frage, Pavuk ist ihren eigenen Weg gegangen. Während ein guter Teil der Erstligaspielerinnen in Ungarn über ein staatliches Förderprogramm de facto Profi-Athletinnen sind, setzte die Stürmerin auf eine andere Karte. Sie studierte, erst mit Bachelor-Abschluss, dann folgte der Master. In den vergangenen drei Jahren hat sie parallel auch noch Vollzeit gearbeitet. Und nicht zuletzt spielt sie auch noch Erstliga-Eishockey.

„In der vergangenen Saison hatte ich meinen großen Durchbruch“, erklärt sie. Für Budapest Jékorong Akadémia sammelte sie sechs Tore und 21 Vorlagen in 18 Partien. Sie war damit einzige Ungarin in den Top-Ten der Scorerwertung der multinationalen Spielklasse EWHL – noch vor den ganzen Profis und Nationalspielerinnen. Für Ungarns Frauen-Auswahl, und da schwebt in ihren Worten dann doch ein wenig Enttäuschung mit, ist sie bisher nicht berücksichtigt worden. Ein Grund: In ihrem Heimatland haben Arbeiterinnen und Arbeiter nur Anspruch auf 20 Urlaubstage im Jahr – allein die Vorbereitungsmaßnahmen auf die Weltmeisterschaften dauern länger. Aussichtslos für die Ungarin.

Für den ERC ist Pavuks eigener, schwierigerer Weg derweil ein Glücksfall gewesen, denn nur so war für sie nach dem Uniabschluss im Februar ein Wechsel ins Ausland überhaupt attraktiv. „Meine Bedingung war, dass ich eine Arbeitsstelle brauche“, sagt sie. Panther-Trainer Christian Sohlmann stellte im Frühjahr Kontakte her, Pavuk überzeugte dann im Vorstellungsgespräch – und stieg im Juli ein.

„Ich habe mich ganz gut in Ingolstadt eingelebt“, sagt sie. Neben dem Eistraining und den Spielen schafft sie es viermal pro Woche ins Fitnessstudio. Ansonsten ruft die Arbeit. In Ungarn hatte sie mit Besteuerung zu tun, in Ingolstadt arbeitet Pavuk als Projektmanagerin, kümmert sich um Qualitätssicherung für Software, Anforderungsmanagement und so weiter. 40 Stunden in der Woche, jeweils vor den Trainingseinheiten am Abend. Der Gang auf die Yoga-Matte ist für Pavuk darum ein festes Ritual. „Meine Schwester ist Yoga-Lehrerin, sie hat mir gezeigt, wie es geht“, erklärt Pavuk im Gespräch mit unserer Zeitung. „Yoga hilft, zu entspannen, die Muskel zu dehnen und ist hervorragend, um nach der Arbeit herunterzukommen.“

Was offenbar prima klappt: Am vergangenen Wochenende erzielte sie zwei Hattricks. Insgesamt hat sie bereits 14 Tore und zehn Assists in 15 Partien gesammelt. Pavuk führt den Erfolg auf drei Punkte zurück. Zum einen auf die Erfahrung, die ihr hilft das Spiel zu lesen. „Ich weiß meistens, wo wenig später der Puck landen wird“, sagt sie. In der Tat steht sie außerordentlich „häufig genau dort, wo sie den Pass verwerten kann“, wie Trainer Sohlmann lobend hervorhebt.

Der zweite Punkt ist die gute Chemie mit Reihenpartnerin Lea MacLeod, wozu Pavuks rundes Englisch beiträgt. „Schon in Ungarn habe ich mit Nordamerikanerinnen zusammengespielt, ich komme mit ihrem Spielstil gut klar“, erklärt sie und meint: „Die ersten 15 Spiele in Ingolstadt waren ein Genuss, wir haben Spaß zusammen.“

Und drittens helfe, dass sie zu ihrer Überraschung festgestellt hat, dass in der DFEL „99 Prozent der Spielerinnen arbeiten. Ihr Lebensstil ist somit meinem ähnlicher.“ Es herrsche damit quasi „Waffengleichheit“, anders als noch in der EWHL.

An diesem Samstag tritt der ERC nun zum Bundesliga-Spitzenspiel bei Titelverteidiger ECDC Memmingen Indians an (17.15 Uhr, Eissporthalle am Hühnerberg). Am Sonntag in einer Woche kommt es dann zum Rückspiel in der Saturn Arena (13 Uhr). Dies sind, wie man im US-Sport sagt, statement games. Spiele also, in denen man einem direkten Rivalen schon im Vorfeld der eigentlichen Meisterschaftsentscheidung eine Ansage mitgeben will. Heißt in diesem Fall: Beide Kontrahenten wollen schon vor einem möglichen Liga-Finale gegeneinander Stärke demonstrieren. Pavuk weiß: „Die Gegnerinnen sind etwas besser als wir es sonst gewöhnt sind, da muss man viel Aufwand betreiben, um zum Erfolg zu kommen.“ Ein wirkliches Problem ist das für sie nicht. „Ich freue mich richtig auf diese Begegnungen“, sagt sie. Pavuk und der harte Weg – sie kennt das ja.

DK