Starkes Comeback von Emily Nix
ERC-Stürmerin hat sich mit Zielübungen im heimischen Garten vorbereitet – Nun gegen Bergkamen

28.10.2023 | Stand 28.10.2023, 19:00 Uhr
Martin Wimösterer

Kommt nach sechs Spielen bereits auf acht Scorerpunkte: Emily Nix vom ERC Ingolstadt. Foto: Traub

Dass die Eishockey-Frauen des ERC Ingolstadt so hervorragend in die DFEL-Saison gestartet sind, das hat mit eisernem Willen und auch mit Polymeren zu tun.

Denn in Emily Nix' Garten zuhause in Hamburg liegt eine rund ein Meter mal zwei Meter große Kunststoffplatte. Und auf der brachte sich die Stürmerin im Sommer in Form. Die Beschichtung der Platte simuliert eine Eisfläche, Nix übte darauf die Puckführung – und sie zog von dort ab, schoss in ein Eishockey-Tor, immer und immer wieder. So, wie sie das drei Monate später für die Ingolstädterinnen auch unter Realbedingungen in der Bundesliga tut.

Am vergangenen Wochenende gewannen die Panther zweimal bei Vizemeister Mad Dogs Mannheim und Nix erzielte drei Tore. Sie zauberte mit der Scheibe und, ein Effekt des ausgedehnten Krafttrainings im Sommer, schoss an den Gegnerinnen vorbei wie ein Blitz. Insgesamt hat sie in sechs Partien nun vier Tore und vier Vorlagen gesammelt. Diese Leistung ist umso erstaunlicher, da die 25-Jährige zuletzt eine Spielzeit vom Eishockey ausgesetzt hatte. Nicht einmal zum Schlittschuhlaufen war sie, wie sie sagt.

Nix hat sich in dieser Phase aufs Studium konzentriert. Zuvor war sie für die Eisbären Juniors Berlin aktiv, doch die Pendelei zwischen Hamburg und Berlin kostete viel Zeit. Hinzu kam, dass sie samstags fünfstündige Testklausuren schreiben musste – dies kollidierte mit den Spieltagen. „Ich musste mich entscheiden“, erzählt sie. Die Pause war somit eine logische Wahl, da die Spielerinnen in der DFEL nicht bezahlt werden: „Die berufliche Zukunft war dann doch wichtiger“, sagt sie.

Im Mai dieses Jahres schloss Nix ihr Studium ab und arbeitet inzwischen 30-Stunden pro Woche als Diplom-Juristin in einer Kanzlei. Einerseits ein Einstieg in die Berufspraxis, andererseits auch die Möglichkeit, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen – und nebenher für den ERC Eishockey zu spielen. Zum zweiten Mal im Übrigen.

2016/17 war die Angreiferin von HV71 Jönköping – sie erhielt in Schweden keine Arbeitserlaubnis – nach Ingolstadt gewechselt. Sie blieb bis 2018 bei den Panthern und war damals schon eine Scorerin. Seinerzeit aber lebte sie weiter in Hamburg, trainierte mit den Männern der Crocodiles (und auf ihrer Polymer-Platte) – und stieß praktisch nur zu den Spielen zum Ingolstädter Team. 720 Kilometer einfach, für ihre Leidenschaft, für ihre Karriere, für das Eishockey. Heute lacht Nix darüber und erzählt von den Reisen in Auto und Zug: „Das war noch mit meiner Schwester Paula zusammen, dadurch waren die Fahrten nicht ganz so lang. Wir hatten nicht das Gefühl, dass es zu viel ist.“

Diesmal hat sich die Stürmerin in Ingolstadt eine Wohnung genommen und die Eindrücke von der Schanz sind nun ganz andere: „Damals habe ich die Stadt fast gar nicht gesehen, wir sind zu den Spielen gekommen und nachher wieder nach Hamburg gefahren. Es ist auf jeden Fall schön hier.“ Auch mit dem Team sei nun eine andere Bindung da, zwischenmenschlich und in spieltaktischen Dingen – man kenne sich nun besser.

Trainer Christian Sohlmann freut sich über die Rückkehrerin: „Wir waren sehr erfreut, als Emily wieder den Kontakt zu uns aufgenommen hat. Es ist gut für die Liga, gut für die Nationalmannschaft und extrem gut für uns, dass sie nach einem Jahr wieder da ist. Sie ist noch nicht bei 100 Prozent, aber schon wieder sehr, sehr stark und kann einen Unterschied machen in allen Bereichen."

Für diese Saison hat sich Nix vor allem zwei Ziele gesteckt. Nummer eins lautet: die Rückkehr in die Nationalmannschaft. 42 Länderspiele hat die Außenstürmerin bereits für den Deutschen Eishockey-Bund (DEB) bestritten und dabei 20 Scorerpunkte zusammengetragen. Gut möglich angesichts ihrer blendenden Form, dass sie Bundestrainer Jeff MacLeod direkt für die erste wichtige Maßnahme der Saison berufen wird: den Deutschland-Cup in Landshut (8. bis 12. November), der erstmals zusammen als Frauen- und Männerturnier ausgetragen wird.

Ziel Nummer zwei ist der DFEL-Titel. „Ich habe den DEB-Pokal gewonnen, aber ich bin noch nie Deutsche Meisterin geworden. Das ist mein Ziel und mit der Mannschaft, die wir haben, könnten wir das schaffen.“ Persönliche Ziele stellt sie da hinten an. Zumal sie sich nach dem Jahr Pause auch nicht ganz sicher war, ob sie sofort wieder reinfinden würde. Doch Nix war gut vorbereitet, trainierte „im Sommer mehr als sonst. Das hat mir geholfen. Bei den ersten Einheiten auf den Schlittschuhen war es noch etwas holprig, mittlerweile läuft es aber ganz gut“, erzählt sie.

An diesem Wochenende geht es für Nix und die Panther gegen den EC Bergkamen mit Heimspielen am Samstag (19 Uhr) und am Sonntag (13.15 Uhr) in der Saturn-Arena. „Als Mannschaft wollen wir die beiden Spiele gewinnen, ganz klar“, sagt Nix vor den Duellen mit dem Schlusslicht und warnt: „Die Bergkamenerinnen sind körperlich immer hart zu spielen.“ Das Sommertraining sollte ihr da aber dank der Krafteinheiten Robustheit gebracht haben – und dank der Polymer-Platte auch die nötige Zielgenauigkeit.

DK