Hochspannung vor DEL-Finale
„Wir lassen dich einliefern“: Riesen Hype in Bremerhaven – und Warnungen aus Berlin

16.04.2024 | Stand 16.04.2024, 14:35 Uhr

Rückzug in die zweite Reihe: Über Jahre hat Bremerhavens Manager Alfred Prey die Konkurrenz in der DEL geärgert und sich auch so in die Herzen der Pinguins-Fans gearbeitet. Ab der kommenden Saison kümmert sich der 70-Jährige im Hintergrund um Sponsoren. − Foto: Imago Images

Einen Rathausbalkon haben sie in Bremerhaven nicht. Aber das muss kein Nachteil sein, wie der Blick nach Leverkusen zeigt. „Ich finde das lustig. Also, wenn das ein Zeichen ist...“, sagt Alfred Prey, Macher des Eishockey-Märchens der Fischtown Pinguins, im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) und lacht. Für eine mögliche Meisterfeier brauche man „auch keinen“.

Was Bayer in der Fußball-Bundesliga gerade vorgemacht hat, will der Außenseiter von der Waterkant in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nachmachen: die Phalanx der Großen durchbrechen. Was im Fußball allein der FC Bayern als Serienmeister war, ist im Eishockey das Trio der Branchenführer Eisbären Berlin, Red Bull München und Adler Mannheim, die zwei- bis dreimal so viel ausgeben wie der Rest der Liga.

Seit 2014 hat kein anderer Klub mehr den DEL-Silberpokal gewonnen, jetzt schickt sich Bremerhaven, erst seit acht Jahren in der Liga, an, diese Serie zu beenden. Eine Geschichte, die auch Leon Draisaitl gefällt. „Was sie in den letzten Jahren aufgebaut haben, ist sehr bemerkenswert“, sagt der NHL-Star, „diese Storys von den Kleineren, die es so weit schaffen, lieben wir alle auf irgendeine Art und Weise.“

Und auch im Ligabüro in Neuss ist man vor dem Auftakt der Finalserie am Mittwoch (19.30 Uhr/MagentaSport) zwischen dem Hauptrundensieger und dem DEL-Rekordmeister Berlin von der „Cinderella-Story“, wie sie Geschäftsführer Gernot Tripcke nennt, angetan. „Man sieht, dass sich kontinuierliche Arbeit mit wenig Personalwechseln bei den handelnden Personen langfristig auszahlt“, sagt der Ligaboss dem SID. Die viel beschworene sportliche Ausgeglichenheit der DEL endete zuletzt regelmäßig in den Play-offs, ein kleinerer Klub als Meister könnte sie deutlich stärken.

Ganz so klein, wie sie sich jahrelang selbst machten und der eine oder andere Beobachter sie noch immer macht, sind die Pinguins aber gar nicht mehr. „Irgendwann waren auch bessere finanzielle Möglichkeiten da, um die Topspieler zu halten“, gibt Erfolgstrainer Thomas Popiesch zu. Aber natürlich kann sich Bremerhaven bei weitem nicht mit den Berlinern messen, die vom US-Milliardär Philip Anschutz alimentiert werden. Nicht von ungefähr stehen bei den Eisbären zehn Nationalspieler, davon fünf Vizeweltmeister, auf dem Eis, bei Fischtown gerade einmal vier mit zusammen 23 Länderspielen.

Berlin will in seinem 13. Finale den Titel zum zehnten Mal gewinnen und hat inzwischen acht Play-off-Serien in Folge für sich entschieden. Beim Absturz im vergangenen Jahr, als nach zwischenzeitlichem Abstiegskampf am Ende nur Platz elf zu Buche stand, hat niemand die Nerven verloren, Meistertrainer Serge Aubin blieb im Amt und meldete sich zurück. Bremerhaven, zuvor niemals über das Viertelfinale hinausgekommen, schaltete erstaunlich abgezockt Titelverteidiger München aus und kann im Finale „nicht mehr mit dem absoluten Underdog-Image kommen“, so Popiesch. Denn in der Hauptrunde gewannen die Pinguins drei vor vier Duellen und landeten vor Berlin.

Auch Kai Wissmann will von einer Außenseiterrolle für die Pinguins nichts hören. Nach Einschätzung des Berliner Vizeweltmeisters treffen „zwei super Mannschaften“ aufeinander, „die am konstantesten über die gesamte Saison waren“. Es werde „schon auf jede Kleinigkeit ankommen“. Und darauf, „weniger Fehler zu machen und die Fehler des Gegners eiskalt auszunutzen“.

„Vom Papier her müsste es eigentlich eine klare Sache für Berlin werden. Aber ich glaube, es wird eine enge Kiste“, sagt Pinguins-Manager Prey, den der Durchmarsch ins Finale selbst überraschte: „Hätte uns das vor acht Jahren jemand gesagt, hätte man gesagt, wir lassen dich einliefern.“ Der Hype in Bremerhaven ist riesig, alle Heimspiele waren blitzschnell ausverkauft.

Und wo würde denn – ohne Rathausbalkon – gefeiert? „In der ganzen Stadt“, sagt Prey. „Und da können Sie Gift drauf nehmen: Wenn das passieren würde, was ich jetzt nicht aussprechen möchte, dann würden wir dem rheinischen Karneval Konkurrenz machen.“

− sid