Phythagoras statt Pressing: Warum Wasserburgs Dominik Haas jetzt die Schuhe an den Nagel hängt

19.05.2020 | Stand 19.09.2023, 1:36 Uhr
Thomas Neumeier

Titelhamster Dominik Haas (36) hat beim Bayernligisten TSV Wasserburg seine erfolgreiche Karriere beendet. −Foto: Butzhammer

Dominik Haas steckt eigentlich voller Tatendrang. Als Realschullehrer mit den Fächern Mathematik und Sport bereitet er Jugendliche in Haag auf die mittlere Reife vor, als gereifter Fußballer führte er den TSV Wasserburg ins obere Tabellendrittel der Bayernliga Süd – und dann kam Corona und stoppte Haas gleich doppelt. Mittlerweile kann er sein Wissen zumindest in der Schule wieder weitergeben. Auf dem Platz war’s das für den 36-Jährigen: Haas hat jetzt das Ende seiner erfolgreichen Laufbahn (zweimal deutscher A-Jugend-Meister, sieben weitere Meistertitel und acht Aufstiege im Amateurbereich) verkündet, auch wegen eines angeschlagenen Nervs im Schulterblatt.

Dominik ist der mittlere von drei Buben in der Familie Haas aus Ramerberg. Leo, aktuell Trainer des Regionalligisten SV Wacker Burghausen, ist zwei Jahre älter, Matthias sechs Jahre jünger. Irgendwie führte der Weg alle drei über 1860 Rosenheim zum FC Bayern. Leo und Matthias wurden Nationalspieler, Matthias (bei den B-Junioren) und Dominik (zweimal bei den A-Junioren) holten die deutsche Meisterschaft. Heimatsport hat sich zum Karriereende mit Dominik Haas unterhalten:

Sie sind 2001 und 2002 deutscher Meister der A-Junioren geworden. Welche Erinnerungen haben Sie an ihre Zeit in der Bayern-Jugend?
Dominik Haas: Das war eine extrem positive Erfahrung. Wo man hingekommen ist, welche Turniere man gespielt hat, und gegen welche Gegner! Dazu die eigenen Mitspieler! Und die Trainer: Stephan Beckenbauer hat mich menschlich sehr beeindruckt, unter Kurt Niedermayer waren wir sehr erfolgreich. Diese Zeit hat mich geprägt: Ich bin stressresistenter geworden, das hat mir später oft geholfen.

Woran erinnern Sie sich am liebsten?
Haas: Das Spiel in Leverkusen war für mich persönlich das Highlight. Ich habe das 1:0 geschossen und das zweite Tor von Misimovic aufgelegt. Das Siegtor von Trochowski ist erst kurz vor Schluss gefallen. Ich habe nie mehr vor so einer großen Kulisse (17 900 Zuschauer, d. Red.) gespielt, da läuft es mir heute noch kalt den Buckel runter. Das war eine Sternstunde!

Ihre Mitspieler hießen unter anderem Heerwagen, Rensing, Feulner, Lahm, Misimovic, Trochowski, Ottl, Lell oder Schweinsteiger. Hat man damals schon das Talent und die Entwicklung erkennen können?
Haas: Natürlich nicht so in dem Ausmaß, dass jetzt ein Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger Weltmeister werden. Damals fand ich Misimovic und Trochowski extrem weit. Beide hätte ich ganz vorne gesehen. Immerhin sind sie ja dann auch Nationalspieler geworden.

Der Traum von der Nationalmannschaft erfüllte sich nicht – auch den von einer Profikarriere haben Sie schnell ad acta gelegt.
Haas: Nach der Jugendzeit war ich im Probetraining bei der damals drittklassigen SV Elversberg – dazu habe ich mich überreden lassen. Auf der Heimfahrt habe ich dann den Manager angerufen und abgesagt. Der hat das gar nicht glauben können. Ich bin froh, dass ich mich damals fürs Studium entschieden habe.

Sie haben den TSV Wasserburg immer wieder als "Projekt" bezeichnet. Wie weit ist das nach sechs Jahren?
Haas: Wenn man die Liga anschaut, dann bei 150 Prozent. In den ersten Jahren haben wir immer oben am Badria gespielt, die Zuschauer waren weit weg vom Spielfeld. Ich habe damals eigentlich gesagt: "Ich spiele so lange, bis wir in der Altstadt mal am Freitagabend in der Bezirksliga spielen." Die Bayernliga war ja überhaupt nicht geplant. Wasserburg war für mich eine der schönsten Zeiten, ich habe den Spaß am Fußball wiedergefunden. Und wenn man mit den Brüdern und Freunden spielen kann, dann ist das mehr wert als ein paar Euro, die man in höheren Ligen kriegt.

Sie hören jetzt mitten unter der Saison auf?
Haas: Ja, das habe ich jetzt so mit dem Verein vereinbart. Wir haben so viele junge Spieler im Kader – die können sich jetzt in den restlichen zwölf Bayernliga-Spielen bewähren. Außerdem braucht man für den Neustart eine komplett neue Vorbereitung. Davon habe ich schon so viele gemacht, das brauche ich nicht mehr.
Interview: Thomas Neumeier