Dresdner ist die wichtigste Nummer 2 der 2. Liga
"PatSeCat" Wiegers im Interview – über Chris Früchtl, Leben in Bayern und seine Reha

07.07.2021 | Stand 19.09.2023, 2:10 Uhr

Ein Sinnbild: Patrick Wiegers (rechts) hat seine Rolle als Nummer 2 im Tor der SG Dynamo Dresden angenommen. Der Deggendorfer ist Teil des Mannschaftsrats, sein Wort hat viel Gewicht bei den Sachsen. "Ich bin in mir geruht", sagt Wiegers im PNP-Interview. Das macht es ihm leicht, sich mit Stammkeeper Kevin Broll (links) über die Meisterschaft in der Dritten Liga und den Aufstieg in die 2. Bundesliga zu freuen. −Foto: imago images

Der Deggendorfer Patrick Wiegers (31), Spitzname "PatSeCat", geht bei Zweitligist SG Dynamo Dresden in sein achtes Vertragsjahr bei den Sachsen. Nach seinem Kreuzbandriss im April macht der Torhüter enorme Fortschritte, auch dank eines Plattlinger Physiotherapeuten. Wenige Tage vor seiner Abreise nach Dresden nahm Wiegers sich noch viel Zeit für die Heimatzeitung. Heraus kam ein intensives Gespräch über das vielleicht intensivste Jahr seiner Karriere, über Chance und Risiko eines Daseins als Nummer 2, seltenen Amateurfußball-Charme bei den Profis und auch über Christian Früchtl.

Sie sind ja schon gut unterwegs, Herr Wiegers! Die Reha scheint gut zu laufen?
Patrick Wiegers: Ja, für die Zeit bin ich wirklich schon sehr weit. Drei Monate ist es her, dass ich mir das Kreuzband im rechten Knie gerissen habe. Als ich bei Christian Marquardt in Plattling angekommen bin, war ich noch total auf meine Krücken angewiesen und hatte fünf Wochen Lymphdrainage hinter mir. (...) Ich bin ehrlich erstaunt, dass schon so viel geht.

Sie hätten Ihre Reha doch bestimmt auch in Dresden machen können?
Wiegers: Das stimmt schon. Aber so habe ich meine Reha mit einem Heimaturlaub mit der Familie verknüpfen können, und in Plattling habe ich optimale Bedingungen vorgefunden.



Mit Ihrer Mannschaft sind sie Meister geworden.Sie selbst sind im Tor die Nummer 2, füllen diese Rolle ganz untypisch aus: Sie sind im Mannschaftsrat, und Ihr Wort hat in Dresden viel Gewicht.
Wiegers: Dass mich das Team in den Mannschaftsrat gewählt hat, das begreife ich schon als Wertschätzung. Ich lege den Finger in die Wunde, kann aber auch mal ein Auge zudrücken. Dass das honoriert wird, macht die sportliche Situation für mich persönlich leichter, weil ich dadurch im ganzen Konstrukt eine relativ wichtige Rolle spiele. Ich bin deswegen aber nichts Besonderes. Und: Ohne Leistung funktioniert das alles nicht, weil dann wird man von den Kollegen nur schwer akzeptiert.

Wie gehen Sie mit dem Status als Nummer 2 um?
Wiegers: Zufrieden bin ich damit nicht, weil ich gern auf dem Platz stehen würde. Aber ich fühle mich privat sehr wohl, bin in mir sehr geruht. Das spielt auch hinein, damit man sich im Job wohlfühlt.

Früchtl? "Von Bayern München weg komme ich immer"

Früher war das anders, da haben Sie Jahn Regensburg verlassen, weil Ihnen die Ersatzbank drohte.
Wiegers: Genau, damals wollte ich das nicht. Auch wenn ich damit riskiert habe, im Profifußball vielleicht nicht mehr tätig zu sein – ich wollte es einfach nicht. Mit den Jahren merkt man aber, dass man trotzdem ein wichtiger Teil einer Mannschaft sein kann und nicht ständig im Mittelpunkt stehen muss.

Durch eine Klausel hat sich Ihr Vertrag nach dem Aufstieg automatisch um ein Jahr bis 2022 verlängert. Wer hat von der Option gewusst?
Wiegers: Die ganze Mannschaft. Nach meiner Verletzung habe ich eine wahnsinnige Resonanz gekriegt: "Wir machen das für Dich, Tausend Prozent für Dich", haben sie gesagt. Das hat mir die Bestätigung gegeben, dass die Mannschaft charakterlich super ist. Alles war professionell, aber in diesem Jahr nicht so kühl – obwohl wir ja genauso auf Distanz bleiben mussten. Da ist dann gefühlt der Amateurfußball im Profifußball wieder dabei: Ich komme ja nicht aus einem NLZ, ich habe den Fußball "vom Boa weg" kennengelernt, wie er halt ist am Dorf. Ich bin nicht zu einer Maschine geworden, deswegen hat mir das Menschliche gut gefallen.

Wie lange wollen Sie das noch machen, Fußballspielen?
Wiegers: So lange es mir Spaß macht, mich der Körper trägt und ich das Gefühl habe, dass ich noch mithalten kann.

Lebensmittelpunkt "hoffentlich in Bayern"

Richten wir den Blick mal kurz nach München. Christian Früchtl (21) hatte sich nach Nürnberg verleihen lassen und dort kein Spiel gemacht. Wenn Sie sich in ihn hineinversetzen, wozu würden Sie ihm raten?
Wiegers: Ich möchte Christian Früchtl, den ich persönlich nicht kenne, natürlich zu nichts raten, beantworte aber gern die Frage. Grundsätzlich tut so ein Luftwechsel jedem mal gut, daher war das sicher nicht total verkehrt. Jetzt stellt sich halt die Frage, ob ich als Torhüter mit 21 Jahren schon zwingend irgendwo im Tor stehen muss. Berater und Medien drängen junge Torhüter gern da hinein, aber ich finde: nein. Ein Torwart kann sich auch über das Training sehr gut entwickeln. Wenn ich die Möglichkeit hätte, tagtäglich mit Manuel Neuer zu trainieren, würde ich das so lange machen wie ich kann – von Bayern München weg komme ich immer.

Letzte Frage, es geht auch ein bisschen ums weg gehen: Sie sind 31, sind Papa geworden, fühlen sich in Dresden wohl, sind aber auch gern daheim in Deggendorf. Wo soll Ihr Lebensmittelpunkt sein?
Wiegers: Das Leben in Bayern ist schon ganz angenehm, deswegen möchten wir gerne hierher. Meiner Frau, sie ist ja Dresdnerin, gefällt es auch gut. Wir sind auf der Suche nach einem Baugrund, aber das gestaltet sich wie für viele gerade schwierig. Spätestens wenn unsere Kleine in die Schule kommt, soll sie ihren festen Wohnort haben – und zwar hoffentlich in Bayern.
Das Gespräch führte Sebastian Lippert. Das gesamte Interview der Woche lesen Sie in der Mittwochsausgabe Ihrer Heimatzeitung, Sport Niederbayern, oder HIER auf PNP Plus.