Stadt befürchtet Überbelegung
Kampf ums Grünwalder: Wieso die Münchner Kultstätte zum Streitobjekt werden könnte

24.01.2020 | Stand 19.09.2023, 1:27 Uhr

Münchner Wahrzeichen: Das Grünwalder Stadion. Gleich drei Vereine wollen ab Sommer hier Profi-Spiele austragen – einer zu viel, findet die Stadt, die nun nach einer Lösung suchen muss. −Foto: Sven Leifer

Die 3. Liga könnte in der kommenden Saison zur inoffiziellen Münchner Meisterschaft werden. Steigt Regionalliga-Tabellenführer Türkgücü auf (derzeit acht Punkte Vorsprung) und bleiben 1860 sowie der FC Bayern II in der Liga würden ab dem Sommer gleich drei Teams aus der Landeshauptstadt in der untersten deutschen Profi-Spielklasse antreten – eine logistische Herausforderung und ein Trilemma für die Stadt München. Einer der drei Klubs müsste sich dann wohl eine neue Spielstätte suchen.

Bayern II und die Löwen tragen ihre Spiele bereits im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße aus, zur Regionalliga-Rückrunde (ab 7. März) zieht auch Türkgücü in die Kultstätte. Schon dann wird es eng, die Zuschauerzahlen beim ehemaligen Migrantenverein sollten aber in dieser Saison überschaubar bleiben (durchschnittlich 461). In der 3. Liga mit vielen fankräftigen Traditionsvereinen wird der Besucherschnitt aber sicher vierstellig werden. Und darin sieht die Stadt München ein massives Problem: Es müsse im Interesse der Stadt sein, "den Spielbetrieb im Städtischen Stadion zu begrenzen, da künftig über 60 Spiele je Saison aus Gründen des Anwohner- und Lärmschutzes zu viel wären", schreibt ein Pressesprecher auf Anfrage der Heimatzeitung. "Zudem wäre dies organisatorisch schwierig und die Stadionqualität (unter anderem der Rasen) würde darunter leiden." Heißt im Umkehrschluss: Einer muss wohl ausziehen. Nur wer?

Beim selbst ernannten Hausherrn, dem TSV 1860 München, sieht man das Thema gelassen: "Wir werden den Lizenzantrag mit der Spielstätte Grünwalder Stadion einreichen", sagt Pressesprecher Rainer Kmeth. Bis zum 1. März müssen Vereine ihre Zulassungsunterlagen für die kommenden Saison an den Verband schicken. Darin müssen die Klubs auch verbindlich angeben, in welchem Stadions sie spielen werden. Die Löwen planen natürlich mit dem "Sechzger" und haben das beste Argument: ein fast durchgehend ausverkauftes Haus.

Bayern: "Gehen fest davon aus, dass wir auch kommende Saison im Grünwalder Stadion spielen."

Der TSV 1860 wird also ziemlich sicher nicht ausziehen. Und auch Türkgücü wird die neue Heimat nicht freiwillig aufgeben wollen. Eine Rückkehr in den bisherigen Spielort, den Sportpark Heimstetten, kommt nicht infrage. Er erfüllt die DFB-Statuten nicht. Die Bayern haben sich auf ihrem neuen Campus ein Stadion mit 2500 Plätzen gebaut. Nur: Profifußball ist auch dort zumindest im Herrenbereich nicht möglich. Ein Stadion für eine Zweitmannschaft in einer Profi-Liga muss laut DFB-Statuten mindestens 5000 Zuschauer fassen.

Bayern-Pressesprecher Dirk Hauser bestätigt, dass das Thema der dreifachen Stadionbelegung den Verein schon länger beschäftige, sagt aber: "Wir gehen fest davon aus, dass wir auch kommende Saison im Grünwalder Stadion spielen werden." Am Ende sei das ein Thema, das die Stadt zu entscheiden habe. Diese wiederum betont auf PNP-Anfrage, dass sie alleine beim FC Bayern Ausweichmöglichkeiten sehe: "Der FC Bayern verfügt mit der Allianz Arena über eine Spielstätte und könnte unter Umständen auch die Arena auf dem Campus-Gelände ertüchtigen." Es spricht also vieles dafür, dass die Bayern wohl in den sauren Apfel beißen müssten.

Türkgücü: "Wenn wir aufsteigen, werden wir in der kommenden Saison 3. Liga im Grünwalder Stadion spielen"

Während das Grünwalder Stadion vor allem für den TSV 1860 München wohl auf rund 18000 Plätze ausgebaut werden soll, liegen andere einstige Fußball-Spielstätten praktisch brach: Das Olympiastadion (keine Rasenheizung, veraltetes Flutlicht, zu wenige überdachte Sitzplätze), das Dantestadion in Gern. Letzteres könnte von 7300 auf 10000 Plätze ausgebaut und damit drittligatauglich gemacht werden – allerdings nicht auf die Schnelle. "Die Stadt geht derzeit davon aus, dass das Dantestadion die Kriterien für eine Zulassung als Spielstätte für Drittliga-Fußball nicht erfüllt", heißt es aus dem Referat für Bildung und Sport. Zur Stadion-Problematik seien Gespräche mit den Vereinen geplant.

Auf Kompromissbereitschaft braucht die Stadt dabei nicht hoffen – auch nicht von Seiten des aufstrebenden Noch-Regionalligisten Türkgücü: "Wenn wir aufsteigen, werden wir in der kommenden Saison 3. Liga im Grünwalder Stadion spielen", sagt Sportchef Robert Hettich im Gespräch mit der Heimatzeitung. "Wir sehen es als Signal der Stadt, dass wir bereits die Restrunde der Regionalliga-Saison im Grünwalder spielen dürfen." Da der FC Bayern mit der Allianz Arena ein eigenes drittligataugliches Stadion besitze, sehe er keinen Grund zur Sorge, betont Hettich. "Wir machen unsere Hausaufgaben, aber es liegt am Ende nicht unserer Hand."