Endspiel in St. Petersburg
"Jetzt handeln": Uefa soll Russen das Champions-League-Finale entziehen

22.02.2022 | Stand 19.09.2023, 3:10 Uhr

"Gazprom-Erwin": das Maskottchen von Schalke 04 im Vereinstrikot mit der Werbung des russischen Energieriesen, der nicht nur Hauptsponsor ist, sondern auch seinen Konzernsitz in St. Petersburg hat – geplanter Schauplatz des nächsten Champions-League-Endspiels. −Foto: Tschauner, dpa

Champions-League-Finale in Russland? "Beschämend." Gazprom als millionenschwerer Sponsor der Heim-EM 2024? Heikel. Angesichts der Entwicklungen in der Ostukraine fordert die deutsche Politik auch im Profisport Sanktionen, die "Russland vor allem wehtun".

Die Europäische Fußball-Union sollte Russland das Champions-League-Finale entziehen und die Kooperation mit Hauptsponsor Gazprom beenden. Dies forderten Mitglieder des Europaparlaments in Straßburg in einem am Dienstag veröffentlichten Offenen Brief an die UEFA und ihren Präsidenten Aleksander Ceferin. Die Zeiten, in denen man die Situation nur kontinuierlich beobachte, seien vorbei. "Die UEFA muss jetzt handeln", wird in dem Schreiben gefordert.

Doch der Sport tut sich (noch) schwer. "Die Uefa beobachtet die Situation ständig und genau. Wenn notwendig, wird zu gegebener Zeit eine Entscheidung getroffen", teilte die Europäische Fußball-Union (Uefa) auf Anfrage mit. Das Königsklassen-Endspiel am 28. Mai in St. Petersburg birgt eine Menge Zündstoff – und könnte beispielgebend für den künftigen Umgang mit Russland werden.

Ausgeschlossen ist eine Verlegung der Partie nach gesicherten Informationen allerdings nicht. Der Konflikt besitzt höchste Priorität in der Zentrale in Nyon – der Druck auf die Uefa steigt. Und nicht nur auf die.

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist in Alarmbereitschaft versetzt. Denn der russische Staatskonzern Gazprom zählt zu den Großsponsoren der Uefa, die auch die nächste Europameisterschaft hierzulande präsentieren werden. "Es ist eine sehr heikle Situation, die sich stündlich ändern kann und die wir natürlich alle im Blick haben", sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch der ARD-"Sportschau".

Ob er hinsichtlich des Sponsorings auf die Uefa einwirken werde? "Aktuell geht es um die Sicherung des Weltfriedens und damit um weitaus Wichtigeres als Fußball. Etwaige Folgen für den Fußball wird die Uefa gegebenenfalls kommunizieren", so Koch, der auch im Uefa-Exekutivkomitee, dem mächtigsten Gremium im europäischen Fußball, sitzt.

Russlands Einfluss auf die Welt des Profisports ist riesig. Die Nähe zu den Spitzenverbänden ist extrem, die wirtschaftliche Abhängigkeit enorm – genau deshalb wurde am Dienstag der Ruf nach harten Konsequenzen laut. Sabine Poschmann, die sportpolitische Sprecherin der SPD, hält ein Champions-League-Finale in St. Petersburg für "undenkbar. Die Uefa ist aufgefordert, das Finale in ein anderes Land zu verlegen." Wenn Russland Völkerrecht "vorsätzlich bricht", ergänzte Hartewig, "muss Russland auch mit den Konsequenzen leben."

Im Ausland sind die Diskussionen ebenso in vollem Gange. Der britische Premierminister Boris Johnson ist klar gegen St. Petersburg. "Keine Chance, Fußballturniere in einem Russland abzuhalten, das in souveräne Staaten einmarschiert", sagte er am Dienstag im Parlament in London. "In diesem kritischen Moment ist es absolut entscheidend, dass Präsident (Wladimir) Putin versteht, dass das, was er tut, eine Katastrophe für Russland bedeutet." Am Dienstag standen bei der Uefa bereits erneute Gespräche über das weitere Vorgehen an.

Seit Jahren pflegt nicht nur die Uefa eine lukrative Partnerschaft mit Gazprom. Der Energiegigant gehört in vielen Sportarten längst zu den Top-Sponsoren – im Fußball etwa für die Champions League, die EM im vergangenen Jahr oder die Nations League. Dazu sitzt in Alexander Djukow der Vorstandschef der Tochtergesellschaft Gazprom Neft im Uefa-Exekutivkomitee.

Auch das umstrittene Gazprom-Sponsoring bei Schalke 04 rückt angesichts der Entwicklungen in der Ostukraine plötzlich wieder in den Fokus. Der Zweitligist überprüft die für ihn finanziell extrem wichtige Partnerschaft mit seinem langjährigen Hauptsponsor. Man werde "die weitere Entwicklung beobachten, bewerten und nachdrücklich zum Frieden appellieren zum Schutz der von der Krise betroffenen Menschen", teilte Schalke mit.

− sid, dpa