"Nicht weniger falsch machen, sondern mehr richtig"
Immer eine Strategie im Kopf: Buchbachs Bald-Trainer Marcel Thallinger im Interview

27.02.2021 | Stand 19.09.2023, 1:59 Uhr

"Im Zweifel sollte der rationale Teil des Gehirns gegenüber dem emotionalen Teil die Oberhand gewinnen": Marcel Thallinger setzt als Trainer an der Seitenlinie eher auf Gedanken als auf Gefühle. −Foto: Archiv Geiring

Erste Station, gleich erfolgreich: Trainer Marcel Thallinger (35) hat den SSV Eggenfelden an die Bezirksliga-Spitze geführt, zur neuen Saison coacht er den TSV Buchbach. In der Regionalliga. Ein Ritterschlag für einen Rottaler Fußballer, der als Kind ganz schlecht verlieren konnte. Ein Gespräch über Leidenschaften, Laptops und lebenslanges Lernen.

Marcel Thallinger, beruflich beschäftigst Du Dich als Chemie-Laborant auch mit Geschirrspül-Tabs?
Thallinger: (lacht) Richtig, wir stellen unter anderem Zusatzstoffe für Geschirrspül-Tabs her, damit das Geschirr schneller trocknet, nachdem der Spülvorgang beendet ist – aber eigene Tabs entwickeln wir nicht.

Befasst Du Dich denn zuhause auch mit Themen wie Geschirrspüler oder ist das nicht Dein Aufgabenbereich?
Thallinger: Der Haushalt und der Geschirrspüler zählen schon hin und wieder zu meinem Aufgabenbereich (lacht), damit die Aufgabenteilung mit meiner Freundin ausgeglichen ist.

Man sagt Menschen, die im Sternzeichen des Skorpions geboren sind, ja nach, dass sie allen Dingen auf den Grund gehen wollen? Ist dem so bei Dir und empfindest Du das als Vor- oder Nachteil im Beruf, im Alltag, beim Fußball?
Thallinger: Ich beschäftige mich nicht mit Astrologie. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich detailliert arbeite und nach den Ursachen suche. Und das ist bestimmt kein Nachteil, weder im Beruf noch beim Fußball.

Wie lauten denn Deine bisherigen Stationen – und warum hast Du mit dem Fußball begonnen, es gibt ja auch viele andere schöne Sportarten?
Thallinger: Richtig, als Kind und Jugendlicher probiert man ja vieles aus. Mit dem Vereinsfußball habe ich in Hebertsfelden begonnen, dabei wollte ich zuerst gar nicht in einer Mannschaft spielen. Mir hat es gereicht, im Hof oder gegen ein Garagentor zu kicken. Der damalige Trainer der Hebertsfeldener F-Jugend, Sepp Schönhütl, wollte mich in seinem Team haben und meine Eltern haben gemeint, dass mir Mannschaftssport guttäte, damit ich lerne, zu verlieren. Denn als Kind war ich ein schlechter Verlierer.

"Wenn du als Trainer 90 Minuten an der Linie schreist, ist das eher kontraproduktiv "

Gibt’s für Dich ein Motto beim Kicken?
Thallinger: Nicht weniger falsch machen, sondern mehr richtig machen – und das gebe ich jetzt meinen Spielern mit. Das ist ein positiver Ansatz.

Wie würdest Du Dich als Fußballer beschreiben?
Thallinger: Zielstrebig, ehrgeizig und strategisch denkend.

Und körperlich immer fit?
Thallinger: Als Sechser war ich ein Antreiber und bin viele Wege gegangen. Aber das Strategische hat mir schon gelegen.

Warst Du der verlängerte Arm des Trainers auf dem Platz?
Thallinger: Das war abhängig vom Trainer. Grundsätzlich hatte ich mit fast allen ein gutes Verhältnis und habe viel mit ihnen kommuniziert. Als Führungsspieler versuchte ich schon, die Strategie des Trainers mit auf den Platz zu bringen.

Was hat Dich 2017 daran gereizt, Trainer zu werden?
Thallinger: Grundsätzlich reizt mich, eigene Ideen mit einer Mannschaft umzusetzen plus die Arbeit mit den Spielern. Gute Kommunikation und Menschenführung, das liegt mir und macht mir großen Spaß. Aber es ist auch spannend, die Entwicklung der Spieler und des Vereins mitgestalten zu dürfen.

Hast Du ein Vorbild?
Thallinger: Vorbild nicht direkt, und es ist für einen Außenstehenden auch schwer, einen Menschen zu beurteilen. Aktuell finde ich den Trainer von Leeds United, Marcelo Bielsa, ganz gut – seine Spielweise, aber auch weil er unaufgeregt in der Öffentlichkeit auftritt.

Wie viel Emotionalität darf/sollte ein Trainer an der Seitenlinie zeigen, wie lautet Deine Philosophie?
Thallinger: So viel Emotionalität, wie er mit sich selber vereinbaren kann. Es muss den Spielern einen Mehrwert bringen, das ist entscheidend. Es kommt aber auch auf die Situation im Spiel an: Brauchen die Spieler jetzt Emotionen – oder nicht? Dafür ist es wichtig, dass man sich selber reflektiert. Aber im Zweifel sollte der rationale Teil des Gehirns gegenüber dem emotionalen Teil die Oberhand gewinnen.

Hast Du es früher als Spieler gebraucht, dass der Trainer von außen einen Impuls setzt – oder anders gefragt: Hat Dich ein Trainer von außen erreicht?
Thallinger: Das kam auf den Trainer an, natürlich hat es einen Mehrwert, wenn ein Trainer konstruktive Anweisungen gibt, kurz prägnant und technisch-taktisch bezogen. Wenn du als Trainer 90 Minuten an der Linie schreist, ist das eher kontraproduktiv und der Spieler schaltet irgendwann ab – aber solche Trainer hatte ich nie.

Das Gespräch führte Michael Scherer. Das gesamte Interview lesen Sie in der Samstagsausgabe Ihrer Heimatzeitung, Heimatsport Rottal-Inn, oder nach kostenloser Registrierung hier auf PNP Plus.