Erste Pleite seit einer Ewigkeit
Hoffenheim schenkt Bayern viermal ein: Keine Flick-Kritik für müde Münchner

27.09.2020 | Stand 19.09.2023, 1:47 Uhr

Jubel in blau: Hoffenheim servierte die Bayern mit 4:1 ab. −Foto: dpa

Bayern-Trainer Hansi Flick zog nach dem Abpfiff seine dunkelblaue Jacke an, schritt ohne sichtbare Emotion zu Sebastian Hoeneß und gab seinem Kontrahenten zur Gratulation eine kurze Umarmung. Das 1:4 (1:2) des müden "Quadruple"-Gewinners aus München bei der TSG Hoffenheim, die erste Pflichtspiel-Pleite des Rekordmeisters seit fast zehn Monaten, hatte den erfolgsverwöhnten Coach offenbar nicht wirklich überrascht.

"Es war ja klar, dass wir irgendwann verlieren. Wir haken dieses Spiel ab und vertrauen immer noch in unsere Stärke", sagte Flick durchaus gelassen, nachdem seine Stars abgekämpft den Platz verlassen hatten. Die Supercup-Strapazen rund um das kräftezehrende 2:1 nach Verlängerung gegen den FC Sevilla in Budapest nur drei Tage zuvor hatten die Bayern in Kombination mit einem Defensiv-Desaster in die Knie gezwungen.

Ermin Bicakcic (16.), Munas Dabbur (24.) und Doppelpacker Andrej Kramaric (77./90.+2, Foulelfmeter) waren für Hoffenheim erfolgreich. Nur Joshua Kimmich (36.) traf für die Münchner, die so die erste Pflichtspiel-Niederlage seit dem 1:2 bei Borussia Mönchengladbach am 7. Dezember 2019 kassierten. Seitdem hatten die Bayern 32 Partien in Folge nicht verloren, in den zurückliegenden 23 Begegnungen waren die Münchner immer als Sieger vom Platz gegangen.

Kritisieren wollte Flick seine Profis nicht: "Von der Einsatzbereitschaft und dem Willen kann ich der Mannschaft überhaupt keinen Vorwurf machen. Die Mentalität nach den 120 Minute von Donnerstag war top." Das Programm für den FC Bayern bleibt heftig – bereits am Mittwoch steht der nationale Supercup gegen Borussia Dortmund an.

Die von Hoeneß perfekt eingestellten Hoffenheimer nahmen München gar die Tabellenführung ab. "Die Tabelle bedeutet gar nichts, ehrlich gesagt", betonte der frühere Coach der Bayern-Amateure: "Wir nehmen die Freude mit, aber wir müssen das einordnen." TSG-Sportchef Alexander Rosen kündigte indes überglücklich bei Sky an, sich nach diesem "geschichtsträchtigen Spiel" durchaus "ein kleines Schlückchen" zu gönnen.

Flick hatte bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte zunächst auf Stürmerstar Robert Lewandowski verzichtet. Anstelle des Polen, der zunächst auf der Reservebank saß, lief der Niederländer Joshua Zirkzee von Beginn an auf.

Vor 6030 zugelassenen Zuschauern in der Rhein-Neckar-Arena bestimmten die Gäste, die Ende Februar das von Zuschauer-Beleidigungen gegen den Hoffenheimer Mehrheitseigner Dietmar Hopp überschattete Spiel in Sinsheim 6:0 gewonnen hatten, zunächst das Geschehen, wurden dann aber kalt erwischt.

Nach einer Ecke von Dennis Geiger traf Bicakcic per Kopf. Wenig später nutzte Dabbur den Aussetzer des französischen Weltmeisters Benjamin Pavard und baute den Hoffenheimer Vorsprung aus.

Als Reaktion auf den Zwei-Tore-Rückstand riskierten die Bayern frühzeitig sehr viel und entblößten die Abwehr. Den Kraichgauern boten sich so gute Konterchancen. Den Treffer markierte allerdings Kimmich.

Auch danach ging es hoch her. Zu Beginn des zweiten Durchgangs war es Dabbur, der innerhalb weniger Sekunden zwei Großchancen liegen ließ (51.). Auf der Gegenseite konnte Zirkzee nicht vollstrecken (57.). Wenige Sekunden später wurde er durch Lewandowski ersetzt.

Obwohl die Bayern auf den Ausgleich drängten, war den Münchnern die Müdigkeit anzumerken. Völlig ungewohnt fehlte die Durchschlagkraft in der Offensive, die entscheidenden Pässe kamen oft nicht an. Top-Torjäger Kramaric machte mit seinem vierten und fünften Saisontor den Deckel drauf - den Schlusspunkt setzte er nach einem von Nationaltorwart Manuel Neuer verschuldeten Foulelfmeter.

− sid