Die Bayern und ihr Kader: Rummenigge spricht vom CL-Titel, Kovac macht Druck auf die Bosse

09.07.2019 | Stand 19.09.2023, 1:08 Uhr

Gut gelaunt präsentierte sich Nico Kovac am Dienstag bei einer Pressekonferenz – doch mit seinem Kader ist der Coach noch nicht zufrieden. −Foto: dpa

Noch kein konkurrenzfähiger Kader, aber schon die allergrößten Ziele: Kaum hatte die Vorbereitung bei Bayern München begonnen, legte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Messlatte für Trainer Niko Kovac ganz hoch.

"Dieser Klub lechzt nach der Champions League", sagte Rummenigge im neuen Bundesliga-Sonderheft von Sport1. Er habe "den Eindruck, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, diese Trophäe zu gewinnen. Trotzdem: Die Anstrengung Champions League ist immer wieder die "Benchmark" und das hat weltweit natürlich eine wahnsinnige Ausstrahlung."

Der Druck auf Kovac ist nach dem Double der vergangenen Saison von Beginn an entsprechend hoch. Doch der 47-Jährige weiß um die Ansprüche beim Rekordmeister. "Wir wollen das Double verteidigen und in der Champions League besser abschneiden als letztes Jahr", sagte Kovac am Dienstag.

Der Titel in der Königsklasse sei dabei "natürlich das Ziel", führte Kovac weiter aus. Gleichzeitig bremste er aber die Erwartungen. "Es wird immer schwieriger. Wir müssen gegen Staaten ankämpfen, gegen Milliardäre." Vielen Konkurrenten stehe "viel mehr Geld zur Verfügung". Und außerdem: Nach den drei Landesmeistertiteln 1974, 1975 und 1976 habe es für die Bayern in 43 Jahren auch nur zweimal auf Europas Thron gereicht.

Rummenigge, nicht als größter Kovac-Fan bekannt, forderte vom Trainer aber nicht nur weitere Titel, sondern diesen auch in aller Deutlichkeit auf, die Münchner Fußball-Philosophie zu pflegen. "Ich glaube erstmal, dass sich ein Trainer der Spielkultur eines Klubs anpassen muss - und nicht umgekehrt. Am Ende des Tages muss es ein Bayern-System geben, wie es ein Barcelona-System gibt", betonte der Bayern-Boss.

Mit diesem System sei der FC Bayern "über Jahre und mit unterschiedlichen Trainern sehr erfolgreich" gewesen, führte Rummenigge weiter aus, und es "beinhaltete spektakulärsten Fußball. Es wird jetzt eine wichtige Aufgabe von Niko Kovac sein, diese Spielkultur mit unserer verjüngten Mannschaft weiter zu kultivieren."

Und Kovac? "Das sehe ich genauso", sagte dieser brav. Man habe diese Philosophie nach einem holprigen Herbst in der zweiten Saisonhälfte aber schon sehen können: "Wir hatten einen hohen Wiedererkennungswert der Marke Bayern München. Aber es geht natürlich immer besser."

Um die angestrebten Ziele zu realisieren, fehlen Kovac in seinem Kader-Puzzle noch einige wichtige Teile. Nicht zuletzt deshalb hatte Kovac wohl eine klare Botschaft an seine Bosse. Auf konkrete Transferforderungen verzichtete der Trainer zwar, aber Präsident Uli Hoeneß, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic nahm er trotzdem ganz schön in die Pflicht. "Ich vertraue unseren Chefs, dass da noch was an Verstärkungen kommen wird", sagte Kovac am Dienstag.

Den größten Handlungszwang sieht der Trainer dabei in der Offensive gegeben. "Wir haben sicherlich Bedarf vorne durch die Abgänge von Arjen (Robben) und Franck (Ribéry)", sagte der 47 Jahre alte Coach. Neben Kovac saß zu Beginn der Pressekonferenz noch der 19 Jahre junge Fiete Arp, der sich bei seiner Vorstellung jedoch keineswegs als mögliche Lösung anpries, sondern realistisch als Azubi einstufte.

Kovac, der im ersten Bayern-Jahr durch ein Stahlbad gehen musste und öffentliche Rückendeckung der Führungsriege gerade in der Endphase vermisste, baute mit seinen Aussagen geschickt Druck auf Hoeneß und Rummenigge auf. Der Kader muss zudem auch quantitativ angereichert werden, da inklusive der Wechselkandidaten Jérôme Boateng und Renato Sanches derzeit nur 17 Feldspieler vorhanden sind.

"Wir hatten letzten Saison 19 Feldspieler und nach drei Spielen drei Schwerverletzte. Man muss als Trainer vom Worst Case ausgehen. Man geht nicht schadenfrei durch die Saison. Mit 17 Mann wird es nicht reichen", mahnte Kovac. Seine Zielgröße sind 19 bis 20 Feldspieler - "und dann rede ich auch schon von Fiete Arp".

Es gibt also noch viel zu tun – nicht nur auf dem Trainingsplatz. Kovac benötigt weitere Qualitätsspieler, denn die Erwartungshaltung des Vereins an ihn bleibt nach dem Gewinn von Meisterschaft und DFB-Pokal im Premierenjahr unverändert hoch. "Unsere Ziele werden nicht geringer", sagte Rummenigge zum Trainingsstart am Montag.

Die Bayern haben ihr Interesse am 23-Jährigen hinterlegt und warten derzeit auf eine Rückmeldung. "Ich weiß nicht, wie schnell das geht", sagte Kovac, der auch den ehemaligen Dortmunder Ousmane Dembele (FC Barcelona) als "sehr guten Spieler" sieht. Wie Rummenigge bereits betont habe, müsse "der Markt erst mal loslegen. Dann werden Plätze frei und diese Plätze neu besetzt. Wir schauen, was der Markt hergibt."