Historische Nullnummer droht
„Müssen alles auf links drehen“: Deutsche Biathleten rätseln über eine WM-Woche ohne Medaille

12.02.2024 | Stand 13.02.2024, 11:09 Uhr

Die Enttäuschung über den bisherigen Verlauf der WM in Nove Mesto ist Franziska Preuß ins Gesicht geschrieben. − Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Die deutschen Biathleten wollen in der zweiten WM-Woche aus ihrer Negativspirale ausbrechen. Insbesondere das Material bereitet Sorgen – doch Aufgeben ist keine Option.

Benedikt Doll tankte auf einer Joggingrunde im ungewohnten Sonnenschein von Nove Mesto Energie, Franziska Preuß testete ihre Schießabläufe. Am Ruhetag feilten die Hoffnungsträger der deutschen Biathleten allerdings auch mit den Verantwortlichen am Masterplan für die zweite WM-Woche. „Wir müssen alles auf links drehen“, forderte Sportdirektor Felix Bitterling: „Wir müssen auch mal Outside-the-Box denken, also außerhalb unseres Systems.“ Die gesamte Mannschaft müsse nun „in den Quark kommen“ und den „Resetknopf“ drücken.

Erst zum dritten Mal in diesem Jahrtausend blieben die deutschen Biathleten in der ersten WM-Woche ohne Medaille, angesichts der besorgniserregenden Materialprobleme besteht gar die Gefahr einer historischen Nullnummer. „Keine Panik“, forderte Männer-Coach Uros Velepec. „Definitiv gehen wir jetzt nicht nach Hause, wir geben uns nicht geschlagen“, sagte die mit zwei sechsten Rängen bislang am besten platzierte Preuß: „Das Coole am Biathlon ist, dass sich das Blatt schnell wenden kann.“

Techniker auf der Suche nach einem Geheimrezept



Doch wo die Hoffnung auf Besserung genau herkommt, blieb zunächst offen. Die am Montagmorgen in großer Runde mit allen Athleten, Trainern und Technikern entwickelten Ideen wollte Bitterling nicht verraten. „Das bleibt erstmal intern“, sagte er. Klar ist, die Kehrtwende wird angesichts der weiter vorhergesagten Plusgrade samt Regen und Wind zur Mammutaufgabe. Sie würde am liebsten ins bitterkalte „Östersund fliegen und dort die zweite Woche austragen“, haderte Vanessa Voigt.

Aber eine WM ist eben kein Wunschkonzert. Stattdessen gilt es aus 200 Wachsen, 70 Handstrukturen („vermutlich die Problemquelle“, Bitterling) und zahlreichen Skischliffen den besten Mix für die weichen und schmutzigen Bedingungen in Tschechien zu finden. „Vielleicht“, so Preuß, finde das Technikerteam bis zum Einzel der Frauen am Dienstag (17.10 Uhr/ARD und Eurosport) ähnlich wie die Franzosen noch „ein Geheimrezept“ - die sind mit den Norwegern in Sachen Material bislang in einer eigenen Liga.

Preuß trotz starker Schießergebnisse chancenlos



Preuß war bislang in den Einzelrennen trotz starker Schießergebnisse chancenlos, kassierte in der Loipe Rückstände von über einer Minute. Noch schlimmer war es gar bei den Männern, deren Unterlegenheit in Sachen Material mit bloßem Auge sichtbar war. Es gehe „immer wieder weiter“, betonte Frauen-Trainer Kristian Mehringer: „Aufgeben tun wir auf alle Fälle nicht, wir bleiben dran. Wir sind nicht so weit weg von den Medaillen, als dass wir gar keine Chance haben.“

Das Team werde „den Kopf nicht in den Sand stecken“, kündigte Bitterling an: „Es liegen noch viele Wettkämpfe vor uns und einige Medaillen draußen. Die wollen wir uns erkämpfen.“ Er sei sich sicher, „dass wir in Woche zwei besseres Material zur Verfügung haben“. Dann - und wohl nur dann - könne es noch „eine gute WM werden“. Es müssen eben „alles zusammenpassen. Laufen, Schießen und Ski - dann sind wir mit dabei“, frohlockte Doll.

Im Einzel sei ohnehin „übers Schießen viel möglich. Wir sind alle gute Schützinnen, das ist definitiv auch meine Motivation“, ergänzte Preuß. Das Team werde in der zweiten Woche „ein anderes Gesicht zeigen“, versprach Bitterling.

− sid/red