Am Beispiel Felix Bachschmid wird’s klar
Profis oder Amateure? Wie das Fußball-System des SV Wacker funktioniert

07.02.2024 | Stand 07.02.2024, 7:06 Uhr

So kennt man ihn: Felix Bachschmid als Fußballer im Mittelfeld des SV Wacker. − Foto: mb-Presse

Sie sind nicht wie die zweite Mannschaft eines Profivereins nach Art des FC Bayern, des FC Augsburg oder des 1. FC Nürnberg – aber es würde auch niemand auf die Idee kommen, die Möglichkeiten des SV Wacker Burghausen mit denen von Dorfklubs wie Buchbach oder Schalding gleichzusetzen. Der SV Wacker verfolgt in der Fußball-Regionalliga einen eigenen Weg.

Für Felix Bachschmid, Mittelfeld-Motor des SV Wacker, ist die persönliche Karriereplanung klar: Der 27-Jährige hat erst kürzlich seinen Vertrag um drei Jahre verlängert und auch in seinem BWL-Studium fühlt sich der Publikumsliebling in Burghausen pudelwohl. Damit sichert sich der frühere Münchner Löwe seine berufliche Grundlage und nimmt dafür auch die Doppelbelastung in Kauf. „Ich bewundere es, wie viele in der Regionalliga diese Aufwände auf sich nehmen. Von 7.30 bis 17 Uhr in der Arbeit, dann bis 20 Uhr am Trainingsplatz und das Ganze fünfmal die Woche. Dazu drei- bis vierstündige Auswärtsfahrten, um zwei Uhr früh nach Hause kommen und dann wieder zurück in den Job oder in die Prüfungszeit: Das ist schon brutal manchmal und geht nur mit absoluter Leidenschaft“, schildert Burghausens Nummer sechs die Auswirkungen dieses „Doppellebens“.

Trotzdem war für den Mittelfeldspieler die starke Zusammenarbeit zwischen dem SV Wacker und dem Campus Burghausen bei seinem Wechsel in die Salzachstadt 2018 ein entscheidender Faktor. „Während ich bei 1860 in meinen letzten drei Jahren dort nur Fußball gespielt habe, war es mir schon wichtig, frühzeitig beruflich etwas aufzubauen.“

Da kam Burghausen ins Spiel. „Hier hat mir der SV Wacker dann nach meinem Wechsel relativ schnell einen Ausbildungsplatz (kaufmännische Ausbildung beim Unternehmen IPS, Anm.d.Red.) besorgt“, berichtet Bachschmid. „Danach bot sich das in Burghausen mit dem Campus super an, noch ein Studium draufzulegen. Der Verein unterstützt hier die Spieler sehr und Terminüberschneidungen gibt es nur extrem selten. Das ist wirklich spitze und es wundert mich fast, warum das nicht noch mehr Spieler hier am Hochschul-Standort so umsetzen“, sagt Bachschmid.

SVW-Geschäftsführer Andreas Huber (35) sieht das „Duale System“ als klare Strategie des Vereins. „Wir haben hier für unsere Spieler die Verbindung „höherklassiger Sport“ mit den drei Säulen Ausbildung, Festanstellung oder Studium. Hauptziel ist hier immer, gerade weil die Sportler eben nicht riesengroße Gehälter verdienen, eine Absicherung des Spielers und seines Lebensunterhaltes aufzubauen und so ein zweites Standbein schaffen. Es können Verletzungen kommen, es kann sein, dass es einfach nicht reicht, oder nicht lange reicht, vom Fußball leben zu können, dann gilt es Notfall-Pläne zu schaffen und hierfür haben wir hier in Burghausen ein ideales Angebot.“

Die Spieler arbeiten bei Wacker Chemie, bei verschiedensten Sponsoren und Partnern des Vereins oder externen Unternehmen in der Region. Dass der Verein hier auch sportlich Kompromisse schließen muss, ist für Huber klar: „Wir wissen, dass wir keine Vollprofis haben. Dementsprechend sind die Vormittagseinheiten auf freiwilliger Basis und keine Pflicht-Veranstaltungen und selbst bei den Trainingseinheiten am Abend gibt es auch für jene die bis 17 Uhr arbeiten, die Möglichkeit, noch rechtzeitig dazu zu stoßen. Auch Trainings- oder Urlaubstermine kommunizieren wir baldmöglichst, damit die Spieler in englischen Wochen mit Dienstags-Spielen, bei den Arbeitgebern Urlaube kommunizieren und einplanen können“, so der Manager.

Selbst bei Transfers und damit verbundenen Vertragsgesprächen ist das Thema Job oder Studium, wichtiger Inhalt. „Gerade Spieler, die von extern kommen, müssen ihren Lebensmittelpunkt komplett nach Burghausen verlagern und dabei die Verbindung aus Sport, Wohnung und eventuell auch Arbeit aufbauen. Hier versucht der Verein dann aktiv, Türen zu öffnen, ohne sich selbst Druck zu machen oder Versprechungen zu machen, die nicht gehalten werden können“, berichtet der Geschäftsführer, der den Fußballer als Arbeitnehmer durchaus als Chance für die hiesigen Betriebe sieht: „In einer Leistungsgesellschaft ist ein Fußballer für Arbeitnehmer durchaus wertvoll. Es ist bekannt, dass der Leistungssportler motiviert ist, sich Ziele setzt und diese belastbar auch auf seinen Angestelltenberuf überträgt“, erklärt Huber.

Für Bachschmid hat der SVW-Geschäftsführer nur lobende Worte übrig: „Felix hat sich prima in seiner Rolle hier im Verein eingefunden. Er ist Führungsspieler, zweiter Kapitän und schafft sich darüber hinaus alle wichtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche berufliche Karriere nach seiner sportlichen Zeit.“

So heißt es für Bachschmid dreimal die Woche Pauken statt Kicken. So erfolgreich, dass er vor zwei Jahren für seine guten Leistungen sogar ein Stipendium der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Burghausen erhielt. Seine langfristige Verlängerung macht Bachschmid aber nicht allein am dualen System des SVW fest. „BWL studieren könnte man grundsätzlich natürlich auch woanders. Aber Burghausen bietet neben den beruflichen Möglichkeiten auch sportlich ein super Umfeld, ich fühle mich hier sehr wohl und das ist mir natürlich wichtig.“ Dabei war es ihm durchaus wichtig, sich auch „in schweren Zeiten“ zum Verein zu bekennen und sieht dabei das Team, das derzeit nur auf Rang 13 liegt, in der Pflicht. „Wir haben einen Kader, der nicht da steht, wo er stehen sollte. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass das kein dauerhafter Zustand ist, deswegen war es für mich auch nicht schwierig mich hier klar für den SVW zu entscheiden. Ich sehe den Verein als sehr ambitioniert und mein Traum wäre es, wenn wir wieder dahin kommen, wieder dauerhaft um die Top drei mitzuspielen. Wenn man dann die Möglichkeit hat, hier nicht nur fußballerisch sondern auch beruflich Fuß zu fassen, bindet einen das natürlich auch sehr an Verein und Region“.

Vom aktuellen Kader geht ein Großteil derzeit entweder einem Nebenjob oder einem Studium nach. Nur wenige sind „reine Fußballer“. Felix Bachschmid versteht aber auch diejenigen, die erstmal „nur“ auf die Fußballer-Karriere setzen. „Wenn man ganz am Anfang seiner Karriere ist, kann man das ruhig probieren, um zu schauen, wie weit es mit dem Sport geht. Man kommt grundsätzlich auch so über die Runden. Man muss für eine parallele Laufbahn auch der Typ sein, wenn man sich die Belastung ansieht. Ich finde es wichtig, dass man frühzeitig erkennt, ob es für ganz oben und den gut bezahlten Fußball reicht oder ob man sich weiterbilden sollte.“

Angesprochen auf seine Zukunft gibt sich Bachschmid optimistisch: „Voraussichtlich werde ich im nächsten Jahr mein Studium abschließen und will danach auch in den Job starten. Für den Moment gilt für mich jetzt die Spiele in der Rückrunde zu gewinnen und dann mit dem SV Wacker wieder voll in die neue Saison anzugreifen“.